Navigation überspringen
article cover

Entwicklungshefte für Mitarbeiter: Erfolgreiche Personalentwicklung mit der Journaling-Methode

In vielen Unternehmen können Arbeitnehmer inzwischen von zahlreichen Weiterbildungsmaßnahmen profitieren. Ein Erfolgsgarant für die berufliche Entwicklung sind diese Angebote aber nicht. Das Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr setzt deshalb einen Schritt vorher an: bei der Selbstreflexion seiner Mitarbeiter.

Vernetzter und individueller, flexibler und autarker: Die Arbeitswelt verändert sich rasant und Biographien sind längst nicht mehr linear vorgezeichnet. Damit die Mitarbeiter ihre Potentiale entfalten können, bieten Unternehmen inzwischen ein buntes Spektrum von Entwicklungsmaßnahmen an. Umso erstaunlicher ist es, dass laut eines Forschungsberichts des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland Weiterbildungsangebote regelmäßig in Anspruch nimmt. Offenbar fällt es auch vielen Arbeitnehmern schwer, jene Angebote zu identifizieren, die sie ihren beruflichen Zielen näher bringen. Warum ist das so? Und wie können Unternehmen die Entwicklung ihrer Mitarbeiter nachhaltig fördern?

Bei Gruner + Jahr sieht man großes Potential für die berufliche Weiterentwicklung in einem Haltungswechsel. „Die meisten Mitarbeiter müssen sich erst mal die Frage beantworten, was Entwicklung für sie persönlich bedeutet“, erklärt Senior HR-Managerin Freya Greskowiak (31). „Viele von ihnen wissen oft gar nicht, wo sie hinwollen – und warum. Wir helfen ihnen dabei, das selbst herauszufinden.“

Entwicklung größer und ganzheitlicher zu denken – gerade auch im New-Work-Kontext – war der Anstoß für die neue Ausrichtung der Personalentwicklung. Zum einen, weil Entwicklungen wie flache Hierarchien und firmenübergreifendes oder ortsunabhängiges Arbeiten dazu beitragen, dass berufliche Lebensläufe individueller werden: Während Karrierewege früher klar strukturiert waren, haben Arbeitnehmer heute viel mehr Wahlmöglichkeiten – dadurch aber häufig auch weniger Orientierung. Zum anderen zeigte das Feedback der Mitarbeiter in Workshops und Gesprächen, dass sie sich trotz zahlreicher Trainingsangebote nicht rundum gefördert fühlen.

Damit die Teilnahme an solchen Maßnahmen zielgerichteter erfolgen kann und die Weiterbildungsangebote zur individuellen Entwicklung passen, haben Freya Greskowiak und ihre Kollegin Clarissa Rackow (30) in weniger als fünf Monaten gemeinsam ein Entwicklungsjournal entworfen. „Das Journal soll helfen, Klarheit über den beruflichen Weg zu erlangen und ist eine gute Grundlage für das Mitarbeitergespräch“, sagt Rackow. Es führt die Mitarbeiter in drei Kapiteln – (1) Die aktuelle berufliche Situation, (2) das Entwicklungsziel und (3) der Entwicklungsplan – zur beruflichen Selbstfindung. Mithilfe von Fragen und Übungen, die bei der Selbstreflexion helfen, notieren die Anwender dort ihre Gedanken und Erlebnisse wie in einem Tagebuch: Wie zufrieden bin ich mit meiner Situation? Wohin möchte ich mich entwickeln? Und was brauche ich, um meine Ziele zu erreichen? Auch der Titel lässt keinen Zweifel offen, bei wem der Entwicklungsprozess beginnt: „Ich – Du hast es in der Hand, deinen beruflichen Weg zu gestalten.“

