Wie bitte geht Free Bleeding?
>> Jahrtausendelang haben sich vor allem Männer mit dem Thema beschäftigt: Hippokrates hat um 400 v. Christus das Menstruationsblut als Ausscheidung überflüssiger Körpersäfte deklariert. