Unsere Zukunft: eine dezentralisierte, solarbasierte Wirtschaft
Der Anteil erneuerbarer Energien, darunter Solarenergie durch Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen), nimmt hierzulande in den vergangenen Jahren wieder zu. Ein Grund ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), Nachfolger des Stromeinspeisungsgesetzes aus dem Jahre 1990. Das Stromeinspeisungsgesetz verpflichtete Energieversorger erstmals, Strom aus erneuerbaren Energien aufzunehmen und zu vergüten. Als Weiterentwicklung ist das Ziel des EEG, „die Energieversorgung umzubauen und den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2050 auf mindestens 80 Prozent zu steigern“.
So weit, so gut. Stand heute sind wir davon noch weit entfernt. So liegt hierzulande nach wie vor der Schwerpunkt auf dem Import fossiler Brenn-, Kraft- und Heizstoffe. Gleichzeitig werden Freiflächen in der Stadt, an Bahnstrecken, an Autobahnen oder Feldern zu wenig genutzt. Die Gründe: Regularien und Bürokratie versperren uns den Weg zu einer solarbasierten, dezentralen Wirtschaft.
Eine PV-Anlage schaffen sich Privatpersonen und Unternehmen nicht einfach an, sondern es gehen gewisse Pflichten damit einher. Wer in Deutschland mit einer PV-Anlage Strom erzeugt und den Solarstrom nur für sich selbst nutzt, zahlt keine Steuern, aber ggf. eine Eigenverbrauchsabgabe (je nach Anlagengröße und Ertrag). Wer den selbst erzeugten Strom dagegen zum Teil an andere verkauft, wird automatisch zum oder zur Unternehmer:in, weil der Fiskus die Einnahmen durch die PV-Anlage besteuert. So erhalten Besitzer:innen von PV-Anlagen eine Einspeisevergütung für den Strom, den sie ins öffentliche Netz einspeisen – und dafür fallen Abgaben an.
Welche Steuern gezahlt werden müssen, hängt unter anderem davon ab, wie groß die PV-Anlage ist. Sobald Gewinn mit einer PV-Anlage erzielt wird, fällt zum Beispiel Einkommensteuer und ggf. auch Umsatzsteuer an. Letztere wird nicht nur auf den verkauften, sondern auch auf den selbst genutzten Strom erhoben. Zudem geht mit der Beschaffung einer PV-Anlage oft ein massiver administratorischer Aufwand einher.
Dieses vermeintlich „Kleingedruckte“ und Wirrwarr in den Regularien sowie überbordende Bürokratie ist es dann auch, was viele abschreckt. Ein weiterer Faktor ist die Laufzeit der Förderungen. Nach dem EEG erhalten Besitzer:innen von PV-Anlagen nach 20 Jahren keine festen Vergütungen mehr für den erzeugten Strom, den sie ins öffentliche Stromnetz einspeisen. Unter diesen Umständen könnten sie entscheiden, ihre Anlage abzubauen – und zu entsorgen. Die Folge wäre der Rückbau von teils noch gut erhaltenen Anlagen.
Ein weiterer Faktor, der unter Nachhaltigkeitsaspekten nicht außen vor gelassen werden sollte: Die Module sind nur teilweise recycelbar (da sie überwiegend aus Aluminium, Glas und Kunststoffen sowie Silizium bestehen, liegt die Recycling-Quote aber aktuell schon bei über 80 Prozent).
Als Investition gesehen kostet der Umstieg auf (flächendeckende) Solarenergie kein Geld, sondern bringt etwas: höhere Renten, bessere Gesundheit, also weniger Gesundheitskosten – vor allem aber eine viel bessere Binnenökonomie, denn unter diesen Umständen müssen Rohstoffe (Energie) nicht importiert werden. Das ist gut für die Wirtschaftsleistung und die eigene Währung – in unserem Fall den Euro gegenüber dem Dollar. Der Haken: Investitionen werden vom Finanzamt oft nicht als solche gesehen: Sie sind zu groß, das „Betriebsergebnis“ zu klein, damit ist das „Geschäft“ eine „Liebhaberei“, damit können die Anlage und der dazu gehörende Speicher nicht abgeschrieben werden, also wird die PV-Anlage nicht als Investition gesehen. Ein kleiner Hebel mit großer Wirkung wäre also, gesetzliche Anpassungen vorzunehmen. Darüber hinaus gibt es mehrere größere Hebel.
