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Zurück in den Beruf: Im Gespräch mit Britta Mues-Walter (Teil 3)

Britta Mues-Walter ist Gründerin von Mues-Walter Executive Search und Mitbegründerin von &ahead, wo sie Frauen hilft, nach längeren Unterbrechungen zurück in das Berufsleben zu kommen und ihre Karrieren fortzuführen.

Ich habe ein spannendes Gespräch mit ihr geführt über unsere Lebenswege, über Frauen in Führungspositionen und über die Herausforderung von Frauen, nach einer Schwangerschaft oder Erziehungspause, wieder in die Karriere zurückzufinden.

Teil 1 und Teil 2 sind bereits in den vergangenen Wochen erschienen. Im dritten und letzten Teil sprechen wir darüber, welchen Problemen Frauen begegnen, die mit Kindern wieder in den Beruf einsteigen wollen. Wir unterhalten uns außerdem über Möglichkeiten, wie das in Zukunft besser werden kann.

Anabel: Viele Frauen machen sich Gedanken, wie es möglich ist, nach der Schwangerschaft wieder in den Job zu kommen und Karriere zu machen – und entscheiden sich letztendlich gegen Kinder. Andere Frauen machen sich bei der Schwangerschaft keine Gedanken darum, was wird, wenn sie wieder zurück in den Job wollen.Viele Arbeitgeber stellen Frauen in Führungspositionen erst ein, wenn sie älter sind als 45, damit sie keine Babypause mehr zu überbrücken haben. Was muss passieren, damit sich das ändert?

**Britta:**Unternehmen können durch flexiblere Arbeitszeiten und Vertrauensarbeitszeit den Weg ebnen und vereinfachen. Und wie eben schon mal angesprochen müssen die Frauen auch echtes Interesse zeigen und klar kommunizieren, wann und in welcher Form sie zurückkommen wollen. Wichtig ist: Kommunikation, Austausch während der Elternzeit und auch anbieten, etwas zu tun, um eingebunden zu bleiben. Der Stretch ist da – da muss man sich auch nichts vormachen. Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen hat einen Preis, aber den sollten eben nicht nur die Mütter durch das klassische Rollenmodell, das in Deutschland immer noch besteht, zahlen, sondern den sollte man sich teilen. Meine Einschätzung nach steigt das Ansehen von Männer mit Kindern und Familie sogar, auch beruflich gesehen. Bei Frauen schaut man immer skeptisch darauf, wie sie das denn wohl meistern würde. Das muss sich ändern und man muss beide gleichermaßen in die Verantwortung nehmen.
Es gibt zudem das Konzept des Returnship-Programms, eines strategischen Talent-Development-Programms, das von Goldman Sachs 2008 in den USA erstmals entwickelt wurde. Ein solches Karriere-Wiedereinstiegsprogramm ermöglicht es Firmen, Zugang zu sehr gut ausgebildeten Talenten mit circa sieben bis zwölf Jahren Berufserfahrung zu bekommen, die nicht mehr am Arbeitsmarkt sind, weil sie eine Karrierepause genommen haben, meist durch familiäre Verpflichtungen. Im Rahmen eines solchen 10- bis 16-wöchigen bezahlten Wiedereinstiegsprogramms wird eine Gruppe von Wiedereinsteiger*innen durch gezielte Programmelemente wie Selbstvertrauensaufbau, Präsentationsskills, ein Digital Bootcamp, Projektarbeit mit spezifischen Lerninhalten und Projektaufgaben wieder auf die Arbeitswelt und eine mögliche Tätigkeit im Unternehmen vorbereitet. Im idealfall erhalten Absolvent*innen eines solchen Programms dann einen Arbeitsvertrag. Heute gibt es weltweit circa 160 solcher Programme, jedoch bislang fast ausschliesslich in den USA und Teilen von Europa.
Wir als &ahead haben beispielsweise mit Fitch, einer der führenden Ratingagenturen, eine strategische Partnerschaft um das Credit Path Program. So heißt deren Wiedereinstiegsprogramm nach New York, Chicago und London, dass nun auch in Deutschland eingeführt wird. Nähere Informationen dazu findet man auf unserer Website unter CreditPath. Wir versuchen nun, deutsche Unternehmen für dieses Konzept zu gewinnen.
Wenn Unternehmen solche Programme anbieten, signalisieren sie damit, das sie Eltern, die auch Familienzeit wahrnehmen wollen, auch weiterhin als Talente im Blick haben, ihren Wunsch nach Work-Life-Balance respektieren auch langfristig an ihnen und ihren Kompetenzen und Erfahrungen interessiert sind. Damit ist ein wichtiger zu mehr Frauen in Führungspositionen gegangen. So verliert man den Kontakt zu Talenten nicht, die man im Unternehmen über Jahre aufgebaut und in sie investiert hat. Außerdem gibt man ihnen die Möglichkeit, mit einem solchen Programm auch nach einer längeren Pause, den Wiedereinstieg in die nächste Position und Führungsaufgabe zu ebnen und die Talente somit nicht zu verlieren. Das ist ein enormer Employer-Branding-Effekt. Stellen Sie sich vor, Sie bewerben sich bei einem Unternehmen mit solch einem Programm, das signalisiert: hier werde ich auch mit Familienplanung oder Kindern als Talent und Führungskraft weiter gefördert.

