Dr. Alexandra Hildebrandt

Dr. Alexandra Hildebrandt

for Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Umweltfreundliche Zukunftsmobilität: Konstruktive Beiträge zur Verkehrswende

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Ein Leben ohne Auto ist möglich

Der Blogger und zweifache Familienvater Heiko Bielinski lebt mit seiner Familie in München. Seine Frau und er wuchsen in den 1980er-Jahren in ländlichen Gebieten Baden-Württembergs auf. Ein oder zwei Autos gehören dort auch heute noch zur Standardausstattung der Bewohner, denn der öffentliche Nahverkehr ist schlecht ausgebaut, und Bahnstrecken wurden vor vielen Jahren stillgelegt. Sein erstes eigenes Auto erhielt er zu seinem 18. Geburtstag. Als er zum Studieren und Arbeiten in größere Städte zog und die Kinder auf die Welt kamen, waren Autos selbstverständlich immer dabei. Ab 2011 erhielt die „Autogläubigkeit“ der Familie allerdings erste Risse. Freunde der Familie lebten gut ohne eigenen Pkw, und gleichzeitig waren sie immer genervter von der ständigen Parkplatzsuche, von Werkstatt-Besuchen, die häufig vorkamen, weil ihnen immer wieder ein Seitenspiegel weggefahren wurde und der Instandhaltung.

Zunächst rechnete er durch, wie viel er zahlen würde, wenn er sein Auto verkauft und auf stationäres Carsharing umsteigt. „Wenn man jetzt überlegt, dass im Durchschnitt ein Auto 23 Stunden am Tag ungenutzt auf dem Parkplatz steht, dann macht es durchaus Sinn, auf Carsharing umzusteigen.“ 2013 wurde der Familienkombi verkauft. Um für alle Fälle noch auf ein Auto zugreifen zu können, meldeten sie sich bei einem lokalen, stationären Carsharing-Anbieter an. Erledigungen im nahen Umfeld unternahmen sie fast ausschließlich zu Fuß, mit dem öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) oder mit dem Fahrrad, das inzwischen immer mehr Menschen nutzen (durch die Corona Pandemie stieg die Zahl jetzt sogar noch weiter). Seitdem Heiko Bielinski und seine Familie kein Auto mehr haben, ist ihr erst richtig bewusst geworden, wie viel städtischer Raum durch parkende Autos verloren geht. Eine Reduzierung des Verkehrs steigert nicht nur die Lebensqualität, sondern eröffnet auch ein Mehr an Mobilitätsoptionen.

Jeder kann nachhaltiger mobil sein.

„Nachhaltig mobil“ bedeutet für Heiko Bielinski: weniger oder gar nicht mit dem Auto zu fahren. Dazu müssen allerdings folgende Voraussetzungen gegeben sein:

• Im eigenen näheren Umfeld gibt es einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr und Bahnanbindung.

• Man fährt nicht mehr als 12 000 Kilometer im Jahr mit dem Auto und nutzen es nicht täglich.

• Es gibt mindestens einen stationären Carsharing-Anbieter im eigenen Wohnort mit mindesten einer Carsharing-Station in der Nähe.

Südwest Verlag
Cover-Ausschnitt: Heiko Bielinski: #Einfach autofrei leben. Nachhaltig mobil. Südwest Verlag 2021.

In seinem Buch „einfach autofrei leben“ zeigt er, warum und unter welchen Umständen kein eigenes Auto benötigt wird, wie dadurch Lebensqualität gewonnen und Geld gespart wird, wie sich öffentliche Verkehrsmittel und Sharing-Angebote möglichst stressfrei nutzen und kombinieren lassen, wie man die persönliche Umweltbilanz verbessert – und trotzdem mobil bleibt. Es geht ihm allerdings nicht darum, einen moralischen Zeigefinger zu erheben, denn es gibt auch viele Fälle, in denen ein Auto heute immer noch unverzichtbar ist: „Meine Eltern wohnen in einem kleinen Dorf, mit der Bahn kommen wir ziemlich nah heran, aber für die letzten Kilometer braucht man ein Auto. Dann sind da zum Beispiel die Fahrten zum Wertstoffhof. Auch hier geht es ohne Auto nicht. Genau für solche Situationen bietet sich im städtischen Raum aber das stationäre Carsharing an.“ Die meisten Verkehrsteilnehmer sind dem Konzept des Teilens in der Alltagsmobilität aufgeschlossen. Allerdings ist Shared Mobility häufig noch stark regional konzentriert. Je ländlicher die Region ist, desto seltener werden Sharing-Angebote nachgefragt.

