„New Work“ ist kein Selbstzweck: Warum man sich niemals auf Best Practices verlassen sollte
Es ist der Preis für zukunftsweisendes Arbeiten im deutschsprachigen Raum: Der NEW WORK AWARD. 2013 konnte das Berliner Unternehmen „Dark Horse Innovation“ mit ihren mutigen Führungs- und Organisationskonzepte den 3. Platz beim New Work Award gewinnen. Doch was hat sich seit dem Gewinn des Awards verändert? Im Interview schildert Co-Founder Christian Beinke seine Erfahrungen und gibt Ratschläge für die erfolgreiche Umsetzung von New Work.
Christian Beinke: Unsere Firmen-Vision beinhaltete damals zwei Aspekte: Zum einen für unsere Kunden maximal agil und innovativ zu wirken. Zum anderen die idealen Strukturen für Innovation und persönliche Entwicklung in unserem Unternehmen zu gestalten. Diese beiden Aspekte bedingen sich unserer Meinung nach. Wir haben als Kollektiv aus 30 Personen Dark Horse gegründet, die alle komplett gleichgestellt sind. Post-hierarchisches Management haben wir das genannt. Das bedeutet in unserem Fall, für uns gegenseitig maximale Selbstorganisation, stetige Sinnhaftigkeit in der Arbeit und persönliche Entwicklung zu fördern.
Christian Beinke: Der Award war für uns in vielerlei Hinsicht bedeutsam. Wir haben für etwas, dass wir für ein ganz natürliches Experiment gehalten haben, viel Aufmerksamkeit bekommen. Das hat uns gezeigt, dass dieses Problem nicht nur uns, sondern viele Menschen betrifft. Diese Erkenntnis hat uns bestärkt, uns in dieser Hinsicht weiterzuentwickeln und trotz aller Schwierigkeiten dran zu bleiben.
Christian Beinke: Sehr viel und gleichzeitig sehr wenig. Die Ideal-Vorstellung eines Unternehmens aus Gleichwertigen, die gemeinsam gestalten und zusammen etwas in der Welt bewegen wollen, ist geblieben. Heute wissen wir natürlich noch viel besser, in welchen Rahmenbedingungen das funktionieren kann, welche Mechanismen funktionieren und welche Grenzen Selbstorganisation hat. Besonders auf der operativen Ebene haben wir sehr viel gelernt und angepasst. Außerdem steuern und entwickeln wir unser Unternehmen heute viel strategischer.
Christian Beinke: Stolpersteine sind natürlich immer Themen, zu denen man oft unterschiedliche Einstellungen hat und die die Beziehung des Einzelnen zu der Gruppe betreffen. Leistung, Bezahlung, Qualität der Arbeit, etc. Die Regelung dieser Fragen, setzt eine bestimmte Handlung voraus, aber auch das Testen von verschiedene Varianten und Systemen. Es ist illusorisch zu glauben, dass ein eingeführtes System direkt funktioniert. Stattdessen ist unsere Einstellung, agil heranzugehen und bewusst Test-Zyklen mit Hypothesen zu hinterlegen, um systematisch lernen zu können. Das bedeutet auch, diese Lern-Erfahrungen gemeinsam zu machen, um gemeinsame Erkenntnisse zu erlangen, die das Wachstum und die Entwicklung langfristig fördern.
Gemeinsame Werte und Vertrauen sind die Basis. Ohne diese Basis geht gar nichts, deshalb muss sie regelmäßig erneuert werden.
Machen und entscheiden gehören genauso zusammen wie verändern und partizipieren. Die isolierte Betrachtungen einzelner Issues funktionieren nicht. Man muss immer ganzheitlich auf das System schauen und im Blick behalten, warum man etwas verändern möchte.
Wir als Unternehmen mussten neben der operativen Arbeit immer wieder Wege finden, alle auf das gleiche Informations- und Wissens-Niveau zu bringen. Nur so können Veränderungen erfolgreich funktionieren.
„New Work“ ist kein Selbstzweck. Wer etwas aus der Lust am Neu machen verändern möchte, muss begründen können, was damit bezweckt werden soll, denn man verändert immer andere. Seid Euch gut bewusst, warum Ihr Neues probieren wollt und priorisiert, bzw. legt fest, was nicht gemacht wird.
Verlasst euch niemals, wirklich niemals auf „Best Practices“. Diese blenden notwendigerweise den Kontext aus und haben klare Rahmenbedingungen. Deshalb funktionieren sie nur in einem bestimmten Kontext. Kennt man diesen nicht zu 100%, macht man vermutlich einige entscheidende Fehler, die man nicht einmal bemerkt. Es ist wichtiger zu verstehen, welche Mechanismen jeweils wirken. Diese müssen an die Fähigkeiten der Menschen angepasst sein, denn nicht jeder kann im gleichen Kontext arbeiten.
Denkt die Veränderungen in Test-Zyklen, gemäß des agilen Mindsets. Wir nennen das MVC-Stufen (Maximum Viable Change). Damit meinen wir jeweils die maximal realisierbaren Veränderungen. Struktur, Kultur, operatives Geschäft, Weiterentwicklung, Fähigkeiten und Umwelt-Bedingungen ergeben ein komplexes Miteinander. Je besser wir die einzelnen Faktoren jeweils möglichst isolieren können, desto besser können wir die Veränderungen insgesamt planvoll und agil vorantreiben.
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Über den NEW WORK AWARD
Der NEW WORK AWARD ist der Preis für neue Konzepte der Arbeit. Zum siebten Mal werden in diesem Jahr im Rahmen der NEW WORK EXPERIENCE 2020 Praktiker und Visionäre in vier Kategorien ausgezeichnet. Ihr habt innovative Ideen zur Zukunft der Arbeit? Dann bewerbt Euch für den NEW WORK AWARD 2020!
Um allen BewerberInnen die Möglichkeit zu geben, sich für den diesjährigen NEW WORK AWARD trotz oder gerade angesichts der bestehenden Herausforderungen zu bewerben, haben wir entschieden die Bewerbungsfrist bis zum 30.06.2020 zu verlängern.
Gleichzeitig entstehen durch die Krise aber auch ganz neue Dimension und Potentiale von New Work. Diese wollen wir jetzt im NEW WORK AWARD verankern und haben ihn deshalb um die Sonderkategorie „NEW WORK CRISIS HERO“ erweitert.
Mehr Infos dazu gibt es hier >>
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