Cultural Fit? Gewusst wie! Mehr machen, weniger reden…
Wer zählt die Studien, nennt die Namen? könnte man sich in Anspielung auf Schillers bekannte Ballade „Die Kraniche des Ibykus“ erstaunt fragen, betrachtet man die schier unübersehbare Menge an aktuellen Untersuchungen zum Thema Cultural Fit. Und alle kommen zum selben Ergebnis: Harmonieren Unternehmen und Bewerber wertemäßig nicht, kann dies sehr schnell zum K.O.-Kriterium für das Beschäftigungsverhältnis werden.
Da nimmt es Wunder, dass sich so viele Arbeitgeber noch immer schwertun, die kulturell passenden Mitarbeiter zu finden und dauerhaft an sich zu binden. Statt tragfähige Cultural-Fit-Konzepte zu entwickeln, hören sie bei der Bewerberauswahl lieber auf ihr Bauchgefühl – und merken häufig erst zu spät, zu welch fatalen Fehlentscheidungen sie diese ominöse Instanz zu führen imstande ist.
Besser ist es daher, ein kulturbasiertes Recruiting zu etablieren, das systematisch für Transparenz über die vorhandenen Werte, Normen und Einstellungen sorgt – und zwar auf beiden Seiten, ob Unternehmen oder Bewerber. Denn wo keine Klarheit über kulturelle Besonderheiten herrscht, können diese auch nicht gematcht werden, nicht wahr?
Kultur-Workshops markieren den ersten Schritt dieses Erkenntnisprozesses. Mitarbeiter und Führungskräfte aller Geschäftsbereiche kommen dabei für ein bis zwei Tage zusammen, um über die unternehmenseigenen Wertvorstellungen, Verhaltensmuster und Rituale zu diskutieren: Wie wird kommuniziert – Top-down, wertschätzend, persönlich oder offen? Wie beurteilen Mitarbeiter die Kompetenz ihrer Chefs? Vertrauen sie auf deren Entscheidungen? Wie erfolgt die Zusammenarbeit, wird dabei auf Teamfähigkeit geachtet? lauten nur einige der zentralen Fragen, zu denen sich die Workshop-Teilnehmer regelmäßig austauschen und gegebenenfalls Kurskorrekturen anstoßen müssen. Denn nicht immer entspricht eine Unternehmenskultur den Bedürfnissen der Beteiligten oder dem Bild, das man nach außen abgeben möchte. Dann aber ist Veränderungsmanagement angesagt.
Change Management dient dazu, das Delta zwischen Status quo und angestrebter Unternehmenskultur zu überbrücken. Wer zum Beispiel die Servicekultur verbessern möchte, muss seinen Mitarbeitern ausreichend Freiräume zur Berücksichtigung der Kundenwünsche gewähren und darf sie nicht unter Zeit- und Kostendruck setzen. Wer flache Hierarchien einführen will, hat die Führungskräfte zu verpflichten, möglichst wenig in die Entscheidungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugreifen. In jedem Fall müssen die Arbeitgeber ihre Belegschaft motivieren, sich auf die Change-Vorhaben einzulassen – was die Überwindung möglicher Abwehrhaltungen einschließt. Dies gelingt umso besser, je authentischer und standhafter das Management die neuen Unternehmenswerte und -ziele vertritt: Bloße Lippenkenntnisse werden schnell entlarvt und tragen noch mehr zur Verunsicherung der Belegschaft bei.
Strukturierte Interviews sind wie kein anderes Instrument geeignet, auf Bewerberseite die Weichen für eine objektive Ermittlung des Cultural Fit zu stellen. Während bei freien Befragungen Personalentscheidungen oft nur aufgrund von Sympathie getroffen werden, kann bei strukturierten Interviews die wertemäßige Einstellung von Kandidaten gegen die vorhandene Unternehmenskultur anhand von Vorlagen systematisch abgeglichen werden. Dazu gehören Fragen nach den persönlichen Beurteilungskriterien für eine gute Teamarbeit und Arbeitsatmosphäre. Ebenso werden die Ansprüche an optimale Rahmenbedingungen für die Erbringung einer Top-Leistung und an ideale Chefs eruiert. Schritt für Schritt erschließen sich so die Persönlichkeit und der Charakter eines Kandidaten, die mit der Arbeitgeber-DNA harmonieren sollten. Wer etwa die viel gerühmte „Work-Life-Balance“ favorisiert, sollte keinesfalls einen Arbeitgeber mit Fokus auf Karriereorientierung wählen.
Kultur-Workshops, Change Management und strukturierte Bewerber-Interviews: So lautet der Dreischritt für Arbeitgeber, die sich bei Stellenbesetzungen nicht länger auf ihre Intuition oder die Auswertung von Bewerbungsunterlagen verlassen wollen. Statt „Cultural Fit durch Hellsehen“ zu betreiben, wie es ein Wollmilchsau-Blog treffend formuliert, ist es höchste Zeit, methodisch bei der kulturellen Passung vorzugehen. Denn noch immer wechseln rund 50 Prozent aller Fachkräfte mindestens einmal den Job aufgrund mangelnder Identifikation mit der Arbeitgeber-Kultur.
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Vor 15 Jahren gab es weder soziale Medien noch Smartphones, agiles Arbeiten war hierzulande unbekannt. Unvorstellbar, was in den kommenden 15 Jahre alles Neues entstehen und wie sich unsere Arbeitswelt entwickeln wird! In welchen Berufen werden wir künftig überhaupt arbeiten – und wie? Wie verändert die künstliche Intelligenz den Recruiting-Prozess? Wird die Arbeitswelt von morgen gerechter sein – oder tiefer gespalten?
Zusammen mit dem Zukunftsforscher und Gründer des Trendbüros, Professor Peter Wippermann, hat XING 15 Trends untersucht, die Arbeitnehmer und Unternehmen betreffen und die Gesellschaft verändern werden. Unsere Prognosen basieren auf der wissenschaftlichen Expertise des Trendbüros, einer repräsentativen Umfrage unter den XING Mitgliedern und E-Recruiting-Kunden sowie aus unserer Erfahrung als Vorreiter beim Thema New Work.
Die 15 Trends lassen wir ab dem 5. November täglich auf XING diskutieren – auf XING Klartext, von unseren XING Insidern und im XING Talk. Alle Beiträge finden Sie gesammelt auf einer News-Seite.
• In der Woche ab dem 5. November dreht sich alles darum, was sich für den einzelnen Arbeitnehmer ändert.
• Ab dem 12. November diskutieren wir eine Woche lang die Folgen des Wandels für Unternehmen.
• Eine Woche später, ab dem 19. November, thematisieren wir, wie sich unsere Gesellschaft verändern wird.
Bei Fragen, Feedback und Ideen erreichen Sie die Redaktion von XING News unter klartext@xing.com. Wir freuen uns auf spannende und hitzige Diskussionen!