**Anabel:**Bei Männern wird meist nicht nach Kindern oder Kinderwunsch gefragt – warum ist Deutschland so traditionell?

**Britta:**Ich denke diese Frage hat am Arbeitsplatz weder bei Männern noch bei Frauen etwas zu suchen. Aber Sie haben Recht: ein Mann wird von seinen Vorgesetzten oder im Bewerbungsgespräch nie nach der Familienplanung gefragt – und wenn, dann wird es nicht als Hindernis angesehen, sondern im Sinne von "Toll, du hast drei Kinder!". Zu echter Veränderung kommt es hier nur, wenn mehr Männer anfangen, wie meist die Frauen die echte Verantwortung zu übernehmen. Das fängt an beim Windeln wechseln und dabei, nachts aufzustehen, wenn das Kind schreit und hört damit auf, dass man sich gemeinsam darüber abstimmt, wer dann für die Abholung aus der Kita und ähnliches zuständig ist, sofern beide ihre Karriere fortsetzen und womöglich auch mal Geschäftsreisen anfallen. Man sieht diese Verantwortung immer mehr, aber trotzdem noch viel zu wenig. Und bei den Frauen entsteht nicht nur eine Karrierelücke, die nur schwer wieder aufzuholen ist, sondern auch eine finanzielle Lücke – auch mit Blick auf die Rente oder Pension. Auch das sollte man als Paar früh genug besprechen, idealerweise schon bevor man Kinder hat.

Britta: In den sozialen Medien wurde in den letzten Monaten häufig darüber diskutiert, dass Corona Frauenrollen in die Steinzeit zurück katapultiert hat und der Auslöser dafür ist, dass Frauen noch weniger Chancen haben als vorher. Führt Corona dazu, dass die traditionellen Rollen wieder stärker gelebt werden?

Anabel: Mit Sicherheit ist an dieser Tendenz etwas dran. Da nämlich die Frau in den meisten Familien doch als diejenige wahrgenommen wird, die eher für die Kinder da ist – und zwar vom Mann wie auch in ihrer eigenen Rollenwahrnehmung – muss es noch gar nicht mal so sein, dass sich der Mann etwas dabei denkt, wenn er der Frau im Home Office auch den Vortritt dabei lässt, sich um die Kinder zu kümmern und allgemein die Situation zu regeln. Wichtig ist hier Transparenz: Frauen müssen deutlicher zu Hause und außen in den Medien zur Sprache bringen, wenn sie sich benachteiligt fühlen und wenn sie meinen, der Mann müsse sich mehr engagieren. Es gilt dann, Lösungen zu finden - mit dem Partner, mit dem Arbeitgeber, aber auch die Politik und allgemein Unternehmen sind hier gefragt, zu helfen, Aufklärungsarbeit zu leisten und Unterstützung anzubieten. Ansonsten wird die Schere der Diskrepanz von Karrieren berufstätiger Mütter und Männer nur größer.

