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Worauf Chefs*innen nach dem Lock-/Shutdown achten sollten, um maximale Produktivität zu erreichen. - ©Rossberg Verlag

Stark und produktiv führen nach der Krise

Wir beobachten in der Beratung deutliche Anzeichen von Kontrollverlust bei vielen Führungskräften, die Remote-Arbeiten nicht gewohnt sind und sich eher noch am alten Führungsverständnis orientieren. Ihnen fehlt das Herzstück des „Neuen Arbeitens“, das Vertrauen in die Selbstorganisationskräfte ihrer Mitarbeitenden und Kollegen*innen.

Das reicht vom Misstrauen, ob Mitarbeiter sich wirklich gut organisieren können, bis hin zu der Unterstellung, dass sie die Situation ausnutzen, um es ruhiger angehen zu lassen. „Ich kann doch nicht 3.000 Leute ins Home Office stecken. Ich weiß doch gar nicht, was die da den ganzen Tag machen“, war die erste Reaktion eines Geschäftsführers eines deutschen Mittelständlers. Das ist keine Ausnahme. Auch bei vielen Mitarbeitenden stellen sich durch die Unsicherheit – gepaart mit einer unklaren Perspektive, häuslicher Überforderung und in Teilen überforderten Führungskräften – Orientierungs- und Kontrollverlustgefühle ein.

Gleichzeitig benötigen die meisten Unternehmen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation einen maximalen Produktivitätsschub nach der Krise, um sich schnellstmöglich wirtschaftlich zu erholen. Wie kann ein Übergang vom Krisenmodus zu maximaler Produktivität gelingen, zumal wir alle noch eine lange Zeit mit weiterhin einschränkenden Maßnahmen konfrontiert werden?

Wir sind überzeugt davon, dass es mittels eines strukturierten Check-ins und der Einführung von konzentriertem Arbeiten möglich ist, Unternehmen stärker und produktiver aus der Krise hervorgehen zu lassen, als sie es vorher waren. Zu einem Check-in nach der Rückkehr ins Unternehmen gehören:

  • eine strukturierte Auswertung der gemachten Erfahrungen im Rahmen eines „emotionalen Check-ins“ als psychologische Grundlage für den Produktivitätsschub

  • eine inhaltliche Aufarbeitung und Standortbestimmung

  • ein strukturierter Lernprozess, um die in der Krise gezeigten und erworbenen Ressourcen und Kompetenzen nachhaltig zu etablieren und im Ergebnis Neues Arbeiten zu stärken

  • die Entwicklung eines gemeinsamen Zielbildes für die künftige Zusammenarbeit auf der Basis des The-Focused-Company-Modells als methodische Grundlage für den Produktivitätsschub

Die Rückkehr ins Unternehmen nach dem Lockdown ist eine sehr sensible Phase. Im Hinblick auf die Produktivität steht man an einer Weggabelung zwischen erschöpftem Wiederkommen und energetisierendem Aufbruch in eine neue Form der Produktivität. Die meisten Menschen werden unsicher sein, wie ihre Führungskraft die Zusammenarbeit erlebt hat, insbesondere, wenn die Leistungsfähigkeit und Produktivität eingeschränkt war. Wenn es nach der Rückkehr der Mitarbeiter in das Unternehmen keinen emotionalen „Check-in“ gibt, in dem die gemachten Erfahrungen geteilt und strukturiert ausgewertet werden können, wird die Produktivität nur verzögert ansteigen, weil die Unsicherheit und Erschöpfung aus der Krisenzeit überwiegt. Das Bedürfnis nach Inne-halten, Zusammenkommen, um Erfahrungen zu teilen und einer Neuorientierung für die Zukunft, sind stark ausgeprägt. Denn Menschen haben nach Krisen den Wunsch nach Sinnangeboten, Aufbruchstimmung und Perspektive. Wenn Sie also schnell produktiv werden wollen in Ihrem Unternehmen, ermöglichen Sie ein gutes Ankommen.

Ein zweites wichtiges Argument für den Check-in liegt in der Natur unseres Gehirns. Die aus der Neurowissenschaft bekannte Hebbsche Lernregel besagt, dass Zellen, die anfänglich zeitglich unabhängig feuern, im Anschluss verknüpft feuern („what fires together, wires together“). Sie verbinden sich zu einem neuronalen Netzwerk. Wenn also die durch die Krise zwangsläufig notwenige Flexibilisierung von Arbeitszeiten und -Orten, die Regel-außer-Kraftsetzung, das Arbeitsformat Home Office gleichzeitig mit Überforderung, Sorgen und Kontrollverlust erlebt wird, bildet sich ein neuronales Netzwerk aus diesen Faktoren, welches auch nach der Rückkehr ins Unternehmen, noch besteht und getriggert werden kann. Die Folge: Denke ich an Arbeitsflexibilisierung, Home Office, oder fühle ich mich überfordert, aktiviert sich das Stressmuster und der Körper gerät ins Stresserleben, zumindest auf unwillkürlicher Ebene. Und das löst eine innere Weg-von-Bewegung aus und eben keine positive Hin-zu-Bewegung in Richtung New Work und Arbeitsflexibilisierung. Über eine strukturierte Reflektion dieser Erlebnisse, können diese deutlich schneller verarbeitet werden und halten sich nicht hartnäckig auf unwillkürlicher Ebene.

