Ressourcenwende in der Bau- und Immobilienbranche
Wie wollen wir leben, wohnen und arbeiten? Wie kann mit weniger mehr erreicht werden? Was trägt zu einem besseren Leben bei? Was bedeutet Nachhaltigkeit im Alltag? Mit diesen essenziellen Fragen beschäftigten sich bereits die Gründer des Bauhauses. Auch nach 100 Jahren ist die Auseinandersetzung mit der Avantgardeschule noch immer ungebrochen. Bis heute liefern ihre Ideen und Maximen wichtige Impulse für die unterschiedlichsten Arbeits- und Lebensbereiche. Der Anspruch, sie zu reformieren und ganzheitlich zu betrachten, fasziniert genauso wie der Nachhaltigkeitsgedanke, zu dem Einfachheit, Materialsparsamkeit und die Zeitlosigkeit der Objekte gehören. Die New European Bauhaus-Initiative (NEB), die von der Europäischen Kommission im Rahmen des European Green Deals ausgerufen wurde, verbindet deren Vision mit konkreten Veränderungen vor Ort. Die Umsetzung erfolgt als aktiver Vorgang während laufender Prozesse mit dem Ziel der CO2-Neutralität.
Gefragt wird heute verstärkt nach den Anforderungen, die das Bauen jetzt und zukünftig erfüllen soll, um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Ein wesentlicher Treiber ist der Staat. „Wir müssen dafür sorgen, dass der Wandel zur Treibhausgasneutralität von der gesamten Gesellschaft getragen wird, was bedeutet, dass wir einen sozial gerechten Wandel benötigen, eine ‚Just Transition‘. Klimaschutz darf kein Elitenprojekt sein. Die Rendite des Wandels muss bei möglichst allen Menschen ankommen“, schreibt Dr. Barbara Hendricks, zwischen 2013 und 2018 Bundesumweltministerin, im Vorwort der 2. Auflage des Buches „CSR und Energiewirtschaft“. Sie plädiert auch dafür, dass Klimaschutz auch als große Chance zur Modernisierung unserer Wirtschaft verstanden werden sollte: „Deutschland sollte Vorreiter und Ideengeber für den Wandel in Richtung Treibhausgasneutralität sein – und zwar im ureigenen Interesse! Denn wenn wir nicht Vorreiter sind, werden andere die Märkte der Zukunft gestalten.“
Davon ist auch der Nachhaltigkeitsexperte Matthias Schäpers überzeugt, der in der Unternehmensgruppe Krieger+Schramm diesen Bereich sowie Wohngesundes Bauen verantwortet. Er hebt zwei Innovationen im Bereich klimaschonendes Bauen hervor: „So wurde bereits vor einigen Jahren die Dynahaus GmbH gegründet, deren Innovation aus einem eigens entwickelten Eigenheimkonzept mit der vollständigen Eigenversorgung aus erneuerbaren Energien besteht. Ein zweites Konzept ist die die neu gegründete Green-Energy GmbH, die das Thema Energiecontracting in den Fokus rückt und dem Kunden eine effiziente Möglichkeit bietet, erneuerbare Energien zu beziehen.“ Produkte, die die Umweltkomponente ignorieren, werden künftig am Markt immer weniger erfolgreich sein. Benötigt werden auch geeignete Bauproduktinformationen. Wer diese nicht liefert, dessen Produkte können langfristig auch nicht mehr verbaut werden.
Es sollte allerdings nicht von Klimaneutralität gesprochen werden, wenn keine entsprechenden Nachweise erbracht werden. Ein weiterer Treiber dieser Entwicklung ist auch die Finanzwirtschaft. So hängen im Rahmen der EU-Taxonomie künftig auch Finanzierungskonditionen davon ab. Deshalb müssen entsprechende Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) schneller erstellt werden. Ökobilanzen spielen auch vor diesem Hintergrund eine wichtige Rolle – zumal der Blick auf den gesamten Lebenszyklus auch Schwachstellen aufzeigt, die gelöst werden müssen. Zudem hat die Baubranche noch viele Herausforderungen zu meistern, denn knappe oder zunehmend teurer werdende Ressourcen können zwar durch Recycling und Wiederverwendung gewonnen werden, doch haben die Hersteller von Bauprodukten keinen Einfluss darauf, wie ihre Produkte ein- und zurückgebaut werden. Viele Bauprodukte sind zwar langlebig, aber deren künftiges Recycling und Techniken dazu sind gegenwärtig nicht absehbar. Der Einsatz von Recyclingmaterial stockt zuweilen noch, weil Qualität, Gleichwertigkeit und Produktverhalten oft noch nicht vollständig erforscht sind, was zu Unsicherheit bei den Bauträgern führt.
Klimaverträgliches Wirtschaften in der Bau- und Immobilienbranche
Europa im Kampf gegen den Klimawandel: Welche Rolle spielt der European New Deal?
Nachhaltigkeit in der Baubranche. Interview mit dem K+S-Nachhaltigkeitsexperten Matthias Schäpers. In: Magazin 21/02. Hg. von der Unternehmensgruppe Krieger+Schramm. Dingelstädt 2021, S. 12-14.
Barbara Hendricks: Vorwort in: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag. 2. Aufl. Berlin Heidelberg 2019.