Emotionale Selbstführung: Die übersehene Schlüsselkompetenz moderner Führung
Warum Veränderung oft nicht an äußeren Hürden, sondern an innerer Vermeidung scheitert – und wie Führungskräfte den entscheidenden Unterschied machen können.
Ulm, Spätsommer 2010. Ich stehe vor einem Boxstudio – motiviert, entschlossen, neugierig. Ich will trainieren. Ich habe es mir vorgenommen. Doch ich betrete das Studio nicht. Drei Tage lang nicht. Ich schiebe es vor mir her, finde Gründe, die Tür nicht zu öffnen. Es war nicht die Angst vor körperlicher Anstrengung. Nicht vor blauen Flecken. Sondern eine viel stillere Angst: Die Angst, sichtbar zu werden. Die Angst, nicht gut genug zu sein. Die Angst, zu versagen, bevor es überhaupt losgeht.
Diese Szene mag trivial erscheinen – ist sie aber nicht. Denn sie steht sinnbildlich für ein tief verankertes Führungsphänomen, das in keinem Strategiepapier auftaucht und doch in vielen Unternehmen täglich wirksam ist: die Angst vor Veränderung im Inneren.
Der blinde Fleck im Führungsalltag
Führungskräfte sollen Wandel treiben, Innovation fördern, Sicherheit ausstrahlen. Doch die Realität zeigt: Auch Top-Entscheider:innen sind nicht immun gegen innere Blockaden – sie sind lediglich besser darin, sie rational zu verpacken.
Wenn mutige Entscheidungen vertagt, Strategien endlos überdacht oder Konflikte ausgesessen werden, geht es oft nicht um fehlende Kompetenz – sondern um eine innere Vermeidung, die selten thematisiert wird.
Sie zeigt sich in Gedanken wie:
„Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.“
„Ich bin noch nicht ganz so weit.“
„Das Risiko ist noch zu hoch.“
Dabei geht es meist nicht um Zeit oder Risiko – sondern um Angst.
Warum klassische Führungsmodelle nicht mehr reichen
Führung im 21. Jahrhundert verlangt mehr als Prozessoptimierung und Entscheidungssicherheit. In einer Zeit ständiger Transformation, erhöhter Unsicherheit und emotionaler Belastung wird eine Fähigkeit zum Erfolgsfaktor:
👉 Emotionale Selbstführung.
Wer heute Organisationen führen will, muss lernen, die eigenen inneren Reaktionen zu steuern, Unsicherheiten auszuhalten und trotzdem klar zu handeln. Das setzt voraus, Emotionen nicht als Störung, sondern als Informationsquelle zu begreifen – und mit ihnen bewusst umzugehen.
Ein praxiserprobtes Modell: Der Dreiklang innerer Klarheit
Basierend auf eigenen Erfahrungen und späterer Reflexion hat sich für mich ein klarer Dreischritt etabliert, der sich auch im Business-Kontext bewährt:
Innehalten und das Gefühl wahrnehmen.
Zulassen ohne Bewertung.
Das zugrundeliegende Muster erkennen – und bewusst entscheiden.
Dieser Dreiklang mag simpel erscheinen. Doch seine Umsetzung verlangt Selbstreflexion, emotionale Reife und Übung – Fähigkeiten, die in Führungskarrieren oft zu wenig trainiert werden.
Der Preis der Vermeidung
Wer diese innere Auseinandersetzung vermeidet, zahlt einen hohen Preis:
strategische Unschärfe
verlorenes Vertrauen im Team
Innovationsstau trotz methodischer Exzellenz
Denn Führung ist weniger das, was wir nach außen darstellen – sondern das, was wir innen zulassen.
Fazit: Führung beginnt vor der Tür zum eigenen Boxstudio
Ich habe das Studio am vierten Tag schließlich betreten. Und in den folgenden Monaten nicht nur körperlich trainiert, sondern vor allem emotional dazugelernt.
Demut. Disziplin. Selbstkontakt.
Heute weiß ich:
Wer durch die Angst hindurchgeht, gewinnt Klarheit. Und Klarheit ist der seltenste und wertvollste Rohstoff im Business.Frank Rechsteiner
Führungskräfte sind keine Maschinen. Sie sind Menschen mit Emotionen, Mustern, Zweifeln.
Der Unterschied liegt darin, ob sie sich von ihnen treiben lassen – oder bewusst führen.
Die Antwort auf die Herausforderungen moderner Führung liegt deshalb nicht nur in Methoden, sondern in einer Frage, die sich jede:r ehrlich stellen sollte:
👉 Was vermeide ich gerade – und was würde passieren, wenn ich stattdessen hindurchgehe?
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