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Zukunft? Was Jugendliche heute am meisten beschäftigt

Der Schutz von Umwelt und Klima ist weiterhin ein dringliches Thema für junge Menschen – trotz Coronapandemie. Das bestätigt die Studie „Zukunft? Jugend fragen! – 2021“. Die Gruppe der befragten Menschen hat die gleiche Zusammensetzung bezüglich Alter, Gender und Bildung wie die gesamte Bevölkerung zwischen 14 und 22 Jahren in Deutschland. Die Verteilung der Befragten auf die deutschen Bundesländer ist ebenfalls repräsentativ. Die meisten sind überzeugt, dass der Klimawandel durch gemeinsames Engagement bekämpft werden kann. Sie finden, dass die Politik mehr auf junge Menschen hören sollte.

  • Mehr als 80 % finden soziale Gerechtigkeit, den Zustand des Bildungswesens, Umwelt- und Klimaschutz sowie den Zustand des Gesundheitssystems sehr wichtig.

  • Die Auswirkungen des Klimawandels belasten junge Menschen: Trauer, Mitleid, Wut und Angst spielen neben dem Empfinden von Ungerechtigkeit eine wichtige Rolle.

  • 18 % der Befragten sind mit Blick auf die persönliche Zukunft in den nächsten 20 Jahren eher pessimistisch.

  • 53 % schätzen die gesellschaftlichen Zukunftsaussichten in Deutschland als negativ ein.

  • 71 % äußern sich pessimistisch zum Zustand von Umwelt und Klima in der Zukunft.

  • Die Auswirkungen des Klimawandels belasten junge Menschen: Trauer, Mitleid, Wut und Angst spielen neben dem Empfinden von Ungerechtigkeit eine wichtige Rolle.

  • Ca. 50 % berichtet, dass das Engagement junger Menschen für den Klimaschutz das eigene Leben beeinflusst, etwa indem sie sich mehr mit umwelt- und klimafreundlichen Handlungsmöglichkeiten befassen.

  • Nachhaltiges Verhalten im Alltag fällt jungen Menschen leichter als sich zivilgesellschaftlich zu engagieren, also beispielsweise demonstrieren zu gehen.

  • Die Befragten sind der Meinung, dass auch die Bundesregierung, Industrie und Wirtschaft mehr für den Umwelt- und Klimaschutz tun sollten.

  • Obwohl Umwelt- und Klimaschutz auf Social Media eher eine Nebenrolle spielt, sind die Plattformen erste Anlaufstelle für junge Menschen, um sich zu diesen Themen zu informieren. Den Einfluss von Social Media nehmen junge Menschen differenziert wahr: Sie sehen vor allem Gefahren der Konsumsteigerung und Gesellschaftsspaltung, aber auch Chancen für Vernetzung und Kommunikation zu Umwelt- und Klimaschutz.

Eine wichtige Stimme der jungen Generation ist Ann-Sophie Czech, die in ihrem Erfahrungsbericht über das Suchen und Finden von Bestimmung in der Nachhaltigkeit, „Generation ‚You can do this‘“, schreibt: „Ich habe das Gefühl, dass meine Generation auf der Suche nach Bestimmung die Zerrissenheit zwischen den alten, etablierten, wirtschaftlichen Strukturen und dem Aufbruch in etwas Neues, von dem wir aber noch nicht richtig wissen, was sich da genau entwickelt, zu überbrücken versucht. Manchmal mache ich mir Sorgen, dass wir dabei unseren Optimismus verlieren, etwas bewirken zu können, und die Chance verpassen, unsere eigene nachhaltige Zukunft zu schreiben. Obwohl ich dabei Gefahr laufe, zu optimistisch und idealistisch zu klingen, ist es doch viel wichtiger, das brennende Haus vor dem Einsturz zu bewahren, indem ich mir die aktuell dringlichsten Fragen unserer Zeit stelle: Was kann ich tun und wo muss ich anpacken?“

