Wo auf einen „supergeilen“ Markt vertraut wird, verkümmert die nachhaltige Wertschöpfung
Das ist die Kernaussage eines Beitrags mit dem Titel „Superungeil", der 2015 im Magazin „Capital" erschien. Was heute glänzt und leuchtet, sind nicht nur Monitore. Es ist der Zugang zur Menschheit, die Chance, etwas in Bewegung zu bringen, das unser Leben grundlegend verändert: sei es durch Social Business oder die Änderung unserer Konsumgewohnheiten. Die Zeiten sind vorbei, in denen „Zielgruppen" penetrant mit TV-Spots berieselt werden konnten, um eine Botschaft wie „Geiz ist geil" oder „Supergeil" in ihr Bewusstsein zu drücken. Billigprodukte werden heute meistens mit einer schlechten Ökobilanz, Lohn-Dumping, Kinderarbeit oder verantwortungslosen Unternehmenspraktiken assoziiert. Die bewussten und mündigen Konsumenten von heute sind gut informiert und möchten wissen, wo die Produkte hergestellt werden, die sie kaufen. Besser leben heißt für sie, anders herzustellen und zu konsumieren. Sie sind davon überzeugt, dass Geiz am Ende schädlich für Mensch und Umwelt ist, und dass Lifestyle und Weltrettung längst kein Widerspruch mehr sind.
Wollen Unternehmen im globalen Markt nachhaltig erfolgreich sein, dürfen sie nicht nur mit ihren Kunden rechnen, sondern müssen sie verstehen und ihr Handeln glaubwürdig kommunizieren. Eine wichtige Schlüsselposition zwischen dem Produzenten und dem Konsumenten kommt dem Einzelhandel zu, der durch seine Einkaufsmacht wesentlich auf die Umwelt- und Sozialbedingungen bei der Herstellung der Konsumgüter einwirken kann. Auch kann er über eine nachhaltige Sortimentsgestaltung sowie Verbraucherinformation und –beratung das Kaufverhalten der Konsumenten beeinflussen.
Claudia Silber, Leiterin Unternehmenskommunikation beim Ökoversender memo AG sagt einem Interview mit UmweltDialog: „Wir sind der Meinung, dass eine nachhaltige Wirtschaftsweise die beste Voraussetzung für dauerhaften, stabilen Unternehmenserfolg ist.“ Nachhaltigkeit wird hier ganzheitlich umgesetzt und ist seit jeher Kerngeschäft des Unternehmens. „Aber sicherlich hat auch die Zeit für uns gearbeitet, da nachhaltige Produkte im Laufe der Jahre immer gesellschaftsfähiger wurden und aus dem Alltag mittlerweile nicht mehr wegzudenken sind“, so Silber.
Im Rahmen der unternehmerischen Verantwortung stiften Gütesiegel einen großen Nutzen, da nicht nur Dritte (z.B. Umwelt und Arbeitnehmer in Entwicklungsländern oder Konsumenten), sondern auch die Unternehmen selbst von ihnen profitieren können. Labels können das Vertrauen bei allen Anspruchsgruppen stärken und somit gegen Risiken, die aus Forderungen verschiedenen Anspruchsgruppen resultieren können, vorbeugen.
Verbessertes Risikomanagement wiederum kann zur Gewinnung von ethisch motivierten Kapitalgebern führen. Der indirekte Nutzen von Gütesiegeln liegt jedoch in einer verbesserten Wettbewerbsposition, indem Kunden ein gekennzeichnetes Produkt mit entsprechendem Zusatznutzen einem nicht gekennzeichneten Produkt beim Kauf vorziehen.
Es ist jedoch wichtig, auf bekannte Siegel zu setzen wie das Bio-Siegel, EU-Bio-Siegel oder die Warenzeichen der Öko-Anbauverbände. Sie bieten nachhaltigen Käufern Orientierung und sind letztendlich oft Kaufargument. Neben anerkannten Siegeln „produzieren“ auch nachhaltige und sinnstiftende Marken klare Botschaften und schaffen durch Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Relevanz immaterielle Werte.
Dazu gehören eigene Wertvorstellungen, Erwartungen und Kenntnisse vom Machen der Dinge. Wo sie fehlen, gibt es auch keine Urteilsfähigkeit. Image, Marke und Moral sind heute zu entscheidenden Auswahlkriterien konsumierbarer Dinge geworden, mit denen sich Menschen zugleich ihre Identitäten zusammenkaufen. Wenn unser Verhältnis zu den Dingen vom unbedachten Konsum bestimmt (formlos) ist, ist dies mit einer seelischen Verkümmerung verbunden. „Im Gegensatz dazu können nachhaltiger Konsum und gesunde Arbeitsformen das Glück steigern. Gebildete Menschen geben auch ihrem Kaufverhalten eine kultivierte Form“, schreibt Frank Berzbach in seinem Buch „Formbewusstsein“. So ist es kein Zufall, dass handwerklich hergestellte Produkte und die Verwendung traditioneller Materialien heute wieder sehr beliebt sind, denn sie stellen als wertvolles Kulturgut eine nachhaltige Alternative zum schnellen Konsum und zur Welt der Massenprodukte dar.
Weiterführende Informationen:
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber:
Gut zu wissen... wie es grüner geht: Die wichtigsten Tipps für ein bewusstes Leben. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2016.
Circular Thinking 21.0: Wie wir die Welt wieder rund machen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2016.
CSR-Check für Handelsunternehmen: Die wichtigsten Fragen und Antworten aus der Praxis für die Praxis von Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.
Gut in Mode: Wissenswertes über nachhaltige Bekleidung und Textilien. Amazon Media EU S.à r.l. 2017.
Verpackt oder unverpackt? Warum Stoffkreisläufe eine Frage der Nachhaltigkeit sind. Amazon Media EU S.à r.l. 2017.
Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.