Anabel: Durch Corona ist auf der anderen Seite die Digitalisierung und vor allem auch der Zwang auf virtuelle Meetings und Video Konferenzen zurückzugreifen, beschleunigt worden. Was für viele zuvor undenkbar war, virtuell zu führen, auf die Mitarbeiter und ihre Arbeit auch vom Home office zu vertrauen und zu motivieren, wichtige Meetings und entscheidungen zu treffen ohne sich persönlich gegenüber gestanden zu haben, sogar Einstellungen allein auf der Grundlage von Video Interviews, das war zuvor kaum denkbar und die absolute Ausnahme. Denken Sie das hilft beim Wiedereinstieg von Frauen nach einer Pause?

Britta: Ja, da ist ein virtueller Beschleunigungseffekt entstanden, der für den Wiedereinstieg förderlich sein wird.
Es ist viel einfacher und vor allem zum Alltag geworden, von zu Hause zu arbeiten – für Männer wie Frauen, das ist geschlechts-, alters- und kulturunabhängig geworden. Und das ist gut so. Die meisten Firmen werden gar nicht dazu dahin zurückgehen, alle Mitarbeiter wieder zurück im Büro haben zu wollen.
Auch einige Managementpositionen, die früher unweigerlich an hohe Reisebereitschaft geknüpft wurden, sind zukünftig auch von Frauen mit Kindern zu meistern, die nicht 2-3 Tage pro Woche unterwegs sein wollen oder können. Denn virtuelle Meetings sind vor allem durch Corona auch auf den Chefetagen zur Norm geworden.
Da gibt es meines Erachtens einige Dinge, die zu beachten sind: die Übergänge zwischen Beruflichem und Privatem sind durch die Arbeit im Homeoffice fließend geworden, es gibt keine Pausen mehr und man ist non-stop on – beruflich und privat. Der Weg zwischen Küche (Hausarbeit), Schreibtisch (Beruf) und Kinderzimmer (Familie) ist praktisch nicht mehr gegeben, wenn man ihn nicht neu schafft, also zeitliche und räumliche Grenzen setzt. Tut man das nicht, ist die Belastung zu groß und die Gefahr für eine Überlastung hoch. Man muss die Mitarbeiter sogar dazu auffordern, Pausen bewusst zu nehmen, damit sie nicht ausbrennen.
Vertrauensarbeitszeit und virtuelles Führen sind für die meisten Unternehmen noch neue Konzepte. Hierzu muss man noch Erfahrung und Selbstverständnis entwickelt und auch eine Basis, Tools und eine Kultur schaffen, damit das auch erfolgreich funktionieren kann.
Frauen sind hier den Männern voraus. Sie sind es gewohnt, das Büro zu verlassen, Kinder abzuholen, sie zu Nachmittagsaktivitäten zu bringen und dann abends weiter zu arbeiten. Wir sind hier sehr diszipliniert, denn sonst würden wir Familie und Beruf nicht unter einen Hut bekommen. Das kommt uns nun zugute.

Jedoch möchte ich auch anmerken, dass die meisten Frauen gerne wieder zurück ins Büro kommen und in einer reinen Arbeitsumgebung agieren möchten, sich mit Kollegen abstimmen et cetera. Das heißt, viele würden gerne 3- 4 Tage im Büro und 1-2 Tage vom Homeoffice arbeiten wollen, weil diese Flexibilität ihre Bedürfnisse optimal widerspiegelt.

Prof. Dr. Anabel Ternès schreibt über Leadership & Zukunftskompetenz, Digitalisierung & Arbeit 4.0, Nachhaltigkeit, Gesundheitsmanagement

Zukunftsfähige Unternehmen brauchen Nachhaltigkeit, gesunde Digitalisierung und Zukunftskompetenzen. Eine zukunftsfähige Welt braucht ein gesamtsystemisches Zusammenwirken aller Kräfte. Als eine der führenden Köpfe für Digitalisierung stehe ich für Nachhaltigkeit und verantwortungsvolle Handeln.

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