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Claudia Fischer-Appelt ist Inhaberin der Hamburger Design- und Kommunikationsagentur Karl Anders

"Man muss neugierig bleiben, um vorwärts zu kommen."

Claudia Fischer-Appelt ist Inhaberin der Hamburger Design- und Kommunikationsagentur Karl Anders. 2011 hängte sie ihre Karriere als Chief Creative Officer der Agenturgruppe Fischer-Appelt an den Nagel und wagte einen beruflichen Neustart, um sich kreative Freiräume zu schaffen.

Im Rahmen der NWXnow, dem digitalen Pendant zur NEW WORK EXPERIENCE, spricht sie im Live-Talk mit Youtuberin Diana zur Löwen und der Beraterin für Influencer Ann-Katrin Schmitz darüber, was verschiedene Generationen im Berufsleben voneinander lernen können. Wir haben sie vorab zum Interview getroffen.

Claudia, was Medien und Experten als New Work bezeichnen, ist für Dich ein altes Phänomen in neuem Gewand. Wie definierst Du das Phänomen denn?

Claudia Fischer-Appelt: Die neue Arbeitswelt hat für mich etwas mit Hierarchie zu tun, oder besser: mit der Auflösung von Hierarchien. Zum Beispiel, indem klassische Berufsbezeichnungen oder Rollendefinitionen aufgebrochen werden. Wer arbeitet mit wem, wie stelle ich Teams zusammen und wie werden Arbeitsabläufe organisiert? Das sind alles Fragen, die mich schon lange in meinem Berufsalltag begleiten. Feste Strukturen, Abläufe und Freigabeprozesse, wie ich sie aus größeren Agenturen kenne, habe ich dabei längst über den Haufen geworfen. Außerdem spielt Flexibilität eine große Rolle und der Mut, über Grenzen hinaus zu gehen. Dass heute in vielen Unternehmen etwas als New Work bezeichnet wird, das wir bei uns schon lange praktizieren, habe ich erst hinterher verstanden.

Was macht Ihr bei Karl Anders konkret anders als andere Unternehmen?

Claudia Fischer-Appelt: Dadurch, dass wir so klein sind, führen bei uns alle Mitarbeiter mehrere Rollen aus. Ich selbst auch: Ich bin praktisch Projektmanagerin, Art-Direktorin, Kreativdirektorin und Geschäftsführerin in einer Person. Diese Flexibilität hatte ich früher nicht, deshalb genieße ich das sehr. Die Hälfte unserer Mitarbeiter hat außerdem eine Vier-Tage-Woche und realisiert nebenbei noch andere Projekte. Ein Kollege entwickelt zum Beispiel noch ein Magazin, ein anderer macht in seiner Freizeit Musik und verbringt den fünften Wochentag mit seiner Band. Diese Vielseitigkeit finde ich toll, weil sie uns auch in der täglichen Arbeit inspiriert. Deshalb fördere ich sie so gern. Darüber hinaus betreiben wir in unserem Büro einen Coworking Space und sitzen deshalb mit unseren Freien gleichberechtigt auf einer Fläche. Das regt natürlich zusätzlichen Austausch an.

Du hast in einem Artikel geschrieben, dass sich Unternehmen heute nicht mehr durch Produkte, sondern durch Werte differenzieren. Für welche Werte steht Karl Anders?

Claudia Fischer-Appelt: Ich würde sagen, wir sind sehr wahrhaftig, auch wenn das vielleicht ein bisschen esoterisch klingt. Wir sind sehr menschlich und echt, aber trotzdem professionell und direkt. Wenn etwas Mist war, dann sagen wir das auch. Hierarchien spielen dabei keine Rolle. Ob Chef oder Angestellter, jeder kämpft immer um seine Sache. Uns ist aber auch Humor extrem wichtig. Im Vorstellungsgespräch beobachte ich immer, ob mich die Bewerber verstehen. Man sollte auf einer Linie sein, wenn man den ganzen Tag zusammen ist.

Zu welchem Zeitpunkt hast Du eigentlich beschlossen, Dich mit Deiner eigenen Agentur selbständig zu machen?

Claudia Fischer-Appelt: Der Auslöser war bei mir eindeutig das Thema fehlende Kreativität. Ich hatte irgendwann immer weniger Einfluss auf das kreative Produkt, weil ich in meiner damaligen Agentur mehr Management-Funktionen übernommen habe. Das konnte ich zwar auch, aber mir kam die kreative Arbeit viel zu kurz. Deshalb habe ich 2011 nochmal von klein auf angefangen. Erste Pläne, mich selbständig zu machen, hatte ich aber schon viele Jahre vorher, unter anderem mit einem Projekt namens “mamamoto” und dem Ziel, das Bild der Mutter und der Familie in der Gesellschaft zu verändern. Es gab aber verschiedene Gründe, warum ich das damals nicht weiterverfolgt habe.

Selbständigkeit bedeutet auch, Aufmerksamkeit und Reichweite für sich selbst zu schaffen, für viele Menschen ist das eine große Herausforderung. Wie schaffst du das?

Claudia Fischer-Appelt: Ehrlich gesagt gehört Selbstvermarktung nicht gerade zu meinen Stärken. Ich habe großes Glück, dass mein Geschäftspartner Lars unfassbar gut vernetzt ist. Er nimmt Themen wie Akquise und Vermarktung in die Hand und baut mir dann eine Brücke. Man sollte sich also mit jemandem zusammentun, der solche Themen beherrscht (lacht). Inhalte, die mir besonders wichtig sind, schreibe ich aber auch gern auf und veröffentliche sie zum Beispiel hier als XING Insider.

Welche Voraussetzungen braucht man Deiner Meinung nach sonst noch, um sich eine unabhängige Karriere aufzubauen?

Claudia Fischer-Appelt: Man muss es sich natürlich zutrauen und eine Menge Energie haben, um selbständig ein Projekt oder ein Unternehmen aufzuziehen. Vor allem aber muss man neugierig sein – und bleiben –, um Veränderungen anzustoßen. Mich interessiert es zum Beispiel extrem, wie die neuen digitalen Kanäle funktionieren und wie man sie sich zunutze macht. Und ich finde es spannend herauszufinden, wie die jüngere Generation tickt.

Stichwort Generation: Inwieweit können Alt und Jung Deiner Erfahrung nach im Berufsalltag voneinander profitieren?

Claudia Fischer-Appelt: Wir sind als Kreativagentur immer auf der Suche nach Innovationen, deshalb freuen wir uns über die frischen Perspektiven jüngerer Mitarbeiter. Ich betrachte es als großes Privileg meiner Arbeit, dass ich mit so vielen jungen Leuten zu tun habe. Gleichzeitig profitieren sie natürlich von den Erfahrungen älterer Kollegen. Ganz grundsätzlich finde ich aber: Je diverser, desto besser. Ich habe schon immer darauf geachtet, dass wir in ausgeglichenen Teams arbeiten, auch was die Verteilung von Männern und Frauen betrifft.

Hast Du noch einen Karriere-Tipp, den Du früher selbst gern bekommen hättest?

Claudia Fischer-Appelt: Wir haben bei Karl Anders ein Motto: “The brain runs on fun.” Ein Job muss Freude machen und einen gewissen Fun-Faktor erzeugen. Diese Erkenntnis hätte ich gern früher gehabt. Stattdessen habe ich nach der Schule eine biedere Banklehre gemacht und dort gelernt, dass das Leben kein Ponyhof ist. Erst danach habe ich gemacht, worauf ich wirklich Lust hatte und Kommunikationsdesign studiert. Das war eine richtige Befreiung! Ich glaube deshalb fest daran, dass Spaß ein wesentlicher Faktor ist, um im Job voranzukommen und gute Sachen zu machen.

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Mehr von Claudia Fischer-Appelt gibt es am Mittwoch, 2. September 2020. Claudia Fischer-Appelt spricht dann mit Youtuberin Diana zur Löwen und der Beraterin für Influencer Ann-Katrin Schmitz im NWXnow-Live-Talk darüber, wie man aus Interessen und Stärken einen eigenen Weg und eine neue Marke formt, eine Vision für das eigene Tun entwickelt, wie Unternehmen von diesem Unternehmergeist profitieren – und was sie von ihm lernen können. Unser Generationengespräch beleuchtet sehr persönliche Wege zu Neuer Arbeit.

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Die digitale Formatreihe NWXnow ist, analog zur NEW WORK EXPERIENCE, das Forum für die Diskussion zur Zukunft der Arbeit. Die NWXnow beinhaltet Videocasts, bei denen Fachleute aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik über den Wandel der Arbeitswelt sprechen, spannende Artikel, Hintergrundinformationen, Interviews, Online-Workshops, Live-Talks und vieles mehr. Die zentrale Fragestellung: Was kommt, was bleibt und was verändert sich?

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NWX – New Work News schreibt über Alles zur Zukunft der Arbeit

Alles zur Zukunft der Arbeit: Auf dieser News-Seite finden alle New Work-Interessierten multimedialen Content rund um das Thema. Neben Experten-Interviews, Debatten, Studien, Tipps und Best Practices, erwarten die Leser auch Video- und Podcastformate. Und natürlich ein Überblick unserer gesamten New Work Events, die mehrmals im Jahr im gesamten deutschsprachigen Raum stattfinden. Weitere spannende Inhalte zum Thema New Work finden Sie auf: nwx.new-work.se

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