Die Rolle Diversity Manager*in bringt erhebliche Herausforderungen mit sich - © Noah Buscher

Schiebt die Verantwortung für Diversität nicht allein den Frauen zu!

In vielen Unternehmen gibt es engagierte Mitarbeitende, die sich freiwillig und aus Überzeugung für Diversität einsetzen, und das ist eine gute Sache. Aber: Diese Verantwortung übernehmen vor allem Frauen und marginalisierte Personen – oft zusätzlich zu ihren regulären Aufgaben. Sie tun das, weil sie sich dem Thema verbunden fühlen und einen positiven Beitrag leisten möchten. Warum es ein klares Mandat und eine ausgefeilte Strategie von oben braucht, um wirklich was zu verändern.

Die Verantwortung für Diversität tragen alle und niemand

Alle im Unternehmen tragen die Verantwortung, eine angenehme und diskriminierungsfreie Arbeitkultur zu gestalten. Gemeinschaftlich. Und gerade weil jede*r mitverantwortlich ist, kann es zu Verantwortungsdiffusionen kommen. Mit einem allgemeinen Gestaltungswillen ist es nicht getan. Um Diversität aufzubauen, bedarf es klarer Diversity-Rollen mit spezifischen Befugnissen.

Diese Rollen werden in verschiedenen Organisationen unterschiedlich vergeben. Während manche das Diversity-Management im Personalwesen ansiedeln, haben wieder andere Diversity-Personen in den Kommunikationsabteilungen oder in der Organisationsentwicklung sitzen. Und wieder andere Organisationen tragen das Thema im Rahmen von Diversity-AGs oder Gruppen voran, die sich aus Personen aller Positionen und Hierarchien zusammensetzen, die – meist aus persönlicher Betroffenheit – für eine diskriminierungsfreie Arbeitswelt einsetzen.

Diversity-Management nicht unterschätzen

Die Rolle Diversity-Manager*in bringt erhebliche Herausforderungen mit sich, insbesondere wenn dieser Aufgabenbereich nicht der eigentlichen Jobbeschreibung entspricht. Was oft mit viel Freude und Lust am ehrenamtlichen Engagement im eigenen Unternehmen beginnt, wird zu einer stressbehafteten Daueraufgabe, die oft wenig Wertschätzung erfährt. Hier eine Zusammenfassung der Top-3-Challenges, die ich mit meiner Diversity-Beratungsagentur IN-VISIBLE beobachtet habe:

  • Burn-out-Gefahr: Die zusätzliche Arbeit kann schnell zur Überlastung führen. Ohne ausreichende Unterstützung und Anerkennung laufen diese Mitarbeitenden Gefahr, auszubrennen.

  • Unbeliebtheit**:** Sich für Diversität einzusetzen kann auch auf Widerstand stoßen. Manche Kolleg*innen sehen diese Bemühungen als störend oder „politisch korrekt“ an, was zu Spannungen führen kann.

  • Ressourcen- und Zeitverlust: Die Zeit und Energie, die in Diversitätsinitiativen fließen, fehlen bei anderen Aufgaben, nach denen diese Mitarbeitenden jedoch bewertet werden. Dies kann ihre berufliche Entwicklung beeinträchtigen.

Eine Kultur der Dankbarkeit und Anerkennung schaffen

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, benötigen Unternehmen eine Kultur, die die Arbeit dieser engagierten Mitarbeitenden anerkennt und wertschätzt. Ihre Einwände und Vorschläge dürfen nicht als lästige politische Korrektheit abgetan, sondern sollten als wertvolle Beiträge zur Unternehmensentwicklung gesehen werden.

Bezahlung kann eine Form der Wertschätzung sein, andere könnten auch eine Freistellung oder verringerte Arbeitszeit (und -last) in der anderen Rolle im Unternehmen sein. Es gibt verschiedene Ansätze, um Engagement zu incentivieren. Einige Organisationen werden hier sehr kreativ, Mitarbeiter*innen in ihrem Engagement auszuzeichnen, ihnen Sichtbarkeit zu schenken und dafür Sorge zu tragen, dass Entscheidungsträger*innen die erarbeiteten Ideen auch umsetzen.

