TED TALKS - DIE KUNST DER ÖFFENTLICHEN REDE - Das offizielle Handbuch #OnTheWayToNewWork #MustRead25
Über ein Buch von Chris Anderson.
Ich hatte bisher zwei mal die Ehre auf einer TEDx Konferenz als Sprecher aufzutreten, einmal in Hamburg (2011) und einmal in Hong-Kong (2015). Ich spreche seit 1990 regelmäßig vor Menschen. Wirklich gelernt habe ich es nie.
Die TED Talks sind seit Jahren eine Inspirationsquelle dafür, wie es gelingen kann, Menschen durch einen einzigen Auftritt für eine Idee - unsere Idee - zu begeistern. Während wir uns in der Mehrzahl immer noch (meist als Zuhörer) durch zähe, uninspirierte und fast immer zu lange Präsentationen quälen, gibt es auf www.ted.com jede Woche neue Beispiele dafür, dass auch das anspruchsvollste Thema nicht mehr als 18 Minuten braucht.
Chris Anderson, hat 2001 die Leitung von TED übernommen und seit 2002 ist er auch als Kurator von TED tätig. Er hilft mit seinem 2016 erschienen Buch jedem, der sich darauf einlässt, besser zu präsentieren.
In fünf sehr gut strukturierten Hauptkapiteln behandelt Anderson alle Themen, die für den Vortragenden wichtig sind.
1. Grundlagen
In den Grundlagen beginnt er mit der Vortragskompetenz, die seiner Ansicht nach jeder lernen kann und die er für wesentlich hält: “Vortragskompetenz ist kein Wahlfach für wenige. Es ist eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts.”
Er widmet ein Kapitel der “Idee”, die jeden guten Vortrag auszeichnet und eines den Fallen, in die viele Redner immer wieder fallen. Neben drei Vortragsstilen, die wohl die meisten kennen (“Verkaufsmasche”, “Leeres Geschwafel” und “Interna”) rät er von einem vierten Stil ab, der erst in den letzten Jahren in Mode gekommen ist. Chris Anderson nennt ihn die “Inspirationsmasche”. Er beschreibt an Beispielen, wie Sprecher ihre Zuhörer manipulieren und durch das Einüben von rhetorischen Tricks um Standing Ovations betteln.
Anderson empfiehlt, sich einen roten Faden mit weniger als 15 Worten zu formulieren. Ein Beispiel: “Eine Geschichte des Universums in 18 Minuten zeigt einen Weg vom Chaos zur Ordnung.” Anderson fasst es für uns zusammen: “Das Geheimnis besteht darin, einen einzigen Gedanken zu nehmen und ihn so gründlich und umfassend vorzustellen, wie es in der Kürze der Zeit möglich ist. Strukturvorschläge und eine Checkliste runden Teil 1 ab.
2. Instrumente
Zunächst geht es Anderson darum, dass der Vortragende eine Beziehung zu seinem Publikum aufbaut. Er empfiehlt unter anderem, persönlich zu sein, von Anfang an Blickkontakt herzustellen, Verletzlichkeit zu zeigen, die Menschen zum Lachen zu bringen, das Ego zu Hause zu lassen (Warum gelingt das nur so wenigen?), eine Geschichte zu erzählen und Fettnäpfe zu vermeiden. Alles sicher schon mal irgendwo gelesen und gehört, aber noch nicht so anschaulich.
Anderson erinnert uns an die “unwiderstehliche Macht von Geschichten”, er zeigt uns auf, wie gut Metaphern unsere Botschaft verstärken können und er beschreibt uns, dass auch schwer zu erklärende Sachverhalte Begeisterung entfachen können. Er erklärt, wie gute Argumente helfen können, Meinungen zu ändern.
3. Vorbereitung
Auch wenn uns Anderson darauf hinweist, dass ein Drittel der beliebtesten Vorträge von TED ohne die Anwendung von technischen Hilfsmittel auskommt, widmet der Autor der Bebilderung von Vorträgen ein Kapitel. Wer seinen Dreiklang “Zeige! - Erkläre! - Erfreue!” und seine Tipps zur Nutzung von Präsentationssoftware beherzigt, wird seine Art PowerPoint oder Keynote zu verwenden, ändern.
Im Kapitel “Manuskript” beschäftigt sich Anderson mit der Frage, ob ausformulierte Reden oder frei gesprochene zu bevorzugen sind. Er kommt zu keiner klaren Empfehlung aber er benennt die Vor- und Nachteile beider Formen und beschreibt auch Mischformen.
Dem Thema Probeläufe widmet er ebenfalls ein Kapitel und ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, wie mächtig diese Instrument ist. Nutzen Sie das Probe Publikum und bitten Sie um ehrliches Feedback, lassen Sie sich mit einem Smartphone filmen und investieren Sie ausreichend Zeit. Ja, auch Steve Jobs hat geübt, und das vor wichtigen Keynotes bis zu einer Woche lang.
Dem Anfang und dem Schluss widmet Anderson ein eigenes Kapitel, dass er mit der Frage einleitet: “Welchen Eindruck möchten sie hinterlassen?” “Vier starke Einleitungen” und “Sieben starke Abgänge” belohnen die Leser am Ende des Kapitels.
4. Auftritt
Chris Anderson gibt sogar Tipps zur richtigen Kleidung, zur mentalen Vorbereitung, zu möglichen Hilfsmitteln auf dem Podium und zur besonderen Bedeutung der Stimme und der Präsenz auf der Bühne. Er gibt Tipps, wie wir unseren Körper richtig einsetzten und er hat die ultimative Empfehlung: “Machen Sie´s auf Ihre Weise!”.
Ein besonderes Highlight des Buches sind für mich die Gedanken, die sich Anderson zu neuen Formaten macht: es sind insgesamt 16 Formate, die aufzeigen, wohin sich das Thema Vorträge entwickeln kann.
5. Reflexion
Im letzten Hauptkapitel ordnet Anderson das Them (TED) Vorträge in einen größeren Zusammenhang. So beschreibt er die Bedeutung von Wissen, die er für höher hält, als sie es im Industriezeitalter war. Seiner Ansicht nach brauchen wir in Zukunft immer mehr eine Form von generellem (statt speziellem Fach-)Wissen. Als Beispiele nennt er Hintergrundwissen, kreatives Wissen und das tiefere Verständnis unserer Menschlichkeit. Er beendet sein Buch mit einer wunderbaren Zusammenfassung und einem Appell: “Unterm Strich ist es ganz einfach. Wir sind heute so eng miteinander vernetzt, wie nie zuvor. Umso wichtiger wird unsere Ideen auszutauschen. Wenn ich bei TED eines gelernt habe, dann dies: Die Zukunft ist ein unbeschriebenes Blatt. Wir sind gerade im Begriff, es gemeinsam zu beschreiben. Ein leeres Blatt, ein leeres Podium wartet auf Ihren Beitrag.”
Danke, lieber Chris Anderson: für TED und für dieses Buch!