Frauennetzwerk „MomPreneurs“: die Gründermütter
Als sie Mutter wurde, wollte Esther Eisenhardt … ein Unternehmen gründen. Heraus kamen die „MomPreneurs“. In dem Netzwerk coacht und vernetzt sie heute Mütter, die wie sie Gründerinnen sind.
Kann man als Mutter wirklich ein Unternehmen gründen? Was nach maximalem Stress an allen Fronten klingt, ist für einige Frauen die beste aller Lösungen. Sie finden nämlich: Gerade mit kleinen Kindern ist es die beste Zeit, noch einmal etwas Neues zu starten und als eigener Chef die nötige Flexibilität zu haben. Und es gibt eine, die all diese Frauen zusammenbringen will: Esther Eisenhardt hat 2014 selbst als Mutter zweier Kinder (damals sechs und acht Jahre alt) die Netzwerk-Community „MomPreneurs“ gegründet. Das Wort setzt sich zusammen aus dem Englischen „Mom“ für Mutter und dem französichen „Entrepreneur“ – der Unter-nehmerin.
„MomPreneurs“ aus eigenem Bedürfnis heraus gegründet
Mit ihrem Unternehmen will Eisenhardt diese Mütterunternehmerinnen coachen, mit allen Erfahrungen, was sie selbst richtig, aber auch total falsch gemacht hat.
Ich bin da rigoros ehrlich und erzähle auch, womit ich vollkommen gescheitert bin.Esther Eisenhardt
Sie wollte vor den „MomPreneurs“ bereits eine andere Plattform gründen, mit einem großen Team hat sie versucht, Förderungen zu bekommen. „Wir wollten gleich das ganz große Fass aufmachen. Dann hat das mit der Förderung nicht geklappt, alles hat ewig gedauert und dann ging das Team auseinander, jeder machte was anderes“, sagt sie.
Auch sie selbst fand etwas Neues, denn während der anderen geplanten Gründung hatte sie schon aus eigenem Bedürfnis heraus die „MomPreneurs“ als Netz-werk ins Leben gerufen. „Dann hat es rund ein Jahr gedauert, bis ich gemerkt habe, dass es da einen großen Bedarf gibt und dass genau das mein Business sein könnte“, berichtet Eisenhardt. Inzwischen hält sie mehrtägige Online-Seminare mit hunderten Teilnehmerinnen, vermittelt „Masterminds“, die sich gegenseitig coachen und hilft aber auch noch ganz unkompliziert in der „MomPreneurs“ Facebook-Gruppe.
Arbeit, Kinder und Nachtschichten ab 21 Uhr
Diese Gruppe hat auch Sonja Alefi genutzt. Sie hat 2015 die Plattform „Little Travel Society“ gegründet, in der sie schicke Ferienhäuser, Familienhotels und kleine in-habergeführte Hotels vorstellt, die kinderfreundlich sind „und in denen ich selbst wohnen wollen würde“, sagt Alefi.
Nachdem sie jahrelang als Investmentmanagerin Startups betreut hat und über de-ren Finanzierung mitentschieden hat, wollte sie selbst anpacken: „Ich hatte jeden Tag so viele Geschäftsideen auf dem Tisch, dann wollte ich endlich eine meiner eigenen Ideen umsetzen“, sagt Alefi. Ihre Töchter waren damals vier, fünf und acht Jahre alt. „Und gerade in der Anfangsphase waren die ‚MomPreneurs’ oft eine große Hilfe.“
Als Mama ist es oft einfacher, wenn man sich die Zeit frei einteilen kann. Das bedeutete aber natürlich manchmal auch eine zweite Schicht ab 21 Uhr.Sonja Alefi
Einzelkämpferinnen bestärken sich gegenseitig
Da von Kleinstunternehmerinnen bis zur Kette alles in der Gruppe vertreten ist, war das für Alefi ein guter Pool an Ideen, das Feedback auf ihre Entwürfe immer hilfreich. „Ich habe darüber auch eine total tolle Frau für die IT gefunden, die mich als Progammier-Laien nicht von oben herab behandelt hat– und genau so jemanden brauchte ich“, erzählt Alefi. Im Gegensatz zu dem Startup-Netzwerk mit Männern und Frauen, in dem sie auch war, bekam sie bei den „MomPreneurs“ uneigennützigere Ratschläge: „Wenn einer nach einem guten Steuerberater fragt, bekommt er schnell 100 Tipps – und die Frauen empfehlen auch nicht nur sich selbst“, sagt Alefi.
