Was 2030 auf uns zukommt – und wie wir uns darauf einstellen können
Im Jahr 2030 wird sich die Welt grundlegend verändert haben, prognostiziert der Trendforscher Mauro F. Guillén, der in seinem aktuellen Buch beschreibt, wie wir 2030 leben und arbeiten werden.
Der 1964 in Spanien geborene Wirtschaftswissenschaftler und Soziologe war lange einer der einflussreichsten Professoren an der renommierten Wharton Business School in Philadelphia. 2021 wurde er als Direktor an die Judge Business School der Universität Cambridge berufen.
Bis 2030 erwartet uns eine Transformation, die alles bisher Erlebte in Wirtschaft und Gesellschaft in den Schatten stellen wird. Er zeichnet kein Horrorszenario, sondern einen Neuanfang, der „voller Möglichkeiten zum Besseren“ steckt.
Trends, die bis 2030 „das Ende der Welt, wie wir sie kennen“, herbeiführen
Unsere Gesellschaft wird eine andere sein, und die globalen Machtzentren werden sich verschoben haben.
Eine Milliarde Menschen werden in die Mittelschicht aufsteigen – der größte Markt wird China sein (Anzahl der Menschen, die dort 2030 der Mittelschicht angehören werden: 209 Millionen).
Etwa 60 Prozent des gesamten Vermögenswerts werden Menschen gehören, die über 60 sind (es wird mehr Rentner als Kindergartenkinder geben).
Frauen bestimmen zunehmend, was auf der Welt geschieht – voraussichtlich wird es erstmals mehr vermögende Frauen als Männer geben (Anteil von Frauen am Vermögen der Erde im Jahr 2030: 55 Prozent).
Geburtsort der nächsten industriellen Revolution wird Subsahara-Afrika sein.
Anteil der Weltbevölkerung, die 2030 in Städten leben wird: 60 Prozent.
Anteil der Stadtbewohner weltweit, die 2030 von steigenden Meeresspiegeln bedroht sein werden: 80 Prozent.
Kryptowährungen werden vermutlich das Hauptzahlungsmittel.
Klimawandel und KI werden das grüne Jahrzehnt prägen.
Angesichts der Herausforderungen, vor die uns der demografische Wandel, Umweltzerstörung und Klimawandel stellen, sollte seiner Meinung nach gründlich darüber nachgedacht werden, welche Technologien bis 2030 am dringlichsten weiterentwickelt werden müssen.
Um Gegenwart und Zukunft zu verstehen, braucht es laterales Denken, das sich zwischen Mustern und Kategorien bewegt.
Auch die Leser:innen werden darauf aufmerksam gemacht, auf die Wechselwirkungen im Buch zu achten, denn hier werden Linien verknüpft (und daraus Prognosen hergeleitet), die in anderen Zukunftsbildern häufig isoliert werden.
Doch warum ist das so? – Weil Menschen es hervorragend verstehen, „Dinge mental aufzuspalten. Dies ist ein unbewusster Abwehrmechanismus. Er hat vor allem den Zweck, die sich widerstrebenden Ereignisse, Wahrnehmungen und Gefühle voneinander getrennt zu halten, damit wir durch ihr Zusammenspiel nicht überfordert werden“, so der Soziologe.
Auch die Coronapandemie kann dazu beitragen, seinen Ansatz und die damit verbundenen komplexen Zusammenhänge sowie seine sieben Grundsätze, sich der Zukunft klug anzunähern, besser zu verstehen:
Verliere das Ufer aus den Augen.
Disversifiziere mit einem Ziel.
Fange klein an, um erfolgreich zu sein.
Antizipiere die Sackgassen.
Bekämpfe Ungewissheiten mit Optimismus.
Habe keine Angst vor Knappheit.
Schwimme mit dem Strom.
Die Neuerfindung des Alters
Das wichtigste Thema des Buches ist Diversity mit dem Schwerpunkt Generationenvielfalt: So verweist er auf zahlreiche Studien und Praxisbeispiele, die belegen, dass generationenübergreifende Teams aufgrund ihrer breit gefächerten Sichtweisen besser zusammenarbeiten, wenn es darum geht, Ideen zu entwickeln und Probleme zu lösen.
Der „Wirbel um die Millennials“ scheint Mauro F. Guillén überzogen. Menschen über 60 stellen in den Vereinigten Staaten und Europa schon heute einen größeren Teil der Mittelschicht als je zuvor in der Geschichte dar. Immer mehr Senioren fangen noch einmal ein Studium an oder gründen eine Firma: „Angesichts des künftig noch größeren Bevölkerungsanteils an Älteren und ihrer höheren Lebenserwartung könnte 2030 bereits die Hälfte aller Unternehmer aus dieser Altersgruppe stammen.“
Viele Rentner arbeiten als Senior Consultants. Aufgrund ihres Alters sind sie eine wichtige Ergänzung zu den jungen Mitarbeitenden. Das ist allerdings nicht selbstverständlich: „Man bedenke, wie viel Talent wir vergeuden, weil wir das Know-how und die Erfahrung der ergrauenden Generation nicht voll ausschöpfen, während sie doch zahlenmäßig immer größer wird“, schreibt Mauro F. Guillén.
Die Zukunft ist bunt
Der Trendforscher verweist aber auch auf die Bedeutung multikultureller Vielfalt in Unternehmen: „Google, Intel, eBay, Facebook, LinkedIn und Tesla haben zwei Dinge gemeinsam: Sie alle haben die US-amerikanische Wirtschaft umgestaltet, und sie alle wurden von Immigranten gegründet oder mitbegründet.“
Diversity ist heute ein Bestandteil einer modernen Unternehmensleitkultur, die die Verschiedenheit der betrieblichen Belegschaft nutzt und fördert.
Weiterführende Informationen
Mauro F. Guillén: 2030 – Die Welt von morgen. Übersetzt von Stephan Pauli. Hoffmann und Campe, Hamburg 2021.
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