Drei Ansätze, um Solarenergie in Deutschland zu fördern
1. Lokale Energiegemeinschaften stärken
Ein Anknüpfungspunkt ist die dezentrale Energieversorgung, für die Sonnenenergie prädestiniert ist. Die Vor-Ort-Versorgung, umgesetzt etwa durch eine PV-Anlage auf dem Dach eines Mehrfamilienhauses, verhindert lange Transportwege und erhöht die Teilhabe und damit Akzeptanz unter den Bürger:innen. Im „Maßnahmenkatalog für ein 1,5-Grad-Gesetzespaket“ konstatiert German Zero e.V.: „Die Errichtung von Vor-Ort-Versorgungsmodellen ist auch dringend erforderlich, um die Energiewende in der notwendigen Geschwindigkeit umzusetzen und die Abschaltung zentraler fossiler Kraftwerke auszugleichen, die bisher gleichmäßig Energie bereitstellten. Der Strom wird also direkt an der benötigten Stelle erzeugt und muss nicht importiert werden. Hierzu gibt es jedoch noch keine einheitliche Strategie und Gesetzgebung, wie German Zero im Maßnahmenkatalog näher ausführt.
2. Schwarmfinanzierung ohne staatliche Förderung
Das Interesse an erneuerbaren Energien ist in Deutschland auch in der jungen Bevölkerung groß. Doch viele haben kein Eigenheim und damit oft noch keine Möglichkeit, sich konkret an der Energiewende zu beteiligen. Deshalb gibt es kreative Alternativen wie etwa die Finanzierung eines Solarparks per Crowdfunding. Das „Handelsblatt” berichtet von einem Projekt in Sachsen-Anhalt: Dort kommt ein im September 2019 eröffneter Solarpark komplett ohne Förderung aus und finanziert sich über die Beteiligungen von Privatpersonen und angesiedelten Unternehmen. Mit einem Mindestinvestment von 39,90 Euro wurden interessierte Bürger:innen in Hecklingen in Sachsen-Anhalt so zu Solarunternehmer:innen – völlig unabhängig von staatlicher Förderung. So kann die Anlage mit 4.400 Solarmodulen jährlich etwa 1,3 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. In Europa wird subventionsfreie Solarenergie mit mehreren Anlagen kontinuierlich vorangetrieben.
3. Eigenproduktion konsequent fördern, Energieimport senken
Aktuell importiert Deutschland etwa 70 Prozent seines Strom-Energiebedarfs. Über die künftige Versorgungsnotwendigkeit über Importe scheiden sich die Geister: Während German Zero e.V. in seinem Maßnahmenkatalog darauf hinweist, dass Deutschland künftig in deutlich geringerem Maße auf Energieimporte angewiesen sein wird, berichtet die „Badische Neueste Nachrichten”, dass die Betreiber der großen Übertragungsnetze davon ausgehen, dass Deutschland in Zukunft stärker auf Stromimporte angewiesen sein wird, um in Extremsituationen die Stromversorgung aufrechterhalten zu können. Der Grund: Mit dem Umstieg auf Wind- und Sonnenstrom schwinde die von Wetterbedingungen unabhängige sichere Leistung im Stromsystem. Dazu muss man wissen: Hinter den (teils ausländischen) Konzernen stehen große Zahlen (in Geld und Jobs) und eine Lobby, hinter den privaten Stromproduzent:innen nicht. So wird der Ökostrom aktuell noch immer zum Großteil importiert. Um diesen Anteil zu reduzieren, müsste der Privathaushalt zum Stromlieferanten werden: Das ist die Dezentralisierung und Demokratisierung der Energieproduktion.
Die Frage ist nun, warum es Besitzer:innen einer PV-Anlage so schwer gemacht wird, den selbst produzierten Strom einzuspeisen. Solange es noch verhältnismäßig wenige PV-Anlagen auf den Dächern gibt, die noch dazu kaum Gewinn machen, sind das Eintreiben von Steuern darauf und die überbordende Bürokratie kontraproduktiv – wenn die Bundesregierung den Ausbau von PV-Anlagen fördern möchte.
Wie können wir gemeinsam zum Ausbau von Solarenergie beitragen? Lest mehr in unserem Positionspapier „Zukunft von Photovoltaik in Deutschland“, das hier abrufbar ist. Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Positionspapier. Die Verlinkungen aller hier genannten Quellen findet ihr im Dokument.