Ein dritter für die Entwicklung einer hohen Produktivität wichtiger Aspekt ist zu beachten. Die akute Krise wurde in vielen Unternehmen auch deswegen gut überstanden, weil es ein in der Krise klares „Wofür“ gibt. Man rauft sich zusammen, der Flurfunk ebbt ab, ehemals zerstrittene Bereiche kooperieren auf einmal. Dieses „Wofür“ entfällt nach der Krise und gleichzeitig sinkt auch der Adrenalinspiegel. Das ist eine gefährliche Lücke, in der sich die alten Arbeitsmuster wieder einschleichen können. Denn diese sind nicht weg, sie wurden in der Krise nur durch neues Verhalten überlagert. Wenn Sie also die in der Krise neu erworbenen Ressourcen und Kompetenzen auch weiterhin nutzen wollen, braucht es ein neues verbindendes „Wofür“, ein gemeinsames Zielbild der künftigen Zusammenarbeit. Attraktive Zielbilder fördern die Ausschüttung von Dopamin und es wird zumindest auf unwillkürlicher Ebene eine Hin-zu-Bewegung ausgelöst. Dann kommen auch Spaß und Handlungsfreude ins Spiel, und spätestens jetzt auch eine Handlungsenergie, die die Unternehmen dringend brauchen werden, um sich weiterzuentwickeln und produktiver zu werden – nicht zuletzt, um die eigene Wirtschaftlichkeit wieder herzustellen.

Fazit: Unsere Lösungsansätze für die Zeit nach der Rückkehr ins Unternehmen (neudeutsch bereits „New Normal“ genannt):

1. Führen Sie nach der Rückkehr ins Unternehmen mit Ihrem Team einen strukturierten „Check-in“ durch, damit alle emotional im Unternehmen ankommen können und entwickeln Sie gemeinsam mit Ihrem Team ein Zielbild für ihr gemeinsames Arbeiten. Damit zu starten sichert eine schnelle Produktivitätssteigerung und umfasst eine strukturierte Auswertung der Erlebnisse, der gezeigten Ressourcen und erworbenen Kompetenzen, die gleichzeitig in einen nachhaltigen Lernprozess überführt werden können. Das ist der Start ins konzentrierte, produktive „Neue Arbeiten“.

2. Eröffnen Sie denjenigen Führungskräften und Mitarbeitenden, die sich aufgrund des Wegfalls des Fragmentierungs-Wahnsinns des Büroalltags besser denn je konzentrieren und selbst organisieren konnten (ja, die gibt es auch!), die Möglichkeit, auch nach der Rückkehr ins Unternehmen flexibler und selbstorganisierter zu arbeiten, als sie es vor der Krise durften. Auf keinen Fall zurück ins Command and control. Übertragen Sie diese best practice soweit als möglich aufs gesamte Team.

3. Nutzen Sie den „Unfreeze“, der durch die Krise entstanden ist, um konzentriertes Arbeiten nach The Focused Company (TFC) einzuführen. TFC ist das erste systemisch integrierte Framework für konzentriertes Arbeiten in Unternehmen in einer von Multitasking und Fragmentierung geprägten Zeit. Durch TFC steigert sich die Produktivität und Selbstorganisation der Wissensarbeiter, da es relevante neuroergonomische Prinzipien umsetzt, Führung neu definiert und eine Kultur der Konzentration etabliert. Dieses Modell setzen wir gerade ebenfalls sehr gezielt in der Krise ein, um die Produktivität in der Krise zu erhalten und nach der Krise einen deutlichen Produktivitätsschub zu erreichen.

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Über die Autorin: Vera Starker ist Wirtschaftspsychologin, Senior Coach im DBVC, MBA in systemischer Organisationsentwicklung, Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht und Co-Founderin des Berliner Start ups Next Work Innovation. Buchveröffentlichungen: „Hypnosystemische Perspektiven im Change Management“, Springer Gabler Verlag, 2017; „Most Wanted: Chef der Zukunft“, Rossberg Verlag, 2019; „Endlich wieder konzentriert arbeiten! The Focused Company New Work Book für Unternehmen“, Rossberg Verlag, Mai 2020

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