Ökologische Unternehmensbilanzen: Welche Rolle spielt die Mitarbeitermobilität?
Geschäftsreisen und Mitarbeitermobilität machen in der Klimabilanz von Unternehmen einen erheblichen Teil der Emissionen aus. Ein betriebliches Mobilitätsmanagement bietet nach Meinung von Matthias Schäpers, der beim Baudienstleister und Projektentwickler KRIEGER + SCHRAMM (K+S) den Bereich Nachhaltigkeit und Wohngesundes Bauen leitet, viel Potenzial für eine bessere ökologische Unternehmensbilanz. „Ansetzen könnten Unternehmen beim Fuhrpark, Dienstfahrten und Dienstreisen, E-Mobilität und Logistik. Kommunen haben Steuerungsmöglichkeiten bei der Stellplatzsatzung, beim ÖPNV und beim Ausbau von Share-Systemen etwa für Autos und Fahrräder“, sagt der Architekt.
Ein paar Beispiele: Ziel des Outdoorausrüsters VAUDE ist, dass möglichst wenig Kilometer im Auto zurückgelegt werden. Statt in weitere Parkplätze zu investieren, setzt das Unternehmen auf Infrastruktur und Anreize, damit immer mehr Mitarbeitende umweltfreundlich und gesundheitsfördernd mit dem Rad, dem Bus oder in Fahrgemeinschaften zur Arbeit kommen - und belohnen das mit dem Mobilitätsmotto https://nachhaltigkeitsbericht.vaude.com/gri/umwelt/mobilitaet-bei-VAUDE.php#anchor_06087ff2_Accordion-1-Anreiz-Mobilitaetslotto-Azubis-als-Gluecksfeen, eine einfache, aber wirkungsvolle Maßnahme, um Mitarbeitende für das Thema Verkehrswende zu sensibilisieren: Die Auszubildenden des Unternehmens verlosen wöchentlich einen Sachpreis (Restaurant-Gutscheine, vegetarische Kochbücher, Fahrradzubehör oder Strommessgeräte für daheim) unter allen Mitarbeitenden, die nicht allein im eigenen Auto zur Arbeit kommen. Um ausgelost werden zu können, müssen sie umweltfreundlich (mit dem Rad oder E-Bike, per Fahrgemeinschaft oder mit dem Bus) zur Arbeit kommen und sich in eine Excel-Liste im Intranet eintragen. Diese dient gleichzeitig der Ermittlung der alternativ zum eigenen Auto gependelten Kilometer. Alle Mitarbeitenden können auch gratis die firmeneigenen E-Bikes nutzen. Private E-Bikes können kostenlos auf dem Gelände „betankt“ werden.
Mit einer Fahrradgarage, Reparaturwerkstatt mit „Schlauchomat“ und Werkzeug, Fahrtechnik- und Reparaturkurse, Umkleiden und Duschen wird versucht, den Mitarbeitenden das Radeln zur Arbeit so angenehm wie möglich zu machen. Seit 2015 können alle VAUDE-Mitarbeitenden „JobRad“ in Anspruch nehmen. Das steuerliche Dienstwagenprinzip gilt auch für Fahrräder und E-Bikes. Auch viele andere Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden Fahrrad-Leasing mit JobRad an. Über die LeaseRad GmbH in Gundelfingen leasen Unternehmen oder Kommunen eine Fahrradflotte. Wie beim Auto-Leasing erhält der LeaseRad-Kunde eine passgenau zugeschnittene Fahrradflotte und Rundumbetreuung. Mit dem innovativen Gehaltsumwandlungskonzept können Mitarbeiter ihr Fahrrad oder E-Bike über den Arbeitgeber leasen und damit Steuern und CO2 sparen. Viele Arbeitgeber übernehmen die Kosten für das JobRad sogar komplett.
