Pixabay

Neujahrsvorsätze zum Klimaschutz

Eine jüngst veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK ergab, dass sich vor allem junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren (69 Prozent), vorgenommen haben, im Jahr 2020 mehr auf Umwelt und Klimaschutz zu achten und mehr offline sein möchten (47 Prozent). Auch Ältere ab 60 Jahren beabsichtigen, sich mehr für den Klimaschutz stark zu machen (60 Prozent). Die Nachhaltigkeitsexpertin Claudia Silber, hauptberuflich Leiterin der Unternehmenskommunikation bei der memo AG, verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Konsumenten, die es täglich durch ihre Entscheidungen und ihr Handeln in der Hand haben, „ob die Umwelt und das Klima geschont, und ob Menschen in fernen Ländern unter unseren Konsumgewohnheiten leiden müssen. Denn unsere Art zu kaufen und zu leben hat Auswirkungen auf eine nachhaltige Entwicklung und damit auf den Lebensstil und die Lebensqualität nachfolgender Generationen.“

Bereits 2014 bestätigte die "Umweltbewusstseinsstudie“ des Bundesumweltministeriums, dass das Umweltbewusstsein in Deutschland immer mehr zur Normalität wird und mit der Einsicht verbunden ist, dass Umwelt- und Klimaschutz eine grundlegende Bedingung dafür ist, dass Zukunftsaufgaben gemeistert werden können. Dazu braucht es allerdings noch mehr: die Sinnfrage. Sie ist für den Einzelnen genauso wichtig wie für Unternehmen und Organisationen mit einem gemeinsamen Wertekanon. Im übertragenen „Sinne“ verbrauchen wir weniger Energie, um etwas zu verändern, wenn uns Weg und Ziel sinnvoll erscheinen. Belehrungen und Aufforderungen können nur wenig dazu beitragen, dass sich Menschen freiwillig für ein nachhaltiges Leben einsetzen.

Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber beschreibt dies selbstkritisch in seinem Buch „Selbstverbrennung“: „ … wenn wir Fachidioten mit mehr Hingabe, Gespür und Humor unsere Resultate in die Öffentlichkeit tragen würden, dann wären vielleicht einige Prozent der Bevölkerung zusätzlich bereit, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen und vielleicht sogar gewisse Verhaltensveränderungen vorzunehmen.“ Die Energie des Machens kann nämlich nur von innen kommen. Für nachhaltig ausgerichtete Unternehmen ist das selbstverständlich, aber es ist wichtig, immer wieder zu zeigen, WIE dies funktioniert, wie Prozesse ineinandergreifen und den Klimawandel positiv beeinflussen.

Bei sich selbst zu beginnen wäre wohl „die größte Revolution von allen.“ Das ist das Fazit von Peter und Jakob John Seewald in ihrem Buch „Welt auf der Kippe“. Sie zeigen, dass die Krise eine enorme Chance ist, weil sie dazu führt, das Leben wieder bewusster wahrzunehmen und zu erkennen, dass ein „Weiter so“ nicht möglich ist: „Die Welt bricht nicht nur am Nordpol mit dem Einsturz der Gletschermassen und in Südamerika mit der Vernichtung der Regenwälder zusammen. Sie bricht vor unserer Haustür zusammen. Sie bricht sogar in unseren Wohnungen zusammen.“ Die Zeit für Veränderungen wird immer knapper und die Zukunft immer düsterer – dennoch hat jeder Einzelne täglich die Möglichkeit, auf seine Weise dazu beizutragen, das Leben um einiges besser zu machen, indem er bewusste und klimafreundliche Entscheidungen trifft. Dafür braucht es umfassende Maßnahmen und Programme, die den Verbrauchern bei ihrer Wahl helfen.

Vor allem müssen nach Absicht der Klima-Aktivistin Naomi Klein die politischen Maßnahmen fair sein, damit vor allem jenen Menschen, die bereits um ihre Existenz kämpfen, nicht zusätzliche Opfer bringen müssen, „um den exzessiven Konsum der Reichen auszugleichen“.

Das bedeutet beispielsweise:

• günstigen öffentlichen Nahverkehr und ökologische Bahnfahrten für alle

• bezahlbare, energieeffiziente Wohnungen, die an den Nahverkehr angebunden sind

• Städte, die für hohe Wohndichte ausgelegt sind

• sichere Radwege

• ein Umgang mit Land, der Zersiedelung vermeidet und lokale, energiesparende Formen der Landwirtschaft fördert

• eine Stadtplanung, die Grunddienstleistungen wie Schulen und Arztpraxen an den Nahverkehr anbindet und in fußgängerfreundliche Bereiche verlegt

• Programme, die Hersteller für den Elektroschrott verantwortlich machen, den sie produzieren, und eingebaute Redundanz und Veralterung drastisch reduziert.

Veränderungen gehen für den Soziologen Prof. Meinhard Miegel immer von kleinen Gruppen, ja sogar von Einzelnen aus. Er schlägt vor, immer mit kleinen Schritten zu beginnen. Auch der Mediziner und Biologe Prof. Wulf Schiefenhövel ist nicht davon überzeugt, „dass wir einen großen Schlag machen können, politisch, ökonomisch oder gesellschaftlich.“ Er weiß auch nicht, ob Klimakonferenzen wirklich einen großen Sinn haben. Die ökologische Denkweise sollte Menschen nähergebracht werden, „ohne dass sie diese Umstellung als Einbuße empfinden, sondern im Gegenteil als Gewinn.“ Die Botschaft soll so kommuniziert werden, dass sie von allen mit einem freudigen Herzen akzeptiert werden können – „und nicht mit der sauertöpfischen Miene des Verzichts“.

Ein guter Vorsatz für 2020.

Weiterführende Literatur:

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Naomi Klein: Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015.

Anja Paumen, Jan-Heiner Küpper: It’s the Planet, Stupid! Sieben Perspektiven zum Klimawandel. Oekom Verlag, München 2015.

Hans Joachim Schellnhuber: Selbstverbrennung. Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff. C. Bertelsmann Verlag, München 2015.

Peter Seewald, Jakob John Seewald: Welt auf der Kippe. Zu viel, zu laut, zu hohl – macht Schluss mit dem Wahnsinn. Mit Illustrationen von Katharina Bitzl. Ludwig Verlag, München 2015.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

Artikelsammlung ansehen