Geschieht all das nicht, kommt die Frustration. Wer über lange Zeit hinweg Dinge erarbeitet, die keinen Impact zu haben scheinen, und für diese Arbeit nicht mal gesehen wird, verliert die Motivation. Daher reicht es nicht aus, die Bemühungen zu würdigen. Unternehmen müssen Diversität strategisch von oben nach unten angehen und klare Verantwortlichkeiten festlegen.

Strategische Verankerung von Diversität im Unternehmen

Nur so können nachhaltige Veränderungen erzielt werden. Die fünf zentralen Bedürfnisse derjenigen Personen, die sich für Diversität einsetzen, um nachhaltig was verändern zu können, sind:

  • Budget: Es ist entscheidend, dass die notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden. Diversität führt nachweislich zu größerem Erfolg und Profit, was oft verkannt wird.

  • Buy-in: Die Unterstützung von Geschäftsleitung und Führungskräften ist unerlässlich. Wenn diese nicht hinter den Diversitätsinitiativen stehen, wird es für die freiwilligen Beauftragten schwer, Akzeptanz im Unternehmen zu finden.

  • Fachwissen: Diversität umfasst viele Facetten. Ein breites Wissen zu Identitäten, Machtstrukturen und Diskriminierung ist notwendig, wird jedoch selten in Berufsausbildungen vermittelt.

  • Methodenkompetenz: Um Diversität effektiv zu managen, bedarf es struktureller Verankerung im Unternehmen und zugänglicher Methoden zur Verbesserung der Inklusion.

  • Zeit: Langfristiges und regelmäßiges Engagement ist nötig. Freiwillige, die diese Rolle nebenbei übernehmen, können nicht genug Zeit investieren, was Initiativen oft zum Scheitern verurteilt.

Gleichstellung als strategische Priorität

Für viele Unternehmen sind Diversität und Gleichstellung noch immer ein „Nice to have“ statt ein „Must-have“. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten werden Ressourcen lieber in kurzfristig profitablere Bereiche gesteckt. Doch wer in Diversität investiert, investiert in die Zukunft und sichert sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Indem Unternehmen eine unterstützende Kultur und klare Strategien für Diversität implementieren, können sie nicht nur das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden verbessern, sondern auch langfristig erfolgreich sein.

Wer ist bei Dir im Unternehmen verantwortlich, Diversity voranzutreiben?

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IN-VISIBLE unterstützt dabei, Diversity Management strategisch anzugehen

Es ist essenziell, dass Unternehmen die notwendige Unterstützung bieten. Während sie sich um Budget, Buy-in und Zeit kümmern müssen, kann IN-VISIBLE bei der Vermittlung von Fachwissen und Methodenkompetenz helfen. Neben unseren regulären Workshops und Beratungen bieten wir zum Beispiel das DEI Starterkit an, in dem wir Verantwortliche in der Ausarbeitung eines Fahrplans beraten. Ab diesem Sommer gibt es außerdem Masterclass Diversity Management, um alle zu empowern, die das Thema intern verantworten.

Manchmal wirkt Diversity als Themenfeld riesig und überfordernd. IN-VISIBLE unterstützt Unternehmen darin, loszulegen. - (C) IN-VISIBLE
Manchmal wirkt Diversity als Themenfeld riesig und überfordernd. IN-VISIBLE unterstützt Unternehmen darin, loszulegen. - (C) IN-VISIBLE

Rea Eldem schreibt über Gendergerechtigkeit, Arbeitskultur, Wirtschaft & Management, Personalwesen

Rea Eldem ist die Gründerin und Geschäftsführerin von IN-VISIBLE, Berliner Agentur für gendergerechte Arbeitskultur. Rea wuchs in Deutschland, Japan und Hongkong auf und studierte Kulturwissenschaften am Bodensee und Gender Studies an der University of Cambridge.

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