Wie sinnvoll ist es, das Kurzarbeitergeld bis Ende 2021 zu verlängern?

Die Regierung hat beschlossen, die Regeln zum erleichterten Kurzarbeitergeld bis Ende 2021 zu verlängern. Ist das das richtige Signal in der Coronakrise?

Der Mittelstand und das Virus: Kurzarbeit reicht nicht

Sarna Röser
  • Die Coronakrise zwingt die deutsche Wirtschaft zu einer Vollbremsung
  • Die Mittelstandslücke muss geschlossen, Kurzarbeitergeld angehoben werden
  • Wir brauchen eine Exitstrategie, die Gesundheit und Wirtschaft schützt

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„Bleib gesund!“ Damit sind nicht nur gute Wünsche gemeint, sondern es ist vor allem auch ein Appell. Die eigene Gesundheit kann dazu beitragen, viele andere zu retten. Social Distancing und #wirbleibenzuhause sind das Gebot der Stunde. Unser aller Gesundheit hat oberste Priorität.

Es gibt in der Coronakrise aber auch einen Patienten, dem man mit Quarantäne nicht helfen kann, sondern ihm zusetzt: die Wirtschaft. Die bisherigen Symptome? Liquiditätsengpässe, Auftragseinbrüche, Personalausfälle. Die Behandlung? Schwierig – insbesondere weil nicht absehbar und damit auch nicht kalkulierbar ist, wie lange der Shutdown und andere Einschränkungen dauern werden.


Sehen Sie auch hier das Video-Interview mit der Arbeitsrechtlerin Christin Herken zum Thema “Was bedeutet Kurzarbeitergeld für Nebenverdienst, Urlaub und Elterngeld?”


Als Unternehmerin und als Vorsitzende des Verbands der Jungen Unternehmer höre ich von vielen zuvor erfolgreichen Firmen, die auf einmal vor der Existenzfrage stehen. Umfragen unter deutschen Familienunternehmen zeigen: Ohne Hilfe übersteht ein Drittel von ihnen keine zwei Monate. Es ist gut, dass die Politik so schnell aktiv geworden ist, aber man darf sich jetzt nicht darauf ausruhen. Es ist nun wichtig, die neuen Gesetze schnellstmöglich umzusetzen und feinzuschleifen, damit sie bei den Unternehmen und Mitarbeitern ankommen und auch wirklich etwas bewirken.

Mittelstandslücke schließen

Die Hilfsangebote in Deutschland, wie Kurzarbeit und Steuerstundung, werden von den Unternehmen gut genutzt. Zwei Drittel der deutschen Familienunternehmen haben schon Kurzarbeitergeld beantragt oder wollen es in diesen Tagen tun. Das zeigt, wie schnell und radikal die Einschnitte dort spürbar sind. Doch wer Hilfe darüber hinaus braucht und mehr als zehn, aber weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt, der steckt in der Mittelstandslücke fest. Die muss dringend geschlossen werden. Denn während die ganz kleinen Unternehmen direkte Zuschüsse vom Staat bekommen und solche mit mehr als 250 Mitarbeitern die Möglichkeit von Staatsbeteiligungen haben, soll sich der breite Mittelstand ohne staatliche Hilfe selbst finanzieren, entweder über Kredite oder über Steuer- oder Sozialversicherungsstundungen. Ohne Teilzuschüsse wird es für manche Branchen und viele Unternehmen aber bei laufenden Fixkosten und Krediten nicht gehen.

Darüber hinaus sollte überlegt werden, bei niedrigen Einkommen das Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent anzuheben und es voll vom Staat finanzieren zu lassen. Aktuell liegt die Lohnersatzrate des Kurzarbeitergeldes bei 60 Prozent, 67 mit Kindern im Haushalt. Insbesondere für Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen kann sich das als großes Problem erweisen, wenn sie plötzlich auf mindestens ein Drittel ihres Einkommens verzichten müssen.

Junge Familienunternehmer setzen auf den „Mittelstand PC“ – Post Corona

Mein Appell an die Politik ist: schnell und unbürokratisch Hilfe für den gesamten Mittelstand zu leisten, damit das Rückgrat unserer Wirtschaft die Krise übersteht. Zudem brauchen wir eine Exitstrategie, die weder auf Kosten der Gesundheit noch der Wirtschaft geht. Klare Ansagen von der Bundesregierung, wann oder zumindest unter welchen Bedingungen das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben wieder hochgefahren wird, helfen uns, Insolvenzen vorzubeugen und Ausfälle bei Rückzahlungen der Überbrückungskredite planbarer zu machen. Denn: Anstatt Hilfsprogramme zu beanspruchen, setzt die Wirtschaft langfristig lieber auf eigene Umsätze, um Unternehmen und Beschäftigung zu sichern.

Auch uns jungen Familienunternehmern ist bewusst, dass Covid-19 eine noch nie dagewesene Zäsur für die Wirtschaft bedeutet. Keiner von uns hatte bisher solch eine Herausforderung zu bewältigen, und niemand weiß, wie lange der Krisenzustand anhalten wird. Aber wir wachsen an unseren Aufgaben und setzen uns dafür ein, Beschäftigung zu sichern, notwendige Produkte sowie Dienstleistungen zu garantieren und die Wirtschaft am Laufen zu halten.

Jeder unserer Traditionsbetriebe hat seine eigene weitreichende Firmengeschichte. Wir als junge Wirtschaftsgeneration leisten unseren Beitrag dafür, dass das Jahr 2020 nicht das letzte Kapitel in den Wirtschaftslehrbüchern sein wird, sondern der Auftakt zum „Mittelstand PC“ – Post Corona.


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Veröffentlicht:

Sarna Röser
© DIE JUNGEN UNTERNEHMER / Anne Grossmann Fotografie
Sarna Röser

Bundesvorsitzende, Die Jungen Unternehmer

Die Unternehmerin (Jg. 1987) ist designierte Nachfolgerin eines Familienunternehmens in der Tiefbaubranche – in der bereits dritten Generation. Seit März 2018 ist Sarna Röser zudem Bundesvorsitzende des Verbands Die Jungen Unternehmer. In diesem engagiert sie sich seit 2010 als aktives Mitglied und seit 2013 zusätzlich als Vorstandsmitglied im Klub der Nachfolger. Ebenso ist sie im Kernteam der Digitalen Kommission tätig. Daneben gründete sie das Start-up Beamcoo und die Initiative Healthcare Innovations.

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