Lars Breder/Häcker Küchen

Warum Nachhaltigkeitsberichte nicht das Schicksal von Geschäftsberichten und Parteiprogrammen teilen sollten

Nachhaltigkeit braucht wirkliches Interesse

Über Geschäftsberichte und Parteiprogramme wird zwar viel gesprochen und geschrieben, aber wenig darin gelesen. So ähnlich ist es auch mit Nachhaltigkeitsberichten. Die jeweilige Zielgruppe – Wähler, Investoren, Medienvertreter, Stakeholder – bestehen zwar auf solchen Berichten, aber echtes Interesse am Inhalt ist häufig nicht gegeben. Die meisten deutschen mittelständischen Unternehmen haben die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) zwar für sich erkannt, tun sich zuweilen aber noch immer schwer mit einer strukturierten Implementierung und Kommunikation, was sich auch in ihren Publikationen zeigt.

Es gibt zwar schon gute Berichte, aber nicht viele sehr gute. Wer sie unvoreingenommen, aber genau liest und sie miteinander vergleicht, erkennt sehr schnell, wer es ehrlich meint, und wo es sich um dekoratives Greenwashing oder eine Modeerscheinung handelt. Allein ein Blick ins Impressum gibt Aufschluss darüber, wer sie macht. Häufig werden von Großunternehmen Agenturen beauftragt, was sich auch in Inhalt und Gestaltung niederschlägt: die gleiche Sprache, Stockfotos und eine Gestaltung, die nicht unbedingt zum interessierten Lesen einlädt.

Für viele mittelständische Unternehmen, die ihr geschäftliches Handeln am Prinzip der Nachhaltigkeit ausrichten, ist der eigene Bericht eines der wichtigsten Kommunikationsinstrumente, weil er über Leistungen, Maßnahmen und Ziele in allen Unternehmensbereichen informiert und ein fester Bestandteil ihres ganzheitlichen Handelns ist. Die meisten Unternehmen schätzen die Integration einer nachhaltigen Unternehmensführung für sich als relevant ein. Sie verstehen sie als eine wirtschaftliche, langfristig orientierte und bestandssichernde Orientierung. Allerdings haben nur wenige Unternehmen für sich eine entsprechende Nachhaltigkeitsstrategie definiert. Kernproblem ist, dass es keine verbindlichen Richtlinien gibt, die eine klare Vorgabe und Orientierung für die Definition einer entsprechenden Unternehmensstrategie geben könnten. So sind viele Unternehmen mit ihrer Berichtserstattung zu Nachhaltigkeitsaktivitäten nicht wirklich zufrieden.

Um das gesellschaftliche Engagement eines Unternehmens sichtbar zu machen, reicht nicht nur ein Bekenntnis – vielmehr sind nachvollziehbare Nachweise erforderlich, die glaubwürdig Auskunft über das eigene Handeln geben. Das ist jedoch nur möglich, wenn dort Datenerhebung, Erfassung und Auswertung automatisiert ablaufen oder durch IT-Systeme unterstützt werden. Wenn Unternehmen noch am Beginn der Berichterstattung stehen, sollten sie zuerst ihre Prozesse betrachten und analysieren:

• Wer ist involviert?

• Welche Themen und Kennzahlen sind wesentlich?

• Welche Daten müssen zusätzlich erhoben werden?

Vor diesem Problem stehen vor allem Unternehmen, die erst anfangen, ein systematisches Nachhaltigkeitsmanagement aufzubauen. Sie sollten sich nicht scheuen, dennoch einen Nachhaltigkeitsbericht zu machen, auch wenn er stellenweise noch unvollständig ist. Der Prozess der Erstellung hilft zu erkennen, was noch fehlt und bis zum nächsten Report verbessert werden kann. Die Berichte sind glaubwürdig, wenn der Weg zur Nachhaltigkeit beschrieben wird – mit Höhen und Tiefen.

