Mensch, alter Junge, gut siehst du aus. Altes Haus, schön dich zu sehen … alter Bewerber über 50 – hau ab!
Ich gebe es zu, als Kommunikationsstratege liebe ich Wortspiele, und wenn ich mich freue, einen alten Freund, Kollegen oder Bekannten zu treffen, dann kommen schon einmal Aussagen wie: „Hey, alter Knabe…“, „Na, du alte Frohnatur“ oder „Schau mal, wer da ist, unser alter Recke“. Alles Aussagen, die das Alter integrieren, jedoch sehr freundlich und herzlich gemeint sind.
Es kommt einem manchmal so vor, als würden wir das Gute mit dem Begriff „alt“ betiteln. Ich bin mir ganz sicher, dass jeder von Ihnen schon mindestens einmal eine solche oder ähnliche Begrüßung gesprochen hat. Auch die, die das „Alter“ in Bezug auf die Besetzung eines Jobs eher als störend und hinderlich empfinden.
Das Alte ist uns lieb und teuer
Der gute alte Wein, der schöne Oldtimer, der alteingesessene Gasthof, die alten Schlösser, Kirchen, Burgen und Gebäude. Die alten Geschichten von früher, die man sich auf Klassentreffen erzählt. Das Alte ist uns lieb und teuer. Es zaubert uns ein Lächeln auf das Gesicht, macht uns Spaß und bringt nicht selten große Freude, ich glaube, so kann man es zusammenfassen.
Es könnte also alles so schön sein, wenn auch im Berufsleben das Alter diesen Stellenwert hätte. Nun es gibt natürlich Unternehmen, die den Wert der erfahrenen Mitarbeiter zu schätzen wissen. Manche stellen auch bewusst ältere Bewerber ein, um zum Beispiel eine gute Generationsmischung zu erhalten. Trotzdem ist, wie man so schön sagt, noch viel Luft nach oben.
Ich habe mir als Karriere- und Personalberater, gerade auch für die Generation 50+, die Frage gestellt, warum liebt man das Alte und das Alter auf der einen Seite und lehnt eben dieses auf der anderen Seite ab. Hier meine Erklärung einiger wesentlicher Unterschiede zwischen der Wertschätzung alter Dinge und der Herangehensweise an ältere Bewerber bei der Jobsuche. Es gibt drei Hauptgründe, warum dies geschieht.
3 Gründe, warum das Alter bei der Jobsuche (leider) eine Rolle spielt
Kulturelle Wahrnehmung und Stereotypen
In manchen Kulturen, gerade auch bei uns, gibt es einen tief verwurzelten Stereotyp, dass ältere Arbeitnehmer weniger flexibel, technologieversiert und anpassungsfähig sind als jüngere Kollegen. Diese Vorurteile können dazu führen, dass Arbeitgeber ältere Bewerber übersehen oder ablehnen, selbst wenn sie über wertvolle Erfahrungen und Fähigkeiten verfügen.
Wandelnde Arbeitsanforderungen und Technologie
In vielen Branchen und Berufsfeldern haben sich die Anforderungen im Laufe der Zeit stark verändert, insbesondere mit dem Aufkommen neuer Technologien und Arbeitsmethoden. Arbeitgeber neigen leider manchmal dazu, Bewerber zu bevorzugen, die mit den neuesten Tools und Technologien vertraut sind, auch wenn dies bedeutet, dass sie ältere Bewerber übersehen, die möglicherweise nicht die gleiche Erfahrung mit diesen neuen Entwicklungen haben, jedoch offen für diese Tools wären.
Kurzfristige Kosten-Nutzen-Analyse
In einem wettbewerbsorientierten Umfeld neigen Arbeitgeber oft dazu, kurzfristige Kosten-Nutzen-Analysen durchzuführen. Jüngere Bewerber werden manchmal als kostengünstigere Option angesehen, da sie möglicherweise niedrigere Gehaltsvorstellungen haben oder weniger Vorteile wie Krankenversicherung oder Ruhestandsleistungen beanspruchen. Dies kann dazu führen, dass ältere Bewerber übersehen werden, obwohl sie möglicherweise langfristig einen größeren Mehrwert für das Unternehmen bieten könnten.
In Bezug auf alte Dinge wie Gebäude, Freunde oder Erinnerungen liegt die Wertschätzung oft in der Geschichte, dem Charakter und der emotionalen Bindung, die mit ihnen verbunden sind. Diese Wertschätzung wird jedoch aufgrund von Vorurteilen oder kurzfristigen Überlegungen bei der Einstellung von Mitarbeitern manchmal vernachlässigt.
Ältere Bewerber sollten ihren Wert betonen
Dennoch möchte ich betonen, dass die Erfahrung und das Fachwissen, die ältere Bewerber mitbringen, von unschätzbarem Wert für Unternehmen sein können. Arbeitgeber und Unternehmen sollten darauf achten, Talente jeden Alters zu erkennen und zu schätzen, um eine vielfältige und leistungsfähige Belegschaft aufzubauen. Ältere Bewerber sollten sich darauf konzentrieren, ihre einzigartigen Stärken und Erfahrungen hervorzuheben, um potenziellen Arbeitgebern zu zeigen, welchen Wert sie bieten können.
Abschließend möchte ich Sie ermutigen, unabhängig von ihrem Alter, ihren Fähigkeiten, Talenten und Erfahrungen selbstbewusst auf dem Arbeitsmarkt aufzutreten. Jeder von Ihnen hat etwas Einzigartiges zu bieten, und Vielfalt in Bezug auf Alter, Hintergrund und Perspektive ist entscheidend für den Erfolg eines Teams und eines Unternehmens.
Ihnen alles Gute und bitte bleiben Sie gesund.
Herzlichst
Michael H. Hahl