Doch was bedeutet das Thema im Unternehmenskontext?

Wie in vielen Unternehmen erfolgte die Verwaltung und Reservierung der firmeninternen Poolfahrzeuge bei Häcker Küchen in Rödinghausen früher über eine zentrale Stelle im Assistenzbereich der Geschäftsführung. Aus dem Bereich Qualitätsmanagement kam irgendwann die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass Unternehmensvertreter spontan und flexibel bei externen Partnern und Lieferanten bei Qualitätsfragen vor Ort sein können. Eine Herausforderung war die Erreichbarkeit der verantwortlichen Kollegen für die Buchungsanfragen. Allein aus dem Qualitätsmanagement mussten wöchentlich zwischen vier bis sechs Anfragen bearbeitet werden. Die Verwaltung lief meist aufwendig, teilweise noch per Hand. Wenn es keine kurzfristige Lösung gab, wurde auch schon mal das Privatfahrzeug genommen und im Anschluss eine Reisekostenabrechnung erstellt, was immer mit einem hohen Aufwand verbunden war. Deshalb wurde hier auf die Nutzung eines eigenständig zu verwaltenden Carsharing-Konzepts gesetzt.

Der entscheidende Unterschied zu bekannten Mietgeschäften ist die Verwaltung und Reservierung der Fahrzeuge über einen mobilen Service via Internet oder einer Handy-App. Dem Unternehmen stand ein Fahrzeug zum Testen des Konzepts zur Verfügung. Es konnte mittels der CarPool Manager App unkompliziert reserviert werden. Wenn das Fahrzeug benötigt wurde, war dies über eine virtuelle Karte der genaue Standort auf dem Parkplatz des Unternehmens ersichtlich. Das Carsharing-System wurde inzwischen für alle Mitarbeitenden eingeführt. Dies entlastet alle bisher beteiligten Personen, und es kann unabhängiger, flexibler und spontaner agiert werden. Dies zeigt auch, wie Digitalisierung und Nachhaltigkeitsmaßnahmen heute immer mehr miteinander verschmelzen, und dass es heute selbstverständlich sein sollte, dass Unternehmen ihre Mobilität umfassend betrachten und dabei neben einer intelligenten Fuhrparkorganisation ergänzende Mobilitätsangebote berücksichtigen sollten.

Vorteile:

• Der eigene Fuhrpark ist effizienter ausgelastet.

• Es wird mehr Komfort geboten.

• Fahrzeuge und Kosten werden eingespart.

• Die Kostentransparenz wird verbessert.

Erst, wenn jeder Bereich erweitert und verbessert wird, können die Klimaziele für 2030 eingehalten werden.

Da es im Mobilitätsbereich ständig Veränderungen und neue Anbieter gibt, finden sich im begleitenden Blog www.einfachautofreileben.de zum Buch von Heiko Bielinski viele zusätzliche und aktualisierte Informationen und Links.

Weiterführende Informationen:

• Heiko Bielinski: #Einfach autofrei leben. Nachhaltig mobil: Die besten Alternativen - Mit Corona-Spezial. Südwest Verlag, München 2021.

• CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag. 2. Auflage. Berlin Heidelberg 2021.

• Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Mobilität und Logistik: Richtige Wege, die nicht aufs Abstellgleis führen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

• Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

• Jan Schwagmeier: Häcker Carsharing per App – ein Erfahrungsbericht. In: INTERN. Das Magazin für Häcker-MitarbeiterInnen. Ausgabe 33 (November 2018), S. 10-11.

About the author

Dr. Alexandra Hildebrandt
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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

for Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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