Ein gutes Beispiel ist der erste Nachhaltigkeitsbericht von Häcker Küchen. Das Familienunternehmen beschäftigt am Standort Rödinghausen 1738 Mitarbeiter und hat 2018 einen Jahresumsatz von 602 Millionen Euro erzielt. Täglich werden hier 950 Küchen produziert. Der Nachhaltigkeitsreport wurde hier im eigenen Haus umgesetzt - auch das Grafikdesign. Der Kennzahlenteil muss künftig zwar noch weiter ausgebaut werden, aber im Gegensatz zu vielen anderen Berichten besticht er auch durch emotionale Elemente (keine Stockfotos, sondern Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen, Designelemente, Gesichter und die Geschichten dahinter, Glossar der wichtigsten Begriffe).

Nachhaltigkeitsberichterstattung als Spiegel für die Transformationsbereitschaft von Unternehmen

Was Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit tun und wie sie dazu öffentlich berichten, hat durch die Erwartungen von Investoren, Politik, Zivilgesellschaft oder Kunden in den vergangenen Jahren stark an Relevanz gewonnen. In Deutschland ist die nichtfinanzielle Berichterstattung seit April 2017 durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) geregelt. Es verpflichtet große Unternehmen, im Zuge ihrer Berichterstattung auch Informationen in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung offenzulegen.

Deutsche Unternehmen berichten, dass mit dem ersten Berichtszyklus nach Verabschiedung des CSR-RUG zwar der Aufwand, aber auch die Aufmerksamkeit für Nachhaltigkeit insbesondere bei Unternehmensleitung und Aufsichtsrat gestiegen sind. Dies zeigt die Studie „Neuer Impuls für die Berichterstattung zu Nachhaltigkeit?“, die das Deutsche Global Compact Netzwerk (DGCN) und econsense – Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft 2018 vorgestellt haben.

Richtiges Nachhaltigkeitsmanagement ist ohne professionelle Maßstäbe und Standards nicht zu haben

Für berichtspflichtige Unternehmen hat sich als Königsweg die Erstellung einer nichtfinanziellen Erklärung im Lagebericht unter Beibehaltung einer umfassenden separaten Nachhaltigkeitsberichterstattung nach GRI (Global Reporting Initiative) herauskristallisiert. Allerdings gibt es auch einige Unternehmen, vor allem unter den Newcomern, die ihre Pflicht zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen mit der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts verknüpfen.

Einige Unternehmen nutzen für ihre Nachhaltigkeitsberichte den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) als Standard, der auch als schlanke Lösung zur Erfüllung der Berichtspflicht gilt. Um den von der Berichtspflicht betroffenen Unternehmen konkrete Hilfestellungen zur Erfüllung der Berichtspflicht zu liefern, wurden einzelne Kriterien-Texte sowie die Erläuterungen und Checklisten überarbeitet. Auch die DNK-Datenbank wurde dementsprechend umgestellt. Mit den Nachschärfungen ist der DNK ein geeigneter Mindeststandard, um eine nichtfinanzielle Erklärung im Sinne der CSR-Berichtspflicht zu erstellen. Neue Gliederungsebenen und Begrifflichkeiten ordnen die Kriterien eindeutig dem Gesetz zu. Außerdem wurden die Leistungsindikatoren auf die neuen Sustainability Reporting Standards der Global Reporting Initiative (GRI SRS) aktualisiert.

Unternehmen profitieren nicht nur von der unkomplizierten Handhabung des Nachhaltigkeitskodex. So ist die DNK-Datenbank kostenfrei, leicht zu bedienen und bietet Hinweise und Checklisten zu den geforderten Inhalten sowie eine Universal-Schnittstelle zu Softwarelösungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die eine automatisierte Datenübertragung erlaubt. Zudem stehen zahlreiche Informationsmaterialien bereit, das bundesweite DNK-Schulungspartner-Netzwerk bietet Informations- und Schulungsveranstaltungen sowie persönliche Beratung.

Weiterführende Informationen:

Gisela Rehm: Nachhaltigkeit braucht Markenkraft. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: CSR und Nachhaltigkeitsmanagement richtig umsetzen: Die wichtigsten Schritte und Werkzeuge - mit zahlreichen Praxistipps und Mustervorlagen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag. Berlin Heidelberg 2017.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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