Doch auch psychologisch bewirkt das Netzwerk viel, findet sie, denn es gebe immer noch den „confidence gap“: Frauen trauen sich oft nicht so viel zu wie die Männer. „Hier bestärkt man sich gegenseitig, der weibliche Aspekt ist ganz wichtig für den Erfolg der Gruppe. Schließlich sind gerade wir Mütter als Unternehmerinnen am Anfang oft Einzelkämpferinnen – da hilft es ungemein, zu sehen, dass man mit vielen seiner Probleme nicht allein ist.“
„Zeit ist die mit Abstand wertvollste Ressource für Mütter“
Dieses „Mindset“ zu verfestigen, ist auch Teil von Esther Eisenhardts Mission:
Wir müssen weg von dieser Idee, eine egoistische Rabenmutter zu sein, wenn wir neben den Kindern auch noch ein Business haben wollen.Esther Eisenhardt
Dieses Bewusstsein und den Mut, einfach zu machen, will sie weitergeben. An ihrer Online-Challenge „Produktiv wie nie zuvor“ haben im März rund 600 Frauen teilgenommen. Dort hat sie gezeigt, wie man aufhört, alles nur zu Durchdenken, sondern ins Machen kommt.
„Zeit ist die mit Abstand wertvollste Ressource für uns Mütter, sogar wichtiger als Geld“, sagt Eisenhardt. Deshalb sei es für Mütter noch wichtiger als für andere Gründer, einfach anzufangen – „aber natürlich nicht ohne sich zu überlegen, welches Problem man mit seinem Unternehmen löst. Ich lasse nicht locker, bis die Frauen die eine Sache haben, die ihr Unternehmen einzigartig macht. ‚Ich habe immer schon gern gehäkelt’ reicht dafür nicht aus!“, sagt sie.
Doch auch das Thema Energie ist ihr wichtig: „Mütter müssen damit haushalten. Nach Kindern, Mann, Haushalt und eigenem Business sind sie selbst oft die letzten in der Schlange. Wenn ihnen aber die Energie ausgeht, ist das fatal“, sagt Eisenhardt. In sich selbst zu investieren, in gesunde Ernährung und Sport, sei dabei wichtig. Und sich etwas zu gönnen und Auszeiten zu nehmen: „Ich selbst fahre zum Beispiel alle paar Jahre mal nach Indien, ohne Kinder. Und das ist nicht egoistisch“, sagt sie. „So eine Gründung ist ja ein Marathon und kein Sprint. Da muss man dafür sorgen, dass man durchhält.“
Auch die Kinder profitieren – und werden selbst Gründerinnen
Um die wertvolle Zeit zu sparen, rät sie auch, smarte Tools zu nutzen und virtuell zu kommunizieren. Sonja Alefi macht das auch so, denn in der „Little Travel Society“ arbeitet sie mittlerweile mit rund zehn angestellten und freien Mitarbeitern zusammen. „Wir nutzen das Projektmanagement-Tool Trello, einen Cloud-Speicher und unsere Meetings finden meist über Skype-Calls statt. Daher ist meine Infrastruktur sehr schlank und meine Fixkosten sind gering. Ich glaube, dass viele – auch größere Unternehmen – so arbeiten könnten“, sagt Alefi.
Für sie und Eisenhardt ist Mutter und Unternehmerin zu sein, keinesfalls ein Widerspruch sondern der beste aller Lebensentwürfe. Und laut Eisenhardt profitieren auch die Kinder: „Man kann ihnen ja sonst auch keine Bandbreite des Lebens zeigen. Ich will sie inspirieren und ein Vorbild sein. Sie sollen sich ja nicht denken: Die Eltern sitzen da immer so langweilig zuhause rum: Das will ich später mal nicht!“
In Eisenhardts Fall hat das schon ganz konkrete Früchte getragen: „Meine Tochter will jetzt mit 13 ihr eigenes Business starten, rund um den Teenie-Trendsport Hobby-Horsing – also Steckenpferdreiten. Da bin ich dann auch mal nicht Mom, sondern Coach“. Die „DaughterPreneurs“ werden also bald nachrutschen.
Text: Maria Zeitler