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Thanks to Christoph Oshana@unsplash.com

Alterdiskriminierung. Oder „Ene mene meck, und du bist weg“

„Weg bist Du noch lange nicht …“, so geht es in einem der bekanntesten Kinderabzählreimen weiter. Nur geht es bei diesem Thema nicht um ein lustiges Kinderspiel, sondern um die Ausgrenzung einer Generation.

Doch genau diese Generation 50+, die für mich bereits mit 45 Jahren beginnt, hat nicht selten einen großen Anteil an der positiven Entwicklung ihrer Unternehmen. Denn sie weiß, was es heißt anzupacken, das Ruder rumzureißen, den Kopf nicht in den Sand zu stecken und schon gar nicht in Panik zu verfallen. Nicht selten haben diese Menschen, die heute diskriminiert, aussortiert und teilweise sogar gemobbt werden, genau die Firma mit aufgebaut, weiterentwickelt und zu dem gemacht, was sie heute ist, die sie nun so behandelt.

Wer, wenn nicht die Personen um die es geht selbst, können darüber entscheiden, wann sie zu „alt“ für diese Wirtschaft und für die Arbeit sind. Lee Iacocca, einer der erfolgreichsten US-Manager der Autoindustrie und mehrfacher Buchautor sagte einmal in einem sehr passenden Zitat: „Ich habe es immer lächerlich gefunden, dass wir einen Mann automatisch in den Ruhestand schicken, sobald er 65 wird, ganz gleich, in welchem Zustand er sich befindet. Wir sollten uns auf unsere älteren Führungskräfte stützen. Sie haben die Erfahrung. Sie sind weise.“ Einige Unternehmen beherzigen diesen Rat mittlerweile und rekrutieren wieder ehemalige Mitarbeiter*innen aus dem Ruhestand. Ich finde das gut und stimme Lee Iacocca absolut zu. Jedoch geht es bei dem Thema Altersdiskrimierung nicht darum.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), gerne auch als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnet soll u. a. Menschen davor schützen, aufgrund Ihres Alters diskriminiert oder aussortiert zu werden. Aber ganz ehrlich, was bringt dieses Gesetz? Definitiv nicht das, wofür es 2006 geschaffen wurde. Ich arbeite fast überwiegend mit Menschen zwischen 50 – 60+ Jahren und ich darf sagen, dass ich diese Generation, zu der ich übrigens auch gehöre, auf vielerlei Arten bewundere und allemal respektiere. Wirklich alle Punkte, die man ihnen vorwirft oder mit denen man sie belastet, ja im Endeffekt diskriminiert, wurden in mehrfachen Studien widerlegt. Mangelnde Lern- oder Einsatzbereitschaft und Flexibilität, sind genau so wenig fundiert, wie die Behauptungen, dass diese Menschen zu oft krank wären, sich nicht mehr integrieren können, mit den „Jungen“ nicht klarkommen würden, eine zu hohe Gehaltsforderung hätten und vieles mehr. Bullshit, entschuldigen Sie meine Deutlichkeit. Das sind Behauptungen, die nur allzu oft an den Haaren herbeigezogen sind und in fast allen Fällen als „Ausrede“ dafür genutzt werden, mit dieser wertvollen Generation nicht zusammenarbeiten und sie einstellen zu müssen. Natürlich steht es Jedermann frei, gegen Entscheidungen zu klagen. Aber ganz ehrlich, selbst wenn Sie Recht bekommen, so erhalten Sie sicherlich nicht den Job, auf den Sie sich beworben haben. Und ein Exempel statuieren Sie damit ebenso wenig.

