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Verkehrswende: Innovative Wege in eine mobile und umweltverträgliche Zukunft

**Ungewollt leistete die Coronapandemie einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende.**Viele Gewohnheiten und Routinen haben sich in dieser Zeit verschoben. So haben einige Städte den reduzierten Autoverkehr zum Anlass genommen, um provisorische Radwege einzurichten, öffentliche Verkehrsmittel wurden wegen drohender Ansteckungsgefahr gemieden, und es gingen auch wieder mehr Menschen zu Fuß.

Während des Krisenbeginns brach die Mobilität zunächst um 40 Prozent ein. Allerdings bewegten sich die Deutschen im Sommer 2020 wieder auf Vorjahresniveau. Um die Herausforderungen zu verstehen, die vom Verkehr in Deutschland ausgehen, braucht es eine grundlegende Transformation in Richtung nachhaltige Mobilität. Es ist eine längst überfällige Verkehrswende erforderlich, bei der Klimaschutz und Lebensqualität im Fokus stehen. Das bedeutet allerdings mehr als den bloßen Austausch „unserer heutigen Benzin- und Dieselautos gegen E-Autos. Diese Wende besteht hauptsächlich im Ausbau des öffentlichen Verkehrs“, bemerkt der Journalist und Autor Franz Alt. Die Coronakrise erforderte einen schnellen Auf- und Ausbau der provisorischen Radinfrastruktur – doch dabei kann es nicht bleiben. Was es folglich braucht, sind bauliche Veränderungen für eine dauerhafte Integration in bestehende Verkehrssysteme.

Das lässt sich nur durch eine engagiertere und integrierte Verkehrspolitik von Bund und Europäischer Union erreichen, die Maßnahmen auf kommunaler Ebene stützt und eine nachhaltige Mobilität für alle in Stadt und Land befördert. Gefragt sind zukunftsfähige, effiziente, smarte und umweltfreundliche Transportmittel. Doch mit innovativen Neuerungen in der Automobilbranche ist es nicht getan. Eine nachhaltige Verkehrswende, die es auch für eine wirkliche Energiewende braucht, erfordert nach Franz Alt diese Prioritäten: Fußgänger – Fahrrad – Bahn – Bus – Auto. Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) forciert die Verkehrswende hin zum Fahrrad und sieht E-Bikes als passendes Mittel in diesem Vernetzungsprozess an. Hilfreicher als Fahrverbote sind nach Franz Alt attraktive alternative Angebote für öffentlichen Verkehr und mehr sichere Fahrradwege. Dafür, dass das geht und wie es geht, führt er einige positive Beispiele an: München, Helsinki, Kopenhagen, Stockholm, Wien, Amsterdam, Madrid, Shenzen oder Tokio.

Eine nachhaltige Verkehrswende ist eine gemeinsame Anstrengung und umfasst als gesellschaftliches Großprojekt folgende Aspekte:

  • Ausbau und Förderung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, Sharing-Systeme sowie Rad- und Fußverkehr

  • Berücksichtigung wesentlicher technischer Innovationen für mehr Klimaschutz als Teil eines fundamentalen gesellschaftlichen Transformationsprozesses

  • Innovative Maßnahmen für eine erfolgreiche Verkehrswende (Emissionen sparen, Platz schaffen, mobil sein).

Unter diesem Appell hat der Dialog „Nachhaltige Stadt“ – ein Projekt des Rates für Nachhaltige Entwicklung, das 2010 ins Leben gerufen wurde und in dem sich kommunale Entscheidungsträger*innen parteiübergreifend austauschen – unter Beteiligung von 19 Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern sowie zwei Bürgermeistern Ende September 2021 einen Appell an die kommende Bundesregierung veröffentlicht. Vorgestellt wurden die sechs zentralen Empfehlungen des Appells in einem virtuellen Pressegespräch:

  • Umsetzung und Kompensation CO2-Preis mit Lenkungswirkung

  • Nachhaltiges Bundesmobilitätsgesetz statt überholter Bundesverkehrswegeplan

  • Abbau klima- und umweltschädlicher Subventionen

  • Zulassung von mehr Flexibilität für die Städte bei Tempo 30, Fahrradstraßen, Parken & Co

  • Ausreichende Finanzierung von Kommunen und Abbau von Bürokratie bei Fördermitteln

  • Verbesserung von Rahmenbedingungen für neue Mobilitätsformen.

Vieles deckt sich mit den Forderungen von Franz Alt (mehr Radwege, breitere Radverkehrsanlagen, Rad-Schnellstraßen, Ladeinfrastruktur für E-Lastenräder schaffen, angepasster Rechtsrahmen, Verknüpfung von Klimaschutz und Wirtschaftsförderung, Forschungsförderung auf Radlogistiksysteme ausdehnen).

Teil 1:

  • Rückgang des motorisierten Individualverkehrs durch generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen

  • mehr Investitionen im öffentlichen Verkehr

  • Rückbau von Straßen zugunsten der Schiene

  • weniger Parkplätze

  • Auto-freie Innenstädte

  • Taxen, die nachts zum öffentlichen Verkehrsmittel werden.

Teil 2:

  • Ausbau des öffentlichen Verkehrs durch mehr Züge im Nahverkehr

  • Ausbau des Straßenbahnnetzes

  • grundsätzliche Vorfahrt für Busse und Straßenbahnen

  • Umwandlung von KFZ-Spuren in Bus- und Taxispuren

  • Taxiruf in Bussen und Straßenbahnen

  • bessere Vernetzung zwischen Fern- und Nahverkehr

  • bessere Kundeninformationen.

Teil 3:

  • Ausbau von Fahrradmobilität durch Fahrradwege und Fahrradnetze in allen Städten durch die Umwandlung von KFZ-Spuren

  • Vernetzung von öffentlichem Verkehr und Fahrrad Fahrradzentren an allen Bahnhöfen

  • bequeme Radmitnahme in Zügen, Bussen und Straßenbahnen.

Noch leiden viele Städte unter dem zunehmenden Lieferverkehr und schlechter Luftqualität. Hätten sie größere Handlungsspielräume, wären viele Entscheidungen im Sinne der Nachhaltigkeit unkomplizierter zu treffen. Um dies zu erreichen, müssten Planungsverfahren einfacher und effizienter werden. Vor allem der Lieferverkehr in der Stadt ist ein Schwerpunktthema der Mobilitätsdebatte.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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