Turnaroundkongress 2021: Aktuelle Trends in Sanierung und Restrukturierung
Sich endlich mal wieder persönlich austauschen, sein Netzwerk erweitern und über neue Konzepte für Unternehmen in der Krise debattieren – mit diesen Erwartungen habe ich mich auf den Weg zum 9. Turnaround-Kongress gemacht - und bin nicht enttäuscht worden. Eine sehr gelungene Veranstaltung, die mit ihrem hybriden Modell ideal auf die Pandemievorgaben reagiert hat.
Inhaltlich stand der Kongress ganz im Zeichen der Digitalisierung. Unter dem Motto „Krise als Katalysator – Treiber oder Getriebener“ haben wir über neue Möglichkeiten der Krisenbewältigung vor dem Hintergrund von Digitalisierung und Datenschutz diskutiert. Zusätzlich ging es um die Frage, welche Herausforderungen und Trends die Sanierungs- und Restrukturierungsexperten für Unternehmen in der neuen Normalität sehen.
Trend 1: IT-Sicherheit
In den Vorträgen von Dr. Marc Maisch und Cem Krakya ging es um das Thema Identitätsklau und Cyberkriminalität – ein wachsendes Problem für viele Unternehmen. Mittels eines Live-Hacks demonstrierte Matteo Große-Kampmann, wie einfach das IT-Sicherheitsnetz vieler Unternehmen zu umgehen ist. Ein entsprechender adäquater Schutz ist also enorm wichtig und für jedes Unternehmen ein absolutes Must-Have.
Dass im IT-Bereich händeringend Personal gesucht wird, habe ich bereits in einem meiner letzten Beiträge erörtert. Einer Studie des Softwareherstellers Trend Mirco zufolge, fehlen in Deutschland 56 Prozent der Unternehmen IT-Sicherheitsfachkräfte. Das bietet einerseits Unternehmen die Chance, Mitarbeitende in obsolet gewordenen Bereichen umzuschulen. Gleichzeitig ist das aber auch eine Chance für von Arbeitsplatzverlust bedrohten Mitarbeitenden, einen Quereinstieg zu wagen und so die Beschäftigungsfähigkeit zu sichern.
Trend 2: Digitale Geschäftsmodelle
Wie wichtig die Etablierung digitaler Geschäftsmodelle ist, hat Herr Boje Dohrn, Präsident des IBWF erläutert. Mit seiner Schritt-für-Schritt-Anleitung gibt er Unternehmen ein ideales Konzept an die Hand, um in der neuen Arbeitswelt 4.0 zu bestehen.
Ein großartiges Beispiel für solch einen erfolgreichen digitalen Transformationsprozess ist klöckner.i GmbH, über den Geschäftsführer Christian Pokropp eindrucksvoll berichtet hat– vom klassischen Stahlhändler zum B2B E-Commerce-Unternehmen. Ein sinnbildliches Zitat bietet der im Mai 2021 in den Ruhestand ausgeschiedene Vorstandsvorsitzende von Klöckner & Co, Gisbert Rühl: „Ich kannibalisiere mein Geschäft, bevor es andere tun.“ Denn dann ist es oftmals schon zu spät: Das Unternehmen rutscht in eine Krise und muss restrukturiert bzw. saniert werden.
Trend 3: Mehr Eigenverantwortlichkeit für Mitarbeitende
Wer neue Geschäftsmodelle entwickeln möchte, sollte eine Fehler-, Lern- und Vertrauenskultur etablieren, denn so wird die Kreativität, das Commitment und die Innovationsfähigkeit der Mitarbeitenden gestärkt. In seinem Vortrag „Digitale Transformation – förderliche Unternehmensführung und -kultur“ hat Uwe Rotermund erörtert, wie sich Unternehmen auch durch komplexe Transformationsprozesse manövrieren können. Den Schlüssel zum Erfolg sieht der Geschäftsführer der Noventum GmbH in agilen Arbeitsweisen, einem hohen Grad an Mitarbeiterbestimmung und Eigenverantwortlichkeit sowie in einer Vertrauenskultur mit großer Transparenz auf allen Ebenen.
Trend 4: Szenario-Entwicklung
Einen Ansatz, wie sich Unternehmen einen Überblick über die zukünftigen Möglichkeiten verschaffen und somit eventuelle Krisen resilienter begegnen können, hat Hanna Jürgensmeier geliefert. In einer Umfrage zeigte sie, dass viele Unternehmen die neue Normalität mit Bekämpfung des Klimawandels, massiven Innovationsprozessen sowie der Digitalisierung von Wirtschaft, Arbeit, Gesellschaft und Alltag verbinden. Wirtschaft, Gesellschaft und die Arbeitswelt befinden sich ohnehin schon im Wandel. Darum rate ich Unternehmen nicht nur, sich krisenfester aufzustellen, sondern auch, ihre Mitarbeitenden mit Qualifizierungen und Weiterbildungen fit für die Anforderungen von morgen zu machen.
Trend 5: Employability und Sozialverträglichkeit
In einer sich stark verändernden Wirtschaftswelt kommen Unternehmen oftmals nicht darum herum, ihre Personalstruktur anzupassen. Der Fachkräftemangel in vielen Bereichen stellt solche Anpassungen vor schwierige Aufgaben. Wer weiß, welche Wege und Mittel es für den Abbau, Umbau und Aufbau von Mitarbeitenden gibt, kann die Personalstruktur für die Herausforderungen der Zukunft wappnen. Dazu gehört z. B., durch Inplacement neu geschaffene Stellen an vorhandene Mitarbeitende zu vergeben und somit die Employability (Beschäftigungsfähigkeit) zu stärken. Wichtig ist aber auch, die Mittel und Möglichkeiten von sozialverträglichen und staatlich geförderten Transfermaßen zu kennen. Und auch neue Konzepte, wie die in meinem Vortrag erläuterte Qualifizierungseinheit, setzen sich durch.
Zum Abschluss möchte ich mich noch einmal bei Prof. Haarmeyer, Herrn Garber und dem kompletten TK-Team für die tolle Organisation und Durchführung des Kongresses bedanken. Als Referentin und Teilnehmerin habe ich viel mitgenommen und freue mich schon auf das nächste Jahr! Vielleicht habe ich bis dahin auch mein erstes Buch geschrieben – inspiriert von den zahlreichen anderen Autoren auf dem Kongress!