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Was mein Opa mit meiner Karriere zu tun hat – und warum Mentoring heute ganz anders funktioniert

In Umbruchphasen brauchen wir Vorbilder und Orientierung, um neue berufliche Wege sehen und einschlagen zu können. Im echten Leben – aber auch digital.

Viele Schülerinnen und Schüler sind derzeit im Abitur- oder MSA-Stress, und ich vermute, dass es unter ihnen etliche gibt, die noch nicht wissen, welchen beruflichen Weg sie einschlagen wollen. Auch wenn es schon eine Weile her ist: Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es mir damals ging. Meine Eltern wollten, dass ich einen Beruf mit Zukunftsperspektive erlerne. Damals war Google gerade kurz vor dem technischen Durchbruch, und ich entschloss mich, in die Informationsbranche zu gehen.  

Mein Großvater war zu der Zeit Kaufmann, der alte, restaurierungsbedürftige Häuser erwarb und dabei einen guten Blick für besondere Orten und Lagen mit großem Potenzial hatte. Sein Talent, Altes mit Neuem zu kombinieren und modern zu interpretieren, hat mich als Kind und Jugendlicher enorm fasziniert. Nun bin ich nicht direkt in seine Fußstapfen getreten, aber mein Opa hat mir trotzdem einen roten Faden für mein Berufsleben mit auf den Weg gegeben: nämlich den Wunsch, Bewährtes bestmöglich mit Innovativem zu verbinden. Wie kann man ein neues Gesamtbild schaffen, wenn man Dinge in einen anderen Kontext setzt – und das sowohl physisch als auch im übertragenen Sinn? Dieser Gestaltungswille und der Spaß am Ausprobieren prägen bis heute meinen Arbeitsstil, und mein Großvater war für mich stets ein inspirierender Mentor.  

Von Vorbildern lernen 

Auf meinem bisherigen Berufsweg hatte ich immer wieder beeindruckende und klarsichtige Vorgesetzte, an denen ich mich orientieren konnte. Vorbilder, die zu Mentoren wurden, mich unterstützten und so einen nachhaltigen Einfluss auf mein Leben hatten. Es ist ein großer Gewinn, wenn man erfahrenen Menschen Fragen stellen, die Expertise anderer anzapfen und daraus für sich die richtigen Schlüsse ziehen kann.  

Wie so vieles andere hat sich allerdings auch das Mentoring im klassischen Sinne verändert – und das aus gutem Grund. In einer zunehmend dynamischen Arbeitswelt, in der Entscheidungen oft schnell getroffen werden müssen, bleibt oft kein Platz für fest verabredete Termine Wochen im Voraus. Heute ist Flexibilität Trumpf: der schnelle Zugriff auf Sparring, ehrliches Feedback und echte Gespräche, und zwar genau dann, wenn sie gebraucht werden.

Ich bin jemand, der Mitarbeitende gern direkt anruft und sie oft damit überrascht. Persönliche Ansprache schafft Nähe, Klarheit und ermöglicht ein Miteinander, das über reine Informationsweitergabe hinausgeht. Mentoring der Zukunft heißt also nicht nur, gemeinsam die nächsten Schritte zu planen, sondern vor allem präsent zu sein – im richtigen Moment.  

Lebenserfahrung schlägt Berufserfahrung 

Ob schon als Jugendlicher oder erst in späteren Jahren, irgendwann geht es im Leben um die wesentliche Frage: Welcher Job passt wirklich zu mir? Entspricht er meinen Werten? Macht er mich langfristig glücklich? Suche ich überhaupt Glück in meinem Job – oder will ich einfach nur genug Geld verdienen? Auch das ist eine valide Motivation. Nicht jeder sucht nach Sinnerfüllung. Wir müssen uns selbst den Raum für unterschiedliche Lebensentwürfe geben.

Und einer dieser Entwürfe kann sein, nach dem Schulabschluss oder dem Studium einfach erst mal ein Jahr lang nichts zu tun. Zu reisen, Erfahrungen zu sammeln, zu verstehen, wer man eigentlich ist und wie der eigene Lebensentwurf aussieht. Und manchmal ist es hilfreich, sich auch später im Leben, zum Beispiel im Rahmen eines Sabbaticals, noch einmal zu rekalibrieren, um dann hinterher mit neuem Elan und vielleicht einem neuen Lebensentwurf durchzustarten.  

Mentoring neu gedacht – mit digitaler Unterstützung  

Gerade in solchen Umbruchphasen kann es helfen, sich inspirieren und beraten zu lassen. Welche Jobs gibt es überhaupt? Welche Quereinstige sind möglich? Kann ich komplett unterschiedliche Fähigkeiten in einem Beruf vereinen, und welche Arbeitgeber kommen für mich überhaupt infrage? Oft ist es schwierig, in dem Ozean an Informationen, die im Internet zu finden sind, jene zu filtern, die einen tatsächlich weiterbringen. Und nicht jeder hat einen Karrierecoach oder Mentor an seiner Seite. 

Eine Idee, mit der wir dazu beitragen wollen, Orientierung zu schaffen und sich ohne Umwege von anderen Menschen und ihren Jobprofilen inspirieren zu lassen, haben wir auf unserer Plattform umgesetzt. 

Auf Basis des eigenen Profils oder auch selbst formulierter Wünsche durchsucht eine KI die XING Datenbank mit über 22 Millionen Mitgliederprofilen und zeigt an, wie die berufliche Zukunft aussehen könnte. Berücksichtigt werden hierfür alle Stellen – egal ob vakant oder besetzt. Auf spielerische Art und Weise kann man sich die Jobs, die für einen infrage kommen könnten, in einer Art Kartendeck ansehen. Klingen Branche, Standort, Positionsbeschreibung, Unternehmen oder die im Profil beschriebenen Skills interessant, kann man die entsprechenden Karten als Favoriten markieren oder nach rechts swipen. So lernt der Algorithmus für zukünftige Empfehlungen.

Auch wenn man vielleicht am Ende nicht genau den Job machen wird, der einem vorgeschlagen wurde, kann man sehen, welchen Weg andere eingeschlagen haben, um dort zu landen, wo man selbst vielleicht gern hinmöchte. Wird der gematchte Job irgendwann frei, gibt es eine Benachrichtigung, und aus der kleinen Jobträumerei kann eine Bewerbung und sogar ein neuer Job entstehen. 

Das Karten-Tool fungiert wie eine Art digitaler Mentor: Was kann ich aus den Erfahrungen, Laufbahnen, Kenntnissen und Fähigkeiten anderer lernen, um mich für meine angestrebte Karriere bestmöglich zu positionieren? Und welche Jobs gibt es eigentlich da draußen, von denen ich bislang keine Ahnung hatte, dass es sie gibt – und für die ich sogar das passende Skillset hätte?

Es geht dabei weniger darum, einem festgelegten Skript zu folgen. Ziel ist eher, sich für den eigenen Weg Inspiration zu holen und vielleicht auch den einen oder anderen Kontakt zu machen für den direkten Austausch. So können sich auf einmal neue Horizonte und Netzwerke eröffnen. Und das nicht nur für den Job, sondern für das ganze Leben. 

Thomas Kindler schreibt über Arbeitswelt, Jobs, Recruiting, Digital

Ich gestalte das Jobs Netzwerk der Zukunft.

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