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Warum uns das Richtige heute fassungslos macht: Das Ende des Gutmenschentums?

Wer heute die Welt verbessern möchte, selbstlos handelt und anderen aus einem inneren Bedürfnis heraus Gutes tut, wird von seinen Mitmenschen häufig seltsam angesehen oder belächelt. Viele können es kaum fassen, dass es Menschen gibt, die anderen in ihrem Denken und selbstlosen Handeln einfach nur zugewandt sind. Was sagt die Überraschung und die Rätselhaftigkeit des Guten über unsere Gesellschaft aus, in der Altruismus wie ein Fremdwort wirkt? Für alles braucht es Rechtfertigungen, Gründe, Erwartungen, Nachweise und Zwecke – als ob das Gute für sich genommen nicht schon gut genug sei und „sich nicht von allein erläuterte; als ob das Gleichgültige oder Eigensüchtige näherliege“, schrieb die Publizistin Carolin Emcke im Dezember 2014 in der Süddeutschen Zeitung und fragte, warum wir die Motive derer bezweifeln, die Gutes tun: „Warum können wir uns nicht mehr vorstellen, dass jemand etwas gibt ohne Zwang oder Erwartung?“ Vielleicht, weil auch der Begriff „Gutmensch“ häufig diffamierend verwendet und mit Menschen in Verbindung gebracht wird, die davon überzeugt sind, mit ihrem Tun die Welt zu verbessern.

2011 kam der Begriff „Gutmensch“ auf den zweiten Platz bei der Wahl zum Unwort des Jahres. Zur Begründung hieß es: "Mit dem Ausdruck Gutmensch wird insbesondere in Internet-Foren das ethische Ideal des ‚guten Menschen‘ in hämischer Weise aufgegriffen, um Andersdenkende pauschal und ohne Ansehung ihrer Argumente zu diffamieren und als naiv abzuqualifizieren." Niemand muss sich schämen, der das Leid anderer wahrnimmt und sich für sie verantwortlich fühlt. Eine nachhaltige Gesellschaft braucht Gutmenschen, die bereit sind, das Richtige zu tun und sich dafür nicht ständig rechtfertigen müssen.

Warum die besten Dinge im Leben ein Geschenk sind

Zu den Geschenken des Lebens gehört auch Freundschaft, denn sie ist kostbar, einmalig und unersetzbar. Sie bedingt das Wechselspiel von Geben und Nehmen und scheitert, wenn sie auf Dauer nur zum einseitigen Nutzen unterhalten wird. Deshalb bedeutet sie auch Arbeit, die mit der Bereitschaft verbunden ist, dafür Sorge zu tragen, dass das gemeinsame Fundament in einer haltlos erscheinenden Welt nicht ins Wanken gerät. Einander zu vertrauen bedeutet, narzisstische Gewohnheiten abzulegen, über sich selbst hinauszugehen - „Hin-Gabe“ im besten Wortsinn. Damit verbunden ist der Instinkt des Schenkens, den wir und die Welt dringend brauchen. Ihn zu wecken dauert ein ganzes Leben, schreibt Arianna Huffington in ihrem Buch „Die Neuerfindung des Erfolgs“. Alles beginnt mit kleinen Schritten im Alltag:

• verantwortungsvoll durch das Üben von Verantwortung

• großzügig durch das Üben von Großzügigkeit

• mitfühlend durch das Üben von Mitgefühl

• wohlhabend durch das Üben des Schenkens.

Einmaligkeit reicht allerdings nicht – die „Wohltätigkeitsmuskeln“ müssen regelmäßig trainiert werden wie der eigene Chancenblick, Dinge im richtigen Moment zu erkennen und zu verändern. Glück entsteht im Kopf - Geben auch. Nicht nur biologisch, sondern auch durch eine innere Haltung zum Leben. Wer es sinnvoll gestalten möchte, bewegt sich nicht nur um sich selbst, sondern richtet seine Aufmerksamkeit auf etwas, das über ihn hinausreicht und mit sozialen Erlebnissen wie Kooperieren, Teilen oder Engagement für andere verbunden ist.

Weiterführende Informationen:

Alexandra Hildebrandt: Denken und Schenken: Warum Geben im Kopf beginnt. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Gut zu wissen... wie es grüner geht: Die wichtigsten Tipps für ein bewusstes Leben. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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