Welche Rolle spielt CSR für das Employer Branding?
Angesichts des zunehmenden Fach- und Führungskräftemangels müssen Arbeitgeber heute stärker denn je um qualifizierte Arbeitnehmer werben. Der Trend geht zu einer werteorientierten Arbeitswelt, in der gesellschaftliche Verantwortung verstärkt eine wesentliche Rolle für das Employer Branding spielt, bei dem es vor allem darum geht, an der Außendarstellung des Unternehmens zu arbeiten, das innen mit einer Strategie beginnt.
Wenn bekannt wird, dass ein Unternehmen seine Mitarbeiter schlecht behandelt, könnte es dazu führen, dass ihm die Kunden davonlaufen. Die weltweite Vernetzung der Kommunikationsmedien macht es möglich, dass die Entscheidungen und das Handeln eines Unternehmens jederzeit für alle transparent gemacht werden können. Die Moralisierung der Märkte führt in diesem Kontext zu Veränderungen des Kaufverhaltens, die teilweise schmerzliche Gewinnverluste für Unternehmen bedeuten. Ein schlechtes Image als Arbeitgeber schadet nicht nur dem Recruiting, sondern auch dem Umsatz.
Das ergab eine repräsentative Online-Befragung von Innofact im Auftrag der der Employer-Branding-Agentur Territory Embrace (Erhebung der Studie zwischen dem 13. und dem 15. März 2018). Demnach würde jeder Vierte "auf jeden Fall" ein Produkt boykottieren, wenn er wüsste, dass ein schlechter Arbeitgeber dahintersteckt. Umgekehrt gaben zwei Drittel der rund 1.000 Befragten an, "wahrscheinlich" oder "ganz sicher" Anbieter zu bevorzugen, die besonders viel für ihre Mitarbeiter tun - vorausgesetzt natürlich, es sei bekannt.
Konsumenten mit höherer Schuldbildung und überdurchschnittlichem Einkommen reagieren besonders sensibel: So würden in der Gruppe der Konsumenten mit mindestens 3.800 Euro Haushaltsnettoeinkomme pro Monat 66 Prozent Produkte schlechter Arbeitgeber boykottieren. Unterschiede gibt es auch in der Herkunft: So sind Kunden in Süddeutschland mit 69 Prozent am ehesten bereit, Produkte von besonders guten Arbeitgebern zu kaufen, während dies in Ostdeutschland nur 62 Prozent sagen. Befragt wurden 1013 Konsumenten im Alter von 18 bis 69 Jahren.
Hinzu kommt, dass die Verbreitung von Informationen und der Stakeholder-Dialog zunehmend in den Händen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegen, die über ihre Social-Media-Accounts selbst ihre Empfänger adressieren. Dabei spielt Corporate Social Responsibility eine immer wichtigere Rolle: „Heute schon ist die Bildung der Arbeitgebermarke u.a. eine Verpflichtung zu CSR, zu Fairness und Antidiskriminierung und letztlich zur Möglichkeit einer persönlichen Work-Life-Balance“, sagt der Personalexperte und Autor Werner Neumüller, Geschäftsführer der GmbHs der Neumüller Unternehmensgruppe.
Der Sammelband „CSR und Digitalisierung“ zeigt anhand zahlreicher Praxisbeispiele, dass die Voraussetzung für ein erfolgreiches CSR in einem Unternehmen das gelebte Widerspiegeln der Vision, der Unternehmenswerte sowie der strategischen Zielsetzung im täglichen Tun und Handeln ist. Von besonderer Bedeutung sind hier nicht nur die Führungskräfte, sondern die gezielte Einbindung im Rahmen eines kontrollierten Employer Branding. Nur wenn CSR als Unternehmensstrategie auch mittels Markenführung im Bewusstsein der Mitarbeiter verankert wird, ist CSR als strategische Ausrichtung ein konkreter Wettbewerbsvorteil. Das Thema wird auch im aktuellen Buch „Visionäre von heute – Gestalter von morgen“ aufgegriffen, der zahlreiche Impulse und Inspirationen für Unternehmer enthält.
Wolfgang Köbler, Partner und Vorstand der KSW Vermögensverwaltung AG in Nürnberg, der sich in seinem Beitrag mit Unternehmensethik in der Vermögensverwaltung beschäftigt, schreibt: „Unsere Mitarbeiter verkörpern Werte, die in der Branche in dieser Form selten zu finden sind. Sie empfinden diese Werte nicht als Schranken, sondern als eine ethische Basis für den Umgang mit Mandanten. Wir sind stolz darauf, dass unsere Werte nicht etwas sind, das allein in schicken Marketingbroschüren und auf unserer Webseite propagiert wird, sondern dass sie tatsächlich von unserem Team gelebt werden. Denn wir sind überzeugt davon, dass Imagewerbung nur funktioniert, wenn sie den tatsächlichen Gegebenheiten im Unternehmen entspricht. Für unsere Kunden müssen die von uns gelebten Werte als Realität spürbar sein. Dann fühlen sie sich bei uns rundum gut aufgehoben.“
Im Jahr 2004 wurde Dagmar Fritz-Kramer zur geschäftsführenden Gesellschafterin der Bau-Fritz GmbH & Co. KG berufen. Ihre Erfahrung ist, dass sich Mitarbeiter nicht allein durch äußere Faktoren motivieren oder an ein Unternehmen binden lassen. „Aber am Ende ist immer die persönliche Motivation von innen heraus entscheidend.“ Sie möchte für jeden Mitarbeiter die Tätigkeit finden, „die sein Herz erweckt. Mit der er andere Menschen berührt und inspiriert.“ Grundvoraussetzung ist in diesem Unternehmen die Liebe zur Natur. Wer das nicht hat, bleibt hier erfahrungsgemäß nicht lange. Wenn aber Mitarbeiter für die nachhaltige Idee des Unternehmens einmal Feuer und Flamme sind, dann bleiben sie auch. Es gibt viele Mitarbeiter mit einer Betriebszugehörigkeit von 10 bis 45 Jahren und eine Fluktuationsrate von nur drei Prozent.
Employer Branding stand als unternehmensstrategische Maßnahme für das Arbeitgebermarketing in den vergangenen Jahren zwar im Fokus - als Forschungsgebiet im Kontext kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) steht es jedoch noch ganz am Anfang. Deshalb haben das Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW in Leipzig und die Unternehmen kununu & XING E-Recruiting bestehende Erkenntnisse einzelner Teilbereiche zusammengetragen und in einem Gesamtkontext dargestellt. Es wurde untersucht, wie erfolgreiches Employer Branding wirken kann. Das Ergebnis ist der Leitfaden „Schritt für Schritt zum erfolgreichen Employer Branding“ der praktische Empfehlungen zur Ausgestaltung einer authentischen Arbeitgebermarke enthält.
Die Anforderungen an ein modernes Recruiting und zeitgemäßes Personalmanagement sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Auch werden durch den steigenden Fachkräftemangel und die konjunkturell begünstigte hohe Einstellungsbereitschaft der Unternehmen potenzielle Mitarbeitende intensiv umworben.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat dies auch im Wissenschaftsjahr 2018 aufgegriffen: Unter dem Titel „Arbeitswelten der Zukunft“ widmeten sich Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft den Perspektiven moderner Arbeit. Da starke Arbeitgebermarken heute entscheidend im Kampf um die besten Talente sind, war es der Anspruch aller am Kompendium Beteiligten, nicht nur Literatur zum Thema zusammenzufassen, sondern auch „neue Impulse für die erfolgreiche Umsetzung in diesem Bereich zu geben“, so Johannes Prüller, Director Global Communications & Brand bei kununu und einer der Studienautoren.
Die Basis bilden Publikationsanalysen, die Betrachtung bestehender Employer Branding-Maßnahmen sowie Interviews mit Fachexperten, welche die Basis der Forschungsergebnisse bilden, die das Team um Prof. Dr. Tobias Dauth, Leiter der Gruppe Regionale Positionierung und Standortentwicklung am Fraunhofer IMW, für den Leitfaden gesammelt und evaluiert hat. Das Fraunhofer IMW blickt auf über zwölf Jahre angewandte sozioökonomische Forschung und Erfahrung am Standort Leipzig zurück. Rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 20 Ländern unterstützen Kooperationspartner aus Wirtschaft, Industrie, Politik, Forschung und Gesellschaft dabei, von Globalisierung und Digitalisierung als Motor für Innovation zu profitieren.
Die Untersuchung ergab, dass es möglich ist, die Arbeitgebermarke „bereits durch einfache Maßnahmen und Prozesse im Unternehmensalltag zu stärken“, so Prof. Dr. Dauth. Dazu bedarf es im Wesentlichen einer authentischen Arbeitgeberpositionierung, die aktuellen wie zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeigt, für welche internen Grundsätze und Werte ein Unternehmen als Arbeitgeber steht.
Zudem wurde dargestellt, an welchen Berührungspunkten das Arbeitgebermarkenversprechen mit aktuellen wie zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konsistent definiert, kommuniziert und erlebbar ausgestaltet werden kann. Zudem wird daran erkennbar, wie ein Abgleich der Erwartungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abläuft, d.h. welche konkreten Maßnahmen die Gewinnung, Entwicklung und Bindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an ihren Arbeitgeber stärken.
Weiterführende Informationen:
Werner Neumüller und Alexandra Hildebrandt: Tun stattreden. Personalverantwortung 21.0 von A bis Z. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag Springer Gabler, Heidelberg, Berlin 2018.