Plastik, Papiertüten, Baumwolltragetaschen: Der Wahrheits-Check
Bereits anlässlich des Weltumwelttags 2018 hatte die UNO eindringlich vor den Gefahren durch Plastikmüll gewarnt, der einige Meeresregionen “in Plastiksuppe” verwandelt.
Nur etwa neun Prozent des weltweit jemals hergestellten Plastiks seien recycelt worden – fast 80 Prozent blieben hingegen auf Müllhalden, in Ozeanen und Wasserstraßen. Infolge des Plastiktüten-Schwunds stieg in der letzten Zeit der Verbrauch von Papiertüten. Sie bieten zwar den Vorteil, dass sie sich schneller zersetzen. Es sind jedoch für die Herstellung viele Ressourcen nötig (Zellstoff, Wasser, Chemikalien). Wegen des höheren Energieaufwands bei der Herstellung ist ihre Ökobilanz aber nur dann besser, wenn sie mindestens dreimal genutzt werden. Bei Feuchtigkeit brechen sie leicht durch.
Diese Zahlen gehen auf die Untersuchung Life cycle assessment of supermarket carrier bags der britischen Umweltbehörde aus dem Jahr 2011 zurück. Eine Untersuchung der Schweizer Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) aus dem Jahr 2011 sieht den Baumwollbeutel schon ab der 20. Nutzung im Vorteil. Die Zahlen unterscheiden sich je nachdem, wie etwa die Tüten produziert wurden, wie dick sie sind oder mit welchen Faktoren die Umweltbilanz berechnet wurde.
Die memo AG sagte 2018 den dünnwandigen Kunststoffbeuteln, die es an der Obst- und Gemüsetheke kostenlos gibt, den Kampf an. Im Markensortiment des Ökoversenders wurden seit Februar 2018 Zweierpack-Beutel für Obst und Gemüse aus 100 Prozent Bio-Baumwolle angeboten. Die Beutel sind GOTS- und Fairtrade-zertifiziert und haben eine komfortable Größe – beispielsweise für bis zu drei Kilogramm Kartoffeln. Die eine Seite ist aus einer luftigen Gitterstruktur, die den Inhalt zeigt und zusätzlich für Belüftung sorgt. Die andere, glatte Stoffseite stabilisiert die Beutel. Eine feste Baumwollkordel zum Zuziehen verhindert, dass die lose Ware herausfällt. Auf der Innenseite ist das Tragewicht von 42 Gramm des Beutels abgedruckt, um es beim Bezahlen an der Kasse abziehen zu können. Ähnliche Ansätze finden sich auch bei REWE, ALDI oder Lidl, wo seit Sommer 2019 ein sogenanntes „Vitaminnetz“ zum herkömmlichen Plastikbeutel in der Frischeabteilung erhältlich ist. Die eine mehrfach verwendbare Netztasche aus 100 Prozent recycelbarem Polyester lässt sich bei 30 Grad problemlos waschen und kann immer wieder verwendet werden.
Die Vereinbarung zwischen dem Bundesumweltministerium und dem Handelsverband Deutschland (HDE) aus dem Jahr 2016, nach der innerhalb von zwei Jahren 80 Prozent der Kunststofftüten im Einzelhandel kostenpflichtig sein sollen und der Pro-Kopf-Verbrauch an Kunststofftüten deutlich reduziert werden soll, betrifft nur Kunststofftüten mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometer. Die Plastiktüten in der Obst- und Gemüseabteilung und an der Frischetheke – die wegen ihrer Form auch „Hemdchen-Beutel“ genannt werden - sind von den Regelungen nicht betroffen. Ökologisch sinnvoll sind aber auch zusammenfaltbare Beutel aus Polyester, die sich immer häufiger an Supermarktkassen befinden – in der Regel halten sie bis zu zehn Kilo aus und sind sehr langlebig.
Weiterführende Informationen:
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Verpackt oder unverpackt? Warum Stoffkreisläufe eine Frage der Nachhaltigkeit sind. Amazon Media EU S.à r.l.
Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.
Michael Kläsgen, Vivien Timmler: Kommt doch in die Tüte. In: Süddeutsche Zeitung (8.6.2018), S. 17.