Konzeptionell haben sich Freya Greskowiak und Clarissa Rackow am Journaling-Trend orientiert. „Über die Hand in den Kopf“, ist Rackow überzeugt, „lernen die Mitarbeiter, dass die Entwicklung bei ihnen selbst beginnt. Nur so können wir sie nachhaltig unterstützen.“ Das Schreiben mit Papier und Stift helfe dabei, das Tempo aus dem Arbeitsalltag zu nehmen und den eigenen Gedanken Raum zu geben. Dadurch falle es leichter, sich mit konkreten Fragen auseinander zu setzen und über die eigenen Stärken, Anforderungen und Prioritäten zu reflektieren. Dass das Entwicklungsheft optisch eher an hochwertige Mindstyle-Magazine erinnert als an gewöhnliche Corporate-Dokumente, ist ein weiteres Zugeständnis an die veränderten Bedürfnisse der Mitarbeiter. „Das Journal soll auch Spaß machen“, sagt Rackow. „Ein ansprechendes, zeitgemäßes Design motiviert natürlich eher, sich mit durchaus anspruchsvollen Fragen zu beschäftigen. Und es passt zu unserem Haus: Als wir das Journal vor der Kantine verteilt haben, wurde es uns förmlich aus der Hand gerissen.“

Wenn sich Mitarbeiter auf die kreativen Übungen einlassen und mithilfe des Journals regelmäßig ihre Gedanken sortieren, können sie im Personalgespräch eindeutigere Aussagen treffen: über ihren Ist-Zustand und ihre Wünsche, über ihre Bedürfnisse und ihre Ziele. Freya Greskowiak ist sich sicher, dass diese Selbsterkenntnisse für Führungskräfte und Personalverantwortliche von unschätzbarem Wert sind. „Wenn sich die Mitarbeiter mithilfe eines Journals gründlich vorbereiten, ergibt sich eine völlig neue Gesprächsqualität und Führungskräfte können auf konkrete Ansprüche viel besser reagieren.“ Somit führt der offene Dialog auch zu einer neuen Entwicklungsqualität – einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor im Ringen um die Loyalität der Mitarbeiter.

Dass das Entwicklungsjournal heute das Gesamtangebot der Personal- und Organisationsentwicklung bei Gruner + Jahr ergänzt, ist vor allem auch der Unterstützung durch die Geschäftsführung zu verdanken. Unternehmen, die ihren Mitarbeitern ein neues Entwicklungstool ans Herz legen möchten, sollten intern also erst mal auf Stimmenfang gehen und die Geschäftsführung ins Boot holen. Denn auch wenn die HR als Absender auftritt: Die Rückendeckung der Führungsetage ist essentiell, um das neue Angebot authentisch an die Mitarbeiter zu kommunizieren. Außerdem müssen die Führungskräfte auf die veränderte Gesprächsführung eingeschworen werden. G+J bietet zu diesem Zweck sogar ein eigenes Workshop-Format an. Ob sich das Entwicklungsjournal im Unternehmen durchsetzt oder nicht, entscheiden letztendlich aber die Mitarbeiter selbst.

Am Ende betrachten die beiden HR-Managerinnen das Projekt auch als eigenes Lehrstück. „Das Journal in dieser kurzen Zeit zu konzipieren, war eine anspruchsvolle Aufgabe. Immerhin haben wir auf einem weißen Blatt Papier begonnen und gemeinsam ein ganzes Heft gestaltet. Daran sind wir selbst ein Stück gewachsen“, resümiert Clarissa Rackow. Manchmal bedeutet Entwicklung eben auch: „Learning by Doing“.

_________________________________________________

Event-Info: Am 25.02.2020 stellt die Personalentwicklung von Gruner + Jahr ihr Journal zur Reflexion und Selbstentwicklung von Mitarbeitern auf einem MeetUp vor. Wer exklusive Einblicke ins Heft erleben, sich gern über Erfahrungen austauscht oder erfahren möchte, wie das Projekt für andere Unternehmen zugänglich gemacht werden kann, ist ab 17 Uhr im Foyer des Verlagshauses herzlich willkommen. Für das Event ist eine Registrierung erforderlich. Die Teilnahme ist kostenlos.

NWX – New Work News schreibt über Alles zur Zukunft der Arbeit

Alles zur Zukunft der Arbeit: Auf dieser News-Seite finden alle New Work-Interessierten multimedialen Content rund um das Thema. Neben Experten-Interviews, Debatten, Studien, Tipps und Best Practices, erwarten die Leser auch Video- und Podcastformate. Und natürlich ein Überblick unserer gesamten New Work Events, die mehrmals im Jahr im gesamten deutschsprachigen Raum stattfinden. Weitere spannende Inhalte zum Thema New Work finden Sie auf: nwx.new-work.se

Artikelsammlung ansehen