Harry & Meghan: Was können wir von der Emanzipation des Paars lernen?

Wenn Kinder aus familiären Strukturen ausbrechen, löst das oft heftige Reaktionen aus – nicht nur bei den britischen Royals. Welche Parallelen gibt es zwischen Familien- und Arbeitswelt?

Das Problem der Royals kennen viele Jungunternehmer

Sarna Röser
  • Meghan und Harry machen die Düse
  • Nachfolger in Familienunternehmen fragen sich auch oft „Bleiben oder gehen?“
  • Eine Lösung: Neu denken innerhalb alter Strukturen

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Jeder, der in einer Unternehmerfamilie aufwächst, spielt irgendwann mit dem Gedanken: „Was wäre, wenn es nicht so wäre, wie es ist? Was wäre, wenn ich die Nachfolge nicht anträte, stattdessen vielleicht Kunst oder Tiermedizin studieren würde?“ Oder für die Unternehmer, die schon mitten drinstecken: „Was wäre, wenn ich einfach hinwerfen und gehen würde?“ „Should I stay or should I go?“ – die Melodie dieses „Clash“-Songs summt sofort in meinem Kopf. Bei den meisten verflüchtigt sich dieser Gedanke genauso schnell, wie er aufgetaucht ist. Bei wenigen verfestigt er sich wie ein Ohrwurm, den man stundenlang nicht mehr loswird – so wie anscheinend aktuell im Fall Meghan und Harry, die sich entschieden haben, „die Firma“ zu verlassen.

Bleiben oder gehen? Beides erfordert Mut!

Szenario 1: Bleiben und Verantwortung übernehmen. Jedes Familienunternehmen hat das Ziel, den eigenen Betrieb an die kommende Generation zu übergeben. Es gibt nicht wenige, die bereits seit über 200 Jahren in Familienhand sind. Und häufig genug ist es so, dass die Kinder im Unternehmen– zwischen Baggern und Bürostühlen heranwachsen. Zu langjährigen Mitarbeitern entstehen emotionale Bindungen wie zuFamilienmitgliedern. Die Verantwortung wächst mit jedem Geburtstag, den man feiert. Und irgendwann steht man selbst eines Tages als Firmenchef vor den Mitarbeitern und trägt Verantwortung. Das verlangt eine riesige Portion Mut.

Verantwortung für andere

Es muss passen: die eigenen Fähigkeiten für die Rolle des Firmenchefs. Auch die Leidenschaft fürs Unternehmertum muss da sein, mit allen guten und schlechten Zeiten, die es mit sich mitbringt. Diese Leidenschaft braucht es, um mit Gewinneinbrüchen und Umsatzrekorden, mit Expansionen und Kündigungswellen zurechtzukommen. Natürlich müssen auch die äußeren (politischen) Rahmenbedingungen passen. Und die stimmen häufig nicht. So ist beispielsweise die bürokratische Last der häufigste Grund dafür, dass sich Menschen gegen das Unternehmer-Dasein entscheiden.

Verantwortung für sich selbst

Familienunternehmer tragen Verantwortung für viele Gruppen: für Kunden, Mitarbeiter, Geschäftspartner, für die Umwelt und die Region. Man könnte glatt vergessen, dass man gegenüber sich selbst ja auch Verantwortung trägt. Und aus dieser Einsicht heraus kommt es oft zu Szenario 2: gehen und jemanden anderen nachfolgen lassen. Es verlangt viel Mut, sich einzugestehen, dass die Verantwortung zu groß, die Leidenschaft zu klein ist beziehungsweise das Herz für andere Themen schlägt. Ich kenne wenige, die sich das eingestehen und sich für diesen Weg entscheiden. Aber es gibt sie. Sie wollen aus bekannten Mustern ausbrechen, neue eigene Strukturen schaffen und einen Sinn für ihr Tun finden.

Neu denken innerhalb alter Strukturen

Ich kann das Gefühl nachvollziehen, doch bin ich persönlich der Meinung: Es geht beides. Auch in traditionsgefestigten Strukturen eines Familienunternehmens kann man sich seinen eigenen Raum schaffen und seine Ideen in die Tat umsetzen. Das macht das Zusammenspiel der Generationen gerade aus. Da wird von uns Jungen auch verlangt, dass wir weiterdenken, neudenken und das Unternehmen aus- oder umbauen. Das bietet auch Chancen, sich seinen eigenen Freiraum zu schaffen, vielleicht auch sein eigenes Unternehmen neben dem Familienunternehmen zu gründen oder ein Spin-Off aufzusetzen. Das wäre dann Szenario 3 und der Weg, den ich persönlich gehe. Eine Kombination aus beidem.

Allerdings: Das ist ein Privileg, das wir junge Unternehmer genießen. In Königshäusern ist das vermutlich meist nur schwer umzusetzen, besteht ihr Sinn doch vor allem darin, Traditionen aufrechtzuerhalten. Und so kann ich ein bisschen mit Harry und Meghan und ihrer Sehnsucht nach etwas Neuem mitfühlen. Denn ein Leben so ganz ohne eigene Gestaltungsmöglichkeiten, das wäre auch nichts für mich.

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Sarna Röser
© DIE JUNGEN UNTERNEHMER / Anne Grossmann Fotografie
Sarna Röser

Bundesvorsitzende, Die Jungen Unternehmer

Die Unternehmerin (Jg. 1987) ist designierte Nachfolgerin eines Familienunternehmens in der Tiefbaubranche – in der bereits dritten Generation. Seit März 2018 ist Sarna Röser zudem Bundesvorsitzende des Verbands Die Jungen Unternehmer. In diesem engagiert sie sich seit 2010 als aktives Mitglied und seit 2013 zusätzlich als Vorstandsmitglied im Klub der Nachfolger. Ebenso ist sie im Kernteam der Digitalen Kommission tätig. Daneben gründete sie das Start-up Beamcoo und die Initiative Healthcare Innovations.

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