Die Jugendstudie „Jugend in Deutschland – Winter 2021/22“ des Kemptener Jugendforschers Simon Schnetzer und des Berliner Bildungsforschers Klaus Hurrelmann zeigt, dass 48 % der 14- bis 29-Jährigen der Klimawandel stärker umtreibt als etwa die Zukunft des Rentensystems, die Folgen einer Inflation (46 %) oder einer Spaltung der Gesellschaft (44 %). Rund 60 % sind nach wie vor regelmäßig privat mit einem Auto unterwegs. Mehr als 80 % können sich ein Leben ohne Auto nicht vorstellen. Nur 19 % der Befragten zeigten sich bereit, dauerhaft auf ein eigenes Auto verzichten zu wollen. 27 % möchte nicht mehr fliegen. Die Ergebnisse zeigen, dass die größte Sorge den meisten zwar der Klimawandel bereitet, doch viele nicht bereit zu einem nachhaltigen Lebenswandel sind.

Verantwortlich dafür sei zum einen unsere Gehirnarchitektur und zum anderen die menschliche Bequemlichkeit. Die Medienpsychologin Maren Urner bemerkt zu Ersterem: „Schmelzende Gletscher und halb verhungerte Eisbären mögen zwar eindrucksvoll wirken, sind aber viel zu weit weg von mir, um mein Steinzeithirn in den Handlungsmodus zu versetzen.“ Solange uns der Klimawandel nicht direkt berührt, fühlen wir uns sicher und kommen nicht ins Handeln. Klaus Hurrelmann sagt, dass der größte Gegenspieler von Veränderung „die Komfortzone des Wohlfahrtstaats“ ist, „in der sich die jüngere Generation nach dem Vorbild ihrer Eltern bequem eingerichtet hat.“

Das beeinflusst auch ihr Weltbild, sodass deren Zustand im Unterschied zum eigenen näheren Umfeld vielleicht sogar als zu negativ eingeschätzt wird, wie Maren Urner bemerkt: „Der Hang zum Negativen in der Berichterstattung verfälscht eben auch unsere Sicht auf die Welt, sodass wir die Welt schlechter einschätzen, als sie ist.“ Am Ende passiert alles nur in unserem Kopf und wir sollten uns als erstes mit uns selbst beschäftigen. Wenn Stress, Angst und das Gefühl von Machtlosigkeit nachlassen, ist schon ein wesentlicher Beitrag für die Problemlösung getan. Wer alles in einem schlechten Licht betrachtet, sieht auch für die Zukunft schwarz. Wo kollektiv die Erinnerung nur aus Kriegen und Katastrophen besteht, sind auch die Zukunftsvisionen entsprechend düster.

Für den Sozialpsychologen Harald Welzer ist eine exakte Wirklichkeitstüchtigkeit mit der Neugier darauf verbunden, was wohl aus dem werden mag, was man denkend und handelnd beginnt. Es geht um eine Art „Schubs“ in die Richtung, „die man für vielversprechend hält. Und dann schauen, was herauskommt.“ Krisen können eine enorme Chance sein, weil sie dazu führen, das Leben wieder bewusster wahrzunehmen und zu erkennen, dass ein „Weiter-so“ nicht möglich ist. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass die verschiedenen Generationen aufeinander angewiesen sind und gesellschaftliche Probleme nur gemeinsam gelöst werden können. Im Rahmen von Untersuchungen zum Thema Bauchgefühl und Nachhaltigkeit mit dem Personalexperten Werner Neumüller wurden folgende Aspekte erarbeitet, die dafür wichtig sind.

  • digitales Mindset

  • Ethik und Besonnenheit

  • Kreativität

  • kritisches Denken und Handeln

  • Mut für neue Formen der Zusammenarbeit mit Herz, Verstand und Intuition.

  • Resilienz

  • vielseitige Kompetenzen.

All das erfordert „Persönlichkeit und die Nutzung aller Potenziale: in Balance“ (Felicitas Birkner).

  • Bauchgefühl im Management. Die Rolle der Intuition in Wirtschaft, Gesellschaft und Sport. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag 2021.

  • Ann-Sophie Czech: Generation „You can do this“. Ein Erfahrungsbericht über das Suchen und Finden von Bestimmung in der Nachhaltigkeit. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020, S. 89-101.

  • Maren Urner: Raus aus der ewigen Dauerkrise. Mit dem Denken von morgen die Probleme von heute lösen. Droemer Verlag, München 2021.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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