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Wenn das Ende des Berufslebens naht: Endlich das machen, was du wirklich willst

Ah, die späten Phasen eines langen Berufslebens – der Herbst und Winter, wie sie gern poetisch genannt werden. Aber lasst uns ehrlich sein: Wir sprechen hier nicht von einer romantischen Wanderung durch einen goldenen Wald. Es ist eher wie das Blättern durch einen Katalog von Rentnerkreuzfahrten – mit dem Unterschied, dass man das Gefühl hat, noch etwas reißen zu müssen, bevor das Schiff ablegt.

Und was hört man dann von allen Seiten? „Dann mach doch, was Du willst!“ Diese vermeintlich befreiende Aussage, die so leicht über die Lippen kommt, als wäre sie die Lösung aller Lebensprobleme. Doch was bedeutet das wirklich?

Hier sind wir also, in der Midlife-Crisis oder schon darüber hinaus, und plötzlich steht da dieser Wunsch im Raum, endlich das zu tun, was man wirklich möchte. Dass man sich da nicht früher Gedanken drüber gemacht hat! Stattdessen hat man die letzten Jahrzehnte brav wie ein Uhrwerk seinen Dienst getan, Excel-Tabellen gepflegt, endlose Meetings überlebt und die Karriereleiter Stück für Stück erklommen – immer schön auf Kurs. Aber jetzt, wo das Ende des Bürolebens am Horizont sichtbar wird, kommt die Frage auf: War’s das?

Natürlich nicht! Jetzt soll alles anders werden. Die Vision: Endlich das beruflich tun, was man möchte. Was für eine charmante Idee – und gleichzeitig so naiv, dass man sich selbst dabei ertappt, leise in sich hinein zu lächeln. Man malt sich aus, wie man mit wehendem Haar die Welt verändert, von einem inspirierenden Projekt zum nächsten hüpft, und dabei aus jeder Pore Zufriedenheit und Glücksgefühle versprüht. Es klingt fast wie ein Werbespot für ein alternatives Leben, nur ohne die lästigen Verpflichtungen.

Die Realität: Nichts als eine gute Idee?

Klar, die Vorstellung ist schön, aber die Realität sieht oft anders aus. Bevor man sich nämlich auf den Weg macht, muss man erst einmal herausfinden, was man überhaupt möchte. Und da fangen die Probleme an. Denn seien wir mal ehrlich: Wer weiß schon genau, was er will? In den letzten Jahrzehnten hat man sich so oft angepasst, seine Wünsche an die äußeren Umstände gebunden und irgendwo auf dem Weg vergessen, was einen eigentlich glücklich macht. Ein Jobwechsel allein bringt nicht automatisch Zufriedenheit, wenn man gar nicht weiß, wohin die Reise gehen soll.

Und dann ist da noch die Sache mit der Sicherheit. Sicher, Sicherheit ist nicht sexy, aber wer verzichtet schon gern auf seinen warmen Mantel, wenn draußen ein eisiger Wind weht? Die Rente ist ja auch so ein Thema. Man will ja schließlich nicht als derjenige enden, der seine Lebenszeit im Park auf der Bank mit Taubenfüttern verbringt, weil er auf der Suche nach dem großen Glück alle Ersparnisse verbraten hat.

Vom Träumer zum Macher: Eine Mission impossible?

Die Frage bleibt: Wie verwandelt man die Vision von „Endlich das tun, was ich möchte“ in Realität? Ein Patentrezept gibt es natürlich nicht – sorry an alle, die jetzt auf eine einfache Lösung gehofft haben. Aber vielleicht geht es gar nicht darum, alles auf den Kopf zu stellen. Vielleicht reicht es schon, hier und da kleine Stellschrauben zu drehen.

Warum also nicht anfangen, das zu tun, was man möchte, ohne gleich den gesamten Tisch umzuschmeißen? Man könnte zum Beispiel neue Projekte übernehmen, die einen mehr reizen, sich für Themen engagieren, die einem wirklich am Herzen liegen, oder sogar das bisherige Wissen in neuen Kontexten einsetzen. Anstatt alles hinter sich zu lassen, lässt sich der Herbst des Berufslebens auch nutzen, um die erlernten Fähigkeiten in einem neuen Licht zu betrachten. Schließlich hat man sich diese Expertise ja nicht umsonst aufgebaut.

Und sollten doch die großen Veränderungen locken, dann gilt: Einfach mal machen. Aber bitte mit Bedacht. Denn auch wenn der Herbst eine schöne Jahreszeit ist, in der man neue Wege beschreiten kann, so ist es auch die Zeit, in der man klug haushalten sollte. Mit seiner Energie, seinen Ressourcen und – ganz wichtig – mit seinen Erwartungen.

Die Weisheit der Jahre nutzen

Am Ende des Tages ist es das, was wirklich zählt: Die eigene Erfahrung und Weisheit in den nächsten Schritt mit einzubringen. Der Herbst und Winter des Berufslebens sind kein Ende, sondern eine neue Phase – eine Phase, die, wenn man es richtig anstellt, jede Menge Potenzial birgt. Es geht weniger darum, mit einem Knall alles zu ändern, sondern vielmehr darum, mit den richtigen Schritten die eigene Berufslaufbahn so zu gestalten, dass man zufrieden ist.

Man muss nicht alles wissen, aber der erste Schritt ist immer, die Tür zu öffnen und durchzuschauen. Was wartet dahinter? Vielleicht nichts, vielleicht alles. Vielleicht nur ein kleines Projekt, das plötzlich große Freude bringt. Denn manchmal ist „Das tun, was ich möchte“ gar nicht so fern wie gedacht. Man muss sich nur trauen, genau hinzuschauen – und vielleicht ab und zu den Mut haben, einfach mal zu machen, was man will.

Denn seien wir ehrlich: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg – und mein Geheimtipp: Schauen Sie sich gern etwas von der jungen Generation ab. Viele davon leben hier und heute das, was wir im Herbst und Winter unseres Berufslebens (er-)leben möchten. Sprechen Sie mit den Jungen, um nicht alt auszusehen.

Alles Gute und bitte bleiben Sie gesund.

Herzlichst

Michael H. Hahl

MICHAEL HANS HAHL schreibt über Generation 50+, Veränderungsprozesse, Perspektiven im Unternehmen, Markt-/Kommunikationsstrategie

Herzlich Willkommen, ich bin Michael Hans Hahl, Sparringspartner für Prozesse, Matching, Wege und generationsübergreifendes Arbeiten. Seit fast 20 Jahren berate, coache, trainiere und spreche ich über die Themen Karriere, Personal, Jobchancen. Die Generation 50+ liegt mir dabei besonders am Herzen.

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