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Ökodesign-Richtlinie: Wie der Wegwerftrend gestoppt werden soll

Im Betrieb und während der Nutzung sollten Hausgeräten, die heute etwa 40 Prozent des Gesamtverbrauchs im Haushalt ausmachen, so nachhaltig wie möglich sein. Beim Kauf sollten solche ausgewählt werden, die qualitativ hochwertig hergestellt sind und mit einer langen Lebensdauer überzeugen. Dabei können sich Verbraucher an folgenden Fragen orientieren:

• Gewährleisten die verwendeten Materialien eine lange Lebensdauer?

• Wo und von wem ist das Produkt hergestellt worden?

• Kann es problemlos für eine Reparatur geöffnet werden?

• Sind Ersatzteile über einen längeren Zeitraum frei verfügbar?

• Was sind die typischen Verschleißteile?

• Sind Bedienungsanleitungen verfügbar?

• Gibt es einen Reparaturservice vor Ort?

Qualität ist heute auch ein wichtiger Bestandteil von Nachhaltigkeitsmanagementsystemen, „denn qualitativ hochwertige Produkte haben eine längere Lebensdauer und sind reparaturfähig. Indem sie weniger häufig hergestellt werden, schonen sie wertvolle Ressourcen und damit Umwelt und Klima. Und letztlich schonen Qualitätsprodukte auch den Geldbeutel.“ (Quelle: memo Nachhaltigkeitsbericht 2019/2020)

74 Prozent der Bundesbürger werfen kaputte Geräte weg, da ihnen eine Reparatur zu teuer ist. Dies ergab eine Emnid-Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) im Jahr 2017 (Quelle: Funke Mediengruppe). Neben den Kostengründen gaben als weitere Gründe 34 Prozent der Befragten an, dass ihnen die Reparatur zu umständlich sei. Bei 24 Prozent fehlten die passenden Ersatzteile. 39 Prozent entschieden sich gegen eine Reparatur, weil sie ein neueres Produkt haben wollten.

30 Prozent der Verbraucher entscheiden sich für eine Reparatur von großen Haushaltsgeräten wie Spül- und Waschmaschinen oder Trockner. Nur sieben Prozent bringen kleinere Haushaltsgeräte Reparatur, weitere zwölf Prozent Unterhaltungselektronik. 29 Prozent berichteten, dass das reparaturbedürftige Gerät bereits innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist kaputt gegangen sei. Um unnötigen Elektroschrott zu vermeiden, forderte die Verbraucherzentrale die Bundesregierung auf, ein Recht auf Reparatur gesetzlich zu verankern: Hersteller sollen verpflichtet werden, Verbrauchern und Dienstleistern die originalen Ersatzteile zu fairen Preisen zur Verfügung zu stellen. Auch sollten Reparaturanleitungen ausgehändigt werden.

Allerdings ist es heute gängige Praxis, dass defekte Elektrogeräte oft nur direkt beim Hersteller oder durch dessen Monteure repariert werden können. Ein nachhaltiger Ansatz beinhaltet jedoch, dass Reparaturen auch durch unabhängige Dienstleister möglich sind und nicht nur durch den Hersteller. Mit der breiten gesellschaftlichen Verankerung des Reparierens und Instandhaltens sowie der gesetzlichen Verankerung wird gleichzeitig der gesteigerten Geschwindigkeit von Produktzyklen entgegengewirkt.

Wie die Behörde in Brüssel am 1. Oktober 2019 mitteilte, sollen ab 2021 alle Fernseher, Monitore, Kühlschränke, Gefrierschränke, Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspüler und Beleuchtungsprodukte, die in der EU auf den Markt kommen, Mindestanforderungen an die Reparaturfähigkeit erfüllen. Damit soll die Lebensdauer der Produkte verlängert werden. Ersatzteile müssten bis zehn Jahre nach Verkauf eines Geräts verfügbar und binnen 15 Tagen lieferbar sein. Auch sollen neue Auflagen zum Wassersparen erfolgen.

Die Anforderungen an Reparierbarkeit können die Nachfrage nach neuen Produkten und die CO2-Emissionen im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Vertrieb, der Verwendung und der Entsorgung neuer Produkte reduzieren. Die Vorschläge wurden im Rahmen der sogenannten Ökodesign-Richtlinie unterbreitet. Gegen die Pläne der Kommission können die EU-Staaten oder das Europäische Parlament Einspruch erheben. Sollte das nicht geschehen, könnten die Regeln 2021 in Kraft treten (dann erfolgt auch eine neue Kennzeichnung des Energieverbrauchs bei Elektrogeräten).

Um den Wegwerftrend nachhaltig zu stoppen, müssen diese Regelungen allerdings noch konsequenter ausgestaltet werden. Der Runde Tisch Reparatur ist ein Zusammenschluss von Umweltverbänden, Verbraucherschützern, freien Werkstätten und reparierender Wirtschaft. Seit seiner Gründung setzt er sich für das Recht auf Reparatur ein und versteht sich als Lobby für die Reparatur. Vorstandsmitglied Christine Ax betont zwar, dass die gesetzliche Festschreibung der Bereitstellung von Ersatzteilen ein Fortschritt sei in Richtung auf das geforderte „Recht auf Reparatur“, doch

• es fehlen noch immer wichtige Ersatzteile.

• die zulässige Lieferungsfrist wird mit 15 Tagen zu lang bemessen.

• es ist problematisch, dass Repair Cafés und EinzelverbraucherInnen nicht beliefert werden müssen.

• unabhängige Reparaturbetriebe können weiter diskriminiert werden (Quelle: Pressemitteilung Runder Tisch Reparatur).

Die neuen Maßnahmen sind Teil der EU Ökodesign-Richtlinie, die ressourcenintensive Produkte vom Markt nimmt und sie durch Geräte ersetzt, die mit weniger Energie und Ressourcen die gleiche Aufgabe erfüllen. Sie wurden im Januar 2019 von allen 28 EU Regierungen vereinbart und gehören zu den letzten Maßnahmen, die noch von der Juncker-Kommission verabschiedet werden.

Weiterführende Informationen:

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Nikola Langreiter, Klara Löffler (Hg.): Selber machen. Diskurse und Praktiken des „Do it yourself“. Transcript Verlag, Bielefeld 2017.

Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Circular Thinking 21.0: Wie wir die Welt wieder rund machen (mit Claudia Silber) Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Küchen-Kultur und Lebensart: Warum Verantwortung nicht zwischen Herd und Kühlschrank aufhört. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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