Wie sehen Bewerbungsprozesse heute aus? Welche Rolle spielt die Digitalisierung?

Ich betone sehr oft, dass man den Begriff der Personalauswahl nicht zu stark verengen darf, etwa indem man darunter nur das Recruiting, also die “Auswahl durch die Unternehmen” versteht. Zur Auswahl gehört selbstverständlich auch (und nicht zu knapp) die “Auswahl des Bewerbers”. Also im Prinzip die Wahlentscheidung, überhaupt ein Bewerber zu werden oder eben nicht. Man spricht daher auch von Selbstauswahl.

Beide Auswahlentscheidungen sind maßgeblich für den “Erfolg” der Auswahl. Und da die Selbstselektion der Fremdselektion vorgelagert ist, sollten wir diese immer mit in die Betrachtung nehmen. Bewirbt sich kein passender Kandidat, hilft der tollste Recruitingprozess gar nichts; wo keiner ist, kann keiner gefunden werden.

Daher spreche ich oft von Personalgewinnung, statt von Recruiting, weil zur Auswahl eben auch (Berufs-)orientierung, Employer Branding und Personalmarketing gehören (zumindest dann, wenn diese auch so gestaltet sind, dass sie Selbstauswahl ermöglichen…).

Personalgewinnung verändert sich stark - nicht nur wegen Corona

Die Personalgewinnung verändert sich insgesamt sehr stark. Das hat gegenwärtig natürlich enorm viel mit Corona zu tun, klar. Aber noch wichtiger, weil grundlegender, dürften der Einfluss von Meta-Trends wie Werteveränderungen, demografischer Wandel und natürlich der technologischen Entwicklungen (Digitalisierung, KI etc.) sein.

Vor diesem Hintergrund ist es immer ganz hilfreich, das alles zwischendurch mal einzuordnen und in den richtigen Rahmen zu stellen. Allerdings nicht so, wie etwa gerade im SPIEGEL. Bei solchen Artikeln denkt man doch eher, dass dieser aus einer Folge der Netflix-Serie “Dark” stammt und eigentlich aus 1986 kommt…

Nun, manchmal werde ich um eine Einordnung gebeten. So habe ich z.B. vor ein paar Wochen für die “FAIR NRW-Initiative“, einem Public-Private-Forschungsprojekt, dass sich mit den Auswirkungen von KI auf die Personalauswahl beschäftigt, ein paar Fortschrittsgedanken formuliert:

Und kürzlich stand ich “KIT”, dem Karlsruher Institut für Technologie in einem Interview Rede und Antwort zu diesen Themen.

Das Ganze ist integriert in die Website Studieren in BW, auf der das Land Baden-Württemberg seine Angebote zur beruflichen und vor allem Studienorientierung bündelt. Darunter wiederum findet sich das Projekt “BESTOR” (Projekt zur Berufs- und Studienorientierung in der Sekundarstufe II), initiiert durch das Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK), worüber sich vor allem Lehrer über die vielfältigen Entwicklungen informieren können, denen sich ihre Schüler nach der Schule gegenüber sehen.

Das Interview findet sich hier. Da es aber etwas in einem der Kurs-Module versteckt ist, habe ich es hier noch einmal wiedergegeben, denn ich glaube die Inhalte sind nicht nur für Lehrer in BW von Interesse. Es handelt sich um ein Audio-Interview. Da aber nicht jeder immer hören kann oder mag, gibt es dazu jeweils noch eine kurze Zusammenfassung des Gesagten:

https://blog.recrutainment.de/2020/11/02/wie-sehen-bewerbungsprozesse-heute-aus-welche-rolle-spielt-die-digitalisierung-interview-mit-dem-karlsruher-institut-fuer-technologie-kit/

Joachim Diercks schreibt über Recruiting, Online-Assessment, Personalmktg.

Gründer und Geschäftsführer von CYQUEST. Entwickelt Instrumente für Personalauswahl ("Online-Assessment", "Matching"), Employer Branding und Personalmarketing. Gastdozent für Eignungsdiagnostik an der HS Fresenius. Buchautor, Referent und Keynote-Speaker. Herausgeber Recrutainment Blog.

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