Verbiegen für den Lebenslauf? Vergiss es!
Da bastelt der ehemalige CEO mit 35 Jahren Berufserfahrung Monate an seinem Lebenslauf!
Drei Karriereberater und fünfzehn verschiedene Varianten später wundert er sich, dass er bei Bewerbung per Lebenslauf keine Einladungen zu Gesprächen erhält.
So wie die Wiedereinsteigerin nach Elternzeit.
Wie der Absolvent nach elf Jahren Studium.
Für viele Jobsuchende ist der klassische Weg der Bewerbung die einzige Strategie, die nächste Arbeitsstelle zu finden. Bewerbung erstellen und mit viel Aufwand pflegen, Hoffen auf ein Vorstellungsgespräch, sich passend machen für die Stellenausschreibungen. Der optimale Lebenslauf steht dabei oft im Zentrum der Bemühungen.
Viele - gerade Berufserfahrene - verbiegen sich dabei bisweilen bis zur Selbstaufgabe. Und dann klappt es doch nicht.
Meine radikale Devise lautet in solchen Fällen:
Vergiss den Lebenslauf und halte Ausschau nach anderen Wegen der Jobsuche!
Lebenslauf-Täuschung
Zur Klarstellung: Natürlich braucht jeder, der sich auf die Jobsuche macht, einen ordentlichen Lebenslauf. Denn spätestens im Gespräch mit einem Entscheider ist die gute Pdf-Datei, meistens ausgedruckt dann doch Gegenstand des Gesprächs. Die Literatur zum Thema Bewerbung - offline und online - widmet sich folgerichtig auch ausführlich dem Lebenslauf und seinen Geschwistern Anschreiben, Foto und Anhänge. Xing hat sich ja nicht ohne Grund das Tool Lebenslauf.com zugelegt.
Aber die beste Literatur und allerlei Profis und Tools mögen über eines nicht hinwegtäuschen: Wenn ich mich auf richtig tolle Stellen bewerben täte und mein Lebenslauf wäre – sagen wir mal – bewegt, dann würde der toll gepimpte Lebenslauf auch nichts ausrichten. Auf dem klassischen Weg der Bewerbung kriegt „der bewegte Lebenslauf“ nämlich gar kein Gespräch.
Lebenslauf-Geschädigte
Für eine große Mehrzahl von Jobsuchenden gilt indessen aktuell immer noch: Mach den Lebenslauf so passend zur Stellenanzeige wie irgend geht! Nur: Wenn grad mein Lebenslauf bewegt ist, geht’s bisweilen eben nicht. Lücken. Brüche. Erklärungsbedarf. Das ist kein Randgruppenproblem. Das geht vielen so:
Späten Hochschulabsolventen jenseits der dreißig
Wiedereinsteigenden akademischen Mütter
Grünschnäbeln ohne Berufspraxis
Führungskräften jenseits der fünfzig, wenn sie nicht DAX-Vorstände oder Westerwelle waren
Exoten-Bachelor, deren Studieninhalte man allenfalls erahnen kann
Quereinsteigern mit der falschen Berufspraxis
Genesene Kranke, gleich ob Bandscheibe oder Burnout
Alt-Herren-Garde mit zu viel Berufspraxis
Und, und, und … Hab ich noch jemand vergessen?
Für diese Gruppen gilt mein Spruch aus der Überschrift:
Vergessen Sie Ihren Lebenslauf!
Ketzerisch formuliert: „Spätestens nach der 50. Bewerbung schmeißen Sie Ihren Lebenslauf weg und zwingen sich dadurch, andere erfolgreichere Wege der Jobsuche einzuschlagen!“ (Natürlich schmeißen Sie den Lebenslauf nicht weg. Spätestens beim Gespräch mit der Personalchefin brauchen Sie ihn doch!)
Lebenslauf-Alternativen:
Erfolgreichere Schritte der Jobsuche als Lebenslauf-Pimpen
Andere, erfolgreichere Wege der Jobsuche setzen meistens etwas voraus: Sie wissen, was Sie wollen und Sie wissen, wohin Sie wollen. Deshalb steht an erster Stelle der von mir empfohlenen Wege auch:
Eine genaue Selbstanalyse und Positionierung („Wo will ich eigentlich hin, wenn ich könnte, wie ich wollte?“). Nur wer weiß, wohin er will, kann gezielt abseits der Stellenbörsen und Jobportale nach einem Job forschen.
Das (reaktivierte) Netzwerk von ehemaligen Kollegen und Wegbegleitern aktiv zu beackern, ist der zweite Schritt, kombiniert mit der Pflege des Netzwerkes aus Freunden, Verwandten („der Schwager“!), Vereinskollegen, Elternbekanntschaften… Visitenkarten austauschen oder zeitgemäßer Vernetzung über Xing und Co. festigen die Kontakte.
Schließlich geht's ans Systematisch Kaffeetrinken: Das aktive Führen von informellen Gesprächen mit Menschen, die dort arbeiten, wo ich hinmöchte. Mit denjenigen, die nett sind. Menschen, die in meinem Netzwerk schon lange vorhanden sind.
Viele Jobs werden im verdeckten Stellenmarkt über Kontakte vergeben. Dabei geschehen die Empfehlungen meist recht natürlich. Der Chef fragt seine Mitarbeiter, wer ihnen für die Stelle einfällt. Wie cool wäre es, wenn Sie dann bereits im Adressbuch oder unter den Xing-Kontakten dieser Mitarbeiter stünden?
Falls Sie mehr erfahren wollen: Welche Möglichkeiten der Jobsuche abseits von Lebenslauf und Bewerbung es noch gibt, hatte ich mal drüben bei SystematischKaffeetrinken beschrieben: Lebenslauf? Vergiss es! 10 erfolgreichere Wege für die Jobsuche!.
Der Autor: Lars Hahn ist der Entdecker von ‘Systematisch Kaffeetrinken’ und Social Media Enthusiast. Als Geschäftsführer der “LVQ Weiterbildung gGmbH” beschäftigt er sich mit Weiterbildung, ReArbeitswelt, Karriere. Lars Hahn ist zu finden in vielen sozialen Netzwerken und natürlich hier bei Xing. Er hat schon sehr, sehr viele Lebensläufe geschrieben und gelesen.