Damit Du Dich nicht unter Wert verkaufst: Checke, was Du verdienen kannst (©getty images)

Die bittere Wahrheit über Dein Gehalt: So findest Du heraus, ob Du Opfer ungerechter Bezahlung bist

Wieder Ebbe auf dem Konto und der Monat ist noch lange nicht vorbei? Warum Du mit Kolleg•innen über das Gehalt sprechen solltest und wie Du es schaffst, gerechter bezahlt zu werden.

Bei Frag' Dein XING beantworten von XING ausgewählte Expert·innen deine ganz persönliche Frage zum Thema Job & Karriere. Praxisnah helfen sie Dir dabei, Lösungen zu finden, die zu Dir passen. Heute unser XING Insider Sebastian Holtkemper.

Frage der Woche:

Ich rackere mich im Job ab, glaube aber, dass meine Kolleginnen und Kollegen bei gleicher Arbeit mehr verdienen. Wie kann ich das herausfinden und fordern, was mir zusteht?
Natascha, 27
Sebastian Holtkemper ist Geschäftsführer vom Tech-Venture itesys AG und Forbes Business Council Member. - ©Sebastian Holtkemper
Sebastian Holtkemper ist Geschäftsführer vom Tech-Venture itesys AG und Forbes Business Council Member. - ©Sebastian Holtkemper

Liebe Natascha,

eine gerechte Bezahlung ist in der heutigen Arbeitswelt leider längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Was genau ist ein angemessenes und faires Gehalt in Deiner Firma und Branche? Dieser Artikel soll Dir als Leitfaden dienen, um herauszufinden, ob du fair und gerecht bezahlt wirst.

Die Führungsriege in Firmen macht sich das altbekannte Sprichwort „Über Geld spricht man nicht“ gern zu Nutze. Doch wenn es um Dein Gehalt geht, sind Zurückhaltung und Bescheidenheit meistens schlechte Ratgeber.

Seien wir einmal ehrlich: Die allermeisten Menschen arbeiten nicht aus Spaß an der Freude oder um ihrem Chef einen Gefallen zu tun.

Immer häufiger lassen sich Arbeitnehmende mit deutlich zu wenig Gehalt abspeisen. Gehe mutig und selbstbewusst an das Thema heran.

Du vermutest, dass Du zu wenig verdienst? Mit dem folgenden Leitfaden findest Du heraus, ob Du gerecht bezahlt wirst:

Frag Deinen Arbeitgeber

Bereits im Juli 2017 ist das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen in Kraft getreten. Das Credo „Gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit“ hat damit fundamental an Bedeutung gewonnen. Für Arbeitnehmer·innen besteht seit 2018 ein Anspruch auf eine individuelle Auskunft. Nicht falsch verstehen: Aus datenschutzrechtlichen Gründen hast Du selbstverständlich kein Recht darauf, die Gehälter von konkreten Arbeitskolleginnen oder -kollegen zu erfahren.

Dein Arbeitgeber ist jedoch dazu verpflichtet, Dir auf Wunsch mitzuteilen, was Kolleginnen und Kollegen in vergleichbaren Positionen durchschnittlich in der Firma verdienen. Der Gesetzgeber bezweckt damit, dass Arbeitgeber•innen Männer und Frauen für vergleichbare Leistungen fair und gerecht bezahlen. In allen Organisationen mit mehr als 200 Arbeitskräften gilt diese Vorgabe.

Frag das Internet

Wenn Du Dich nicht traust, Deine·n Chef•in anzusprechen: Oftmals ist ein gründlicher Blick ins Internet schon hilfreich.

Gehaltskalkulatoren im Netz bieten einen schnellen Einblick in branchenübliche Durchschnittslöhne und geben Dir eine erste Einschätzung, ob du aktuell fair bezahlt wirst.

Die Ergebnisse können Dir durchaus eine Tendenz zeigen und Dir einen Impuls geben, Dich für eine faire Honorierung Deiner Leistung einzusetzen.

Extra-Tipp: XING empfiehlt den Gehaltscheck seines Schwesterunternehmes kununu.

Frag Deine Kolleginnen und Kollegen

Oft ist es ein Tabuthema, sich unter Kolleginnen und Kollegen über die Höhe des Gehalts auszutauschen.

„Über Geld spricht man nicht“ ist eine verbreitete Verhaltensweise.

Wenn Du den Verdacht hast, dass Dein·e Chef•in bezüglich Bezahlung nicht fair mit Dir umgeht, ist es zu empfehlen, den Austausch mit engen Kolleginnen und Kollegen zu forcieren. Dies gibt Dir die Möglichkeit herauszufinden, ob Dein Gehalt tatsächlich leistungsgerecht ist. Es besteht ja auch die Möglichkeit, dass Deine Firma generell sehr niedrige Löhne zahlt – dann solltest Du eventuell auch über einen Jobwechsel nachdenken.

Bei Deiner Jobsuche mit XING Jobs hast Du die Möglichkeit, gezielt nach Stellenanzeigen von für Dich interessanten Unternehmen zu suchen. Erfahre mehr über Deinen Traumjob in spe!

📌 Wichtig für Dich zu wissen: In den allermeisten Fällen ist die sehr gerne in Arbeitsverträgen und Verschwiegenheitsvereinbarungen festgehaltene Klausel, dass Du bezüglich Deines Gehalts Stillschweigen zu wahren hast, rechtlich nicht haltbar und somit unwirksam. Bereits im Jahr 2010 gab es hierzu arbeitsgerichtliche Urteile, die die für das Arbeitsrecht nötige Transparenz auch für diesen Fall unterstützen.

Die Top 4 Fragen und Antworten zur Gehaltsauskunft:

💡 Für gewöhnlich gilt hier eine Frist von drei Monaten. Für tarifvertragsgebundene Arbeitgeber•innen gibt es keine definierte Frist, da sie die Möglichkeit haben, auf Tarifregelungen zu verweisen (sofern sie diesen Sachverhalt in den Tarifregelungen festgehalten haben).

💡 Zunächst einmal keine. Nach dem Entgelttransparenzgesetz geht es zunächst einmal um die Informationen. Erlangst Du mit dem Schritt der Bitte um Auskunft Kenntnis darüber, dass das Gehalt der Vergleichsgruppe höher ist als Deines, ergeben sich daraus keine rechtlichen Konsequenzen.

Deine Arbeitgeber•in schuldet Dir also beispielweise keinen Ausgleich der Lohndifferenz. Der Unterschied im Gehalt kann gute Gründe haben. Aktuell befinden wir uns in einer akuten Fachkräftemangelsituation. Bestimmte Fachkräfte können also gegebenenfalls nur mit höheren Gehältern für die Firma gewonnen werden.

Es muss ein konkreter Grund für Diskriminierung vorliegen, um rechtlich einen Anspruch auf Gleichzahlung zu haben. Wenn Du den Verdacht hast, in diesem Kontext diskriminiert zu werden, kannst Du herausfinden, was der wahre Grund für die Lohnlücke ist, indem Du klagst. Der Arbeitgeber ist dann in der in der Pflicht zu beweisen, dass Diskriminierung kein Grund für Dein geringeres Gehalt ist. Wenn er dies nicht beweisen kann, hast Du eine gute Chance auf eine Ausgleichszahlung des Differenzbetrages.

💡 Deine erste Anlaufstelle sollte der Betriebsrat sein, sofern deine Firma über einen verfügt. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass Deine Anfrage auf Auskunft anonym stattfinden kann. Hat Deine Firma keinen Betriebsrat, hast Du die Möglichkeit, Dich direkt an deine Arbeitgeber•in zu wenden – allerdings ist Deine Anfrage dann nicht mehr anonym. Da das Entgelttransparenzgesetz die Textform vorschreibt, ist eine Anfrage per Mail ausreichend. Hierzu findest du auf der Homepage des Bundesfamilienministeriums eine Vorlage zum Download.

💡 Der Anspruch auf Auskunft, der im Entgelttransparenzgesetz verankert ist, gilt sowohl für öffentliche als auch private Firmen, die über eine Belegschaft von mindestens 200 Beschäftigten verfügen. Um den Anspruch geltend machen zu können, müssen mindestens sechs Arbeitnehmer•innen des anderen Geschlechts in gleicher oder gleichwertiger Position arbeiten.

Dies hat den Hintergrund, dass es eine Vergleichsgruppe von mindestens sechs Personen geben muss, für die die Arbeitgeber bei Auskunftsersuch das sogenannte Vergleichsgehalt zu ermitteln haben. Damit wird gewährleistet, dass aus dem Ersuch auf Auskunft keine Schlussfolgerungen auf die Gehälter einzelner Kolleg•innen erzielt werden können und der Datenschutz wird gewahrt.

👍 Kämpfe für eine faire Bezahlung!

Festzuhalten bleibt, dass das Entgelttransparenzgesetzt große Chancen bietet, vor allem im Kontext Gender-Equal-Pay, eine faire und leistungsgerechte Entlohnung für sich zu erzielen. Vielen Menschen ist diese Möglichkeit nicht bekannt – laut Bundesfamilienministerium reichen nur zwei Prozent der Beschäftigten einen Antrag auf Auskunft bei ihrer Arbeitgeberin ein.

Nutzt die Chance, seid selbstbewusst und mutig, euch für eine faire Bezahlung einzusetzen. Teilt eure Erfahrungen und Tipps gerne in den Kommentaren!

Wer spricht hier?

Sebastian Holtkemper ist XING Insider und Absolvent der EADA Business School, als NewWork/Hiring-Expert und SAP-Spezialist Managing Director / Geschäftsführer itesys mit Verantwortung für Deutschland / Österreich, Mentor & Speaker, Forbes Business Council Member.

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