Zeichen des Klimawandels: Warum wir Bilder der Nachhaltigkeit brauchen
Das Hauptproblem des Klimawandels ist, dass wir ihn nicht sehen können. Persönlich spüren wir kaum, dass die weltweite Temperatur oder der Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre immer weiter angestiegen ist, oder dass sich Klima- und Vegetationszonen verschieben.
Diese Veränderungen geschehen über lange Zeiträume und sind viel zu langsam, um sie im Alltag wahrzunehmen. Dürren, Hungersnöte, Hitzewellen, Überschwemmungen, Umweltverschmutzung, Ressourcenknappheit, Rückgang der Biodiversität gehören zu den Auswirkungen des Klimawandels genauso wie überfischte Ozeane, eine schon drei Viertel der Landflächen umfassende Bodenerosion sowie ein sozialer Zerfall der Gesellschaft. Das wird zwar zur Kenntnis genommen, bleibt bei vielen Menschen aber nicht lange im Bewusstsein oder führt zu emotionaler Abstumpfung. Dabei ist es gerade die Empathie, die wir benötigen, um eine lebenswerte Zukunft zu schaffen. Leider tun sich auch die Medien oft schwer, ein solches Thema durchgehend präsent zu halten.
Die Schere zwischen dem Ressourcenverbrauch der Menschheit und dem, was unser Planet leisten kann, klafft immer weiter auseinander: Weltweit landet ein Drittel aller Nahrungsmittel im Abfall, 90 Prozent aller Fischbestände werden bis an die Grenze der Nachhaltigkeit ausgebeutet oder überfischt. Jährlich werden auf der Erde 7,6 Millionen Hektar Wald zerstört. Der ökologische Fußabdruck der Menschheit ist inzwischen so groß, dass wir 1,7 Erde bräuchten, um unseren jährlichen Bedarf an Ressourcen und "planetaren Dienstleistungen" zu decken. Was in der Vergangenheit fehlte, waren langfristige Lösungen und Strategien zur Integration von nachhaltigen Themen in massentaugliche Medienformate, die auch von breiten Bevölkerungsschichten angenommen werden und zu einem umweltfreundlicheren und sozialen Lebensstil anregen. Mit Greta Thunberg erhielt die Klimabewegung ein wichtiges Symbol, das ihr in der Vergangenheit fehlte. Die Dringlichkeit, auf die das Mädchen verwies, wurde von wissenschaftlichen Studien bestätigt: Wenn die großen Industrienationen so weitermachen wie bisher, dürfte sich die Erde bis Ende des Jahrhunderts um drei bis vier Grad aufheizen, Forscher halten maximal zwei Grad für verkraftbar.
Das ist nicht möglich ohne unmittelbare, subjektive Betroffenheit, die auch durch die Macht der Bilder erreicht wird. Nachrichten ohne Bilder sind seit Erfindung des Buchdrucks unvorstellbar. Bilder sind verständlicher und einprägsamer. Sie bleiben auch dann im Gedächtnis, wenn Worte ihre Wirkkraft verloren haben. Das zeigt in besonders beeindruckender Weise das Buch „Zerbrechlicher Planet. Zeichen des Klimawandels“, für das der Journalist Fritz Habekuß das Vorwort geschrieben hat. Dokumentiert wird das Ausmaß der dramatischen Veränderungen, die auf unserem Planeten vor sich gehen: tropische Wirbelstürme, Tornados, schwindende Gletscher, steigende Meeresspiegel, ausbreitende Wüsten, Wald- und Buschbrände, Dürren, Hochwasser und gestörte Ökosysteme. Vor Augen geführt wird das „Werk“ der Menschen - nicht die Menschen selbst. Über 230 Fotografien, Vorher-Nachher-Vergleiche (z.B. aus Italien und Indien belegen, wie sich die Umwelt im Corona-Lockdown 2020 teilweise erholen konnte) und Satellitenaufnahmen illustrieren die Auswirkungen von Naturgewalten und veranschaulichen die Folgen des Klimawandels anhand aktueller Beispiele, die auf die Fragilität des Planeten aufmerksam machen und zugleich dessen einzigartige Schönheit zeigen.
Nachhaltigkeitspolitik: Ist der Schutz der Biodiversität unterrepräsentiert?
Zerbrechlicher Planet. Zeichen des Klimawandels. Mit einem Vorwort von Fritz Habekuß. Aus dem Englischen von Dagmar Brenneisen. KOSMOS Verlag, Stuttgart 2021.
Alexandra Hildebrandt und Nicole Simon: Im Augenblick sein: Warum wir Bilder der Nachhaltigkeit brauchen. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. SpringerGabler Verlag, Berlin, Heidelberg 2020.