Vanessa Weber

Vanessa Weber

für Unternehmertum, Marketing, Nachfolge, Führung

New Work ist vor allem Wertearbeit

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Nur wer Haltung zeigt, kommt durch die Krise und gewinnt die besten Köpfe

New Work, das klingt nach mobilem Arbeiten, durch und durch automatisierten Prozessen, Kicker-Tischen und Feel-Good-Management. In Teilen ist das in der Tat die schöne neue Arbeitswelt, die junge Menschen im Kampf um die besten Talente anzieht. Ohne Frage möchten die Nachwuchstalente flexibel und mobil im Team arbeiten, eine vernünftige Work-Life-Balance erleben und moderne Techniken vorfinden, die einerseits ihren eigenen Lebensgewohnheiten entsprechen, aber vor allem ihren Job sinnvoll und zukunftssicher machen. Niemand möchte in einem Unternehmen anfangen, das schon am Beginn der eigenen Karriere verstaubt und abgehängt zu sein scheint. Modernität muss sein und will erkannt werden. Digitalisierung ist also Trumpf.

Digitalisierung ist die Pflicht, nicht die Kür

Doch bei aller notwendigen Technisierung und Digitalisierung, das ist nur die Pflicht. Viel ist schon gesagt zum Thema Digitalisierung. Man müsse die Menschen in Change-Prozessen mitnehmen und einbeziehen, man müsse in mehrwertigen Wertschöpfungsketten denken, die sowohl die Bedürfnisse der Kunden des Kunden berücksichtigen als auch die Mitarbeiter und deren potenziellen Nachwuchs. Alles richtig. Aber am Ende des Tages zählt das alles nichts ohne die Kür: die gelebten Werte, die Geschäftskultur, die soziale Verantwortung. Sehr oft entscheiden die alten Tugenden über die Zukunft der New Work. Manches kommt eben nicht aus der Mode.

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Digitalisierung ist die Pflicht, nicht die Kür

Wer sich in meinem Unternehmen bewirbt, hat in der Regel einen guten Grund dafür. Damit meine ich nicht, dass er Geld verdienen möchte. Das können meine Bewerber an vielen anderen Stellen auch, in Großbetrieben, Konzernen oder bei noch mehr technisierten Wettbewerbern. Ja, wir investieren viel in zentrale digitale Techniken, die uns schnell, flexibel und effizient machen. Wir investieren in KI, Big Data und moderne Arbeitsplätze. Wir sind da sicher Vorbild – zumindest, wenn man Unternehmen unserer Größe zugrunde legt. Aber wir sind die hippsten. Denn wir müssen auch nachhaltig wirtschaften. Wir sind ein kleiner Betrieb, der haushalten muss und nicht mit den Millionenbeträgen operieren kann. Ja, wir sind innovativ, probieren vieles aus, sind nicht selten als erste mit dabei, aber wir sind „nur“ ein Familienbetrieb mit engen Ressourcen. Und trotzdem haben wir keinen Mangel an Bewerbungen. Im Gegenteil: Noch nie in meinem Unternehmerleben habe ich eine Stellenanzeige geschaltet. Die Bewerber kommen von allein zu uns. Sie kommen, weil wir modern und teilweise digital sind, aber noch viel mehr kommen sie, weil wir einen sehr guten Leumund haben als sozialer Arbeitgeber und als gesellschaftlich engagiertes Unternehmen. Sie kommen wegen der genannten Kür, einer Kür, die uns von den zitierten Großunternehmen und Konzernen unterscheidet.

Jetzt schlägt die Stunde der Familienunternehmen

Wie schon gesagt, es sind auch und vor allem die alten Tugenden. Familienunternehmer kennen und schätzen jeden einzelnen Mitarbeiter, die sie für weit mehr halten als für Kostenstellen. Im Grunde schlägt jetzt in der Krise die Stunde des Mittelstandes, der Inhaber, der Familienunternehmen, derjenigen, die sich selbst mit ihrem Betrieb und dessen Beschäftigten als Einheit verstehen. Wir sehen uns als eine solche Einheit. Es war von Anfang an mein Ziel, alle Mitarbeiter durch diese Krise zu bekommen. Im Gegensatz zu vielen Konzernen bundesweit, aber auch in meiner Region Main-Franken haben wir niemanden entlassen. Wir haben auch unser soziales Engagement nicht heruntergefahren. Ich habe mich weiter trotz vieler Nackenschläge für den Klimaschutz bei Plant for the Planet eingesetzt und Bäume gepflanzt, ich habe meine Mitarbeiter für deren Ehrenämter freigestellt, wenn diese es stunden- oder tageweise wünschten. Wir haben als Unternehmen auch in jüngster Zeit wieder viele Preise gewonnen, weil wir unser Umfeld positiv gestalten und aktiv mitwirken am gesellschaftlichen Leben. Wir, und das inkludiert alle meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, leben die Werte, die wir gemeinsam definiert haben. Technische Modernität ist dabei nur ein Aspekt, viel größer ist der der kollektiven Verantwortung für uns und andere.

Das spricht sich rum. Das sorgt für Bewerber. Viele junge Menschen möchten gerne bei uns arbeiten, weil sie nur Gutes gehört haben, weil wir oft in den Medien präsent sind und mit handfesten und nützlichen Aktionen auf uns aufmerksam machen, die eben nicht nur uns selbst, sondern vor allem anderen dienen. Weil wir als Gemeinschaft wahrgenommen werden. Wir suchen die Öffentlichkeit, weil wir ihr zu Diensten sein möchten, Nutzen stiften weit über die engere Geschäftstätigkeit hinaus. Das ist unser gemeinsamer Anspruch.

Wer Haltung zeigt, kommt durch die Krise und gewinnt die besten Köpfe 

New Work, das ist ein Prozess. Wir gehen und gestalten ihn, auch ohne Kicker-Tische und Feel-Good-Manager. Wir gehen ihn mit Haltung, mit der gleichen Haltung, die uns durch die Krise führt. Haltung ist die wertvollste Ressource. Zu unserer Haltung gehört auch Transparenz. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen immer, wie es um die Geschäftszahlen und Aussichten bestellt ist, sie kennen die jeweiligen Probleme – meine persönlichen und die des Unternehmen, sie sind einbezogen, in guten und in schlechten Zeiten. Nur so kann eine Schicksalsgemeinschaft entstehen, eine, die füreinander Verantwortung übernimmt.

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Haltung zeigen lohnt sich

Letztlich ist es diese Verantwortung, die uns jetzt trägt. Verantwortung ist das, was letztlich die Konten füllt. Ich meine nicht die Bankkonten, sondern die viel wichtigeren Reputationskonten. Eine Krise ist immer ein Zustand, der Ressourcen verschlingt: finanzielle, emotionale und persönliche. Derjenige, der über ein Ressourcen-Guthaben verfügt, kommt besser durch die Krise hindurch. Das gilt sowohl für das leidige Thema Liquidität, aber eben auch für die Reputation. Ein nachweislich sozialer Arbeitgeber kann leichter auch mal unangenehme Entscheidungen treffen. Es ist wichtig, seine Konten im Guthaben zu führen. Es braucht an vielen Stellen ein prall gefülltes Werte-, Verantwortungs-, Sozial- und Gemeinschaftskonto, eine emotionale Substanz, von der eine ganze Belegschaft in Krisenzeiten zehren kann. Wohl dem, der diese Substanz rechtzeitig aufgebaut hat.

Und hier schließt sich der Kreis zur Digitalisierung, zur technischen New Work. Denn auch die Unternehmen, die schon seit längerem in digitalisierte Prozesse investiert haben, sind die, die heute ihre viel zitierte Nase noch über Wasser halten können oder sogar dieselbe vorn haben. Auch flexible Prozesse und gute Arbeitswelten sind ein Konto, das man erst aufbauen muss, um dann von ihm zu zehren. Diejenigen, die immer nur kurzfristig gedacht haben, müssen jetzt sehr viel sehr schnell aufholen. Und das kostet eben Geld, was viele gerade jetzt nicht haben. Die Lehre: Engagiere dich in der Zeit, dann hast Du in der Not. Dieser Satz gilt mehr denn je und gerade jetzt für das soziale Kapital.

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Mehr zu dem Thema „Das neue Miteinander: Menschen. Räume. Interaktion.“  erfährst Du in dieser Woche bei der NWXnow, unserer neuen digitalen Formatreihe, die analog zu unserem Offline-Event NEW WORK EXPERIENCE ein Forum für die Diskussion zur Zukunft der Arbeit bietet. Wir sind davon überzeugt: Es geht mehr denn je um die Frage, wie wir die Weichen für eine Zukunft der Arbeit stellen, die wir wollen. Dazu sprechen wir regelmäßig mit Expert*innen, Vordenker*innen und Praktiker*innen, um Klarheit und Orientierung zu schaffen. Dabei stellen wir zu jedem Thema die zentrale Frage: Was kommt, was bleibt und was verändert sich? Weitere Infos und Webinare findet Ihr hier: https://nwx.new-work.se

Wer schreibt hier?

Vanessa Weber
Vanessa Weber

Geschäftsführerin, Werkzeug Weber GmbH & Co KG

für Unternehmertum, Marketing, Nachfolge, Führung

Vanessa Weber ist Geschäftsführerin und Unternehmerin aus Leidenschaft. Heute ist sie neben ihrer Tätigkeit für ihre Firma als Vortragsrednerin tätig und vermittelt ihr Fachwissen sowie ihren Erfahrungsschatz an andere Unternehmer. Sie ist eine Frau aus der Praxis für die Praxis.
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