Auch die ländlich gelegene memo AG in Greußenheim, die schlecht mit dem öffentlichen Personennahverkehr zu erreichen ist, werden Mitarbeitende zu nachhaltiger Mobilität motiviert. Vor einigen Jahren wurden vier Elektroladesäulen in Betrieb genommen. Elektroautos können hier vergünstigt betankt werden. „Da sich in nächster Umgebung des Unternehmensstandorts bisher keine öffentliche Ladesäule befindet, wird dies auch als Anreiz für die Mitarbeiter gesehen, über die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs nachzudenken“, sagt Claudia Silber, Leiterin der Unternehmenskommunikation. Auch hat das Unternehmen einen Partnervertrag mit einem Autovermieter abgeschlossen, um Langstrecken mit der Bahn zu tätigen und anschließend bei Bedarf für die Weiterfahrt in ländliche Gegenden auf einen Mietwagen zu wechseln. Fahrgemeinschaften haben hier und bei VAUDE ein großes Potenzial für Energie- und Emissions-Einsparungen. Wer zu Fuß, mit dem Rad, mit dem Bus oder mit einer Fahrgemeinschaft zur Arbeit kommt, wird ebenfalls über ein internes Tool erfasst. „Diejenigen mit den meisten Einträgen pro Verkehrsmittel werden regelmäßig belohnt“, sagt Claudia Silber. Bereits seit 2013 beteiligt sich der Öko-Pionier ebenfalls am Modell JobRad. Auf eine aktive Mitarbeiterbindung setzt auch die Mader GmbH & Co. KG aus Leinfelden-Echterdingen. Im Rahmen des Gesundheitsmanagements wird den Mitarbeitenden ebenfalls die Möglichkeit geboten, über „JobRad“ ein neues Fahrrad zu leasen.
Das Münchener Unternehmen Company Bike, das 2012 gegründet wurde, ist einer der führenden Dienstleister für Dienstfahrräder. Das Unternehmen versteht sich ebenfalls als Full-Service-Anbieter: Von der Einführung der Firmenfahrräder bis zur Einrichtung eines individualisierten Online-Portals für die Bestellung der Diensträder, der individuellen Beratung durch die geschulten Bike-Berater, einer persönlichen Auslieferung und Übergabe bei den Unternehmen vor Ort und der effizienten Übernahme der Leasingrückläufer kümmert sich Company Bike um die spezifischen Anliegen seiner Kunden. Seit Sommer 2020 bietet die Unternehmensgruppe Krieger+Schramm ihren Mitunternehmerinnen und Mitunternehmern ein Dienstfahrrad in Kooperation mit dem Bikeleasing-Service an. Das Fahrrad kann sich jeder selbst bei einem Händler seiner Wahl aussuchen (die Kosten betragen zwischen 649 EURO und 10.000 EURO). Rad oder E-Bike können gleichermaßen privat und beruflich genutzt werden. Der Leasingvertrag wird direkt durch das Unternehmen abgeschlossen. Das Angebot wird sehr gut angenommen.
So werden alle klimaschädlichen Emissionen in der jährlichen Klimabilanz erfasst. Über Klimaschutzprojekte werden alle Emissionen aus dem Pendelverkehr kompensiert. Dies zeigt auch, wie Digitalisierung und Nachhaltigkeitsmaßnahmen heute immer mehr miteinander verschmelzen, und dass es heute selbstverständlich sein sollte, dass Unternehmen ihre Mobilität umfassend betrachten und dabei neben einer intelligenten Fuhrparkorganisation ergänzende Mobilitätsangebote berücksichtigen sollten. Die Beispiele zeigen aber auch, dass es, um unsere Welt zu retten, mehr als nur neue Mobilitätskonzepte braucht – es wird auch ein neues Verhältnis zu Arbeit und Freizeit benötigt.
Nachhaltiges Mobilitätsmanagement: Darauf sollten Unternehmen achten
Nachhaltiges Mobilitätsmanagement: Darauf sollten Unternehmen achten
Bikeleasing. Sportmuffel haben keine Chance. In: Das K+S magazin. Gut planen, klug bauen, schöner wohnen 20/02 (Oktober 2020), S. 11.
Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.