Das Erschreckendste ist, dass nicht nur Bewerber*innen mit diesen Vorurteilen zu kämpfen haben, sondern auch Personen, die noch in Arbeit sind. Es gibt eine Vielzahl an Beispielen, dass ältere Arbeitnehmer*innen an Ihrem Arbeitsplatz schlechter behandelt werden, als die jüngeren Kolleg*innen. Ich selbst bekomme von meinen Klient*innen immer wieder solche Beispiele zu hören. Letzte Woche hatte ich ein Gespräch mit einem Interessenten, dem Mann (59) wurden von seinem Arbeitgeber die Aufgaben entzogen und man platzierte ihn an eine unscheinbare Stelle im Unternehmen. Da sitzt er nun ganz alleine, bekommt Aufgaben, die weder seiner Qualifikation entsprechen, noch irgendetwas mit der Entwicklung der Firma zu tun haben. Dieser Mann ist übrigens seit über 16 Jahren im Unternehmen. Seine ersten Worte zu mir waren: „Man hat mich aufs Abstellgleis gestellt.“

Geht der Respekt vor erfahrenen Menschen verloren, fällt die Wertschätzung bei diesen Personen weg, werden Sie ausgegrenzt und auf das eben genannte „Abstellgleis“ geschoben? Wo bleibt die von Unternehmen geforderte Loyalität gegenüber diesen Generationen und wo die Integrität. Wir sprechen von Diversity. Gehören die Generationen nicht ebenso in dieses Thema integriert?

„Jetzt übertreiben Sie aber.“ Sicherlich gibt es Einige, die das behaupten, aber so ist es definitiv nicht, denn zum Thema „Altersdiskriminierung“ befinde ich mich in bester Gesellschaft. So titulierte die „WELT“ in einem aktuellen Artikel vom 12.01.2022 Folgendes: „Am liebsten „Mitarbeiter zwischen 25 bis 45“ – das müssen Sie sich nicht gefallen lassen.“

https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/article227636975/Altersdiskriminierung-Nur-Mitarbeiter-zwischen-25-bis-45-Wehren-Sie-sich.html

Die FAZ.net zum Beispiel nimmt sich mit folgender Überschrift dieses Themas an: „Es gibt oft Vorurteile gegenüber Älteren.“

https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/buero-co/psychologin-zu-vorurteilen-gegenueber-aelteren-im-beruf-17240176.html

Es gibt noch eine Vielzahl an weiteren Artikeln, Studien, Umfragen etc. die klar widerlegen, dass die älteren Arbeitnehmer*innen und Kandidat*innen in der heutigen Zeit beruflich nicht mehr mithalten können.

Mein Wunsch an die Unternehmen da draußen. Lernen Sie wieder Respekt vor der Generation 50+ zu haben. Denn da wo Wertschätzung und Anerkennung in Unternehmen gelebt werden, da wo man sich auf Bewerbungen der Generation 50+ freut, sie wirklich liest und die Bewerber*innen zu einem fairen Gespräch einlädt, da wo man einen Arbeitsvertrag mit einem 55, 60 oder auch 65-Jährigen abschließt. Genau in diesem Unternehmen hat Altersdiskriminierung keine Chance.

Henry Ford hat es auf den Punkt gebracht, als er sagte: „Nimm die Erfahrung und die Urteilskraft der Menschen über 50 heraus aus der Welt, und es wird nicht genug übrigbleiben, um ihren Bestand zu sichern.“

Liebe Unternehmen, geben Sie der Generation 45-65 eine Chance, zu zeigen was Sie können. Gönnen Sie Ihren Mitarbeiter:innen eine Weiterbildung auch in diesem Alter. Bauen Sie auf die Erfahrung, die diese wertvollen Menschen mitbringen. Integrieren Sie diese Kräfte, übrigens auch im Bezug auf den „Fachkräftemangel“. Tauschen Sie sich mit der erfahrenen Generation aus, laden Sie sie ein, integrieren Sie sie und nehmen Sie auch einmal deren Rat an. Daran ist nichts Schlimmes, aber viel Ehrliches.

Denken Sie an den zweiten Teil des Kinderabzählreims…“weg bist Du noch lange nicht.“

Danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte bleiben Sie gesund, gleich welcher Generation Sie angehören.

Herzlichst

Michael H. Hahl

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MICHAEL HANS HAHL schreibt über Generation 50+, Veränderungsprozesse, Perspektiven im Unternehmen, Markt-/Kommunikationsstrategie

Herzlich Willkommen, ich bin Michael Hans Hahl, Sparringspartner für Prozesse, Matching, Wege und generationsübergreifendes Arbeiten. Seit fast 20 Jahren berate, coache, trainiere und spreche ich über die Themen Karriere, Personal, Jobchancen. Die Generation 50+ liegt mir dabei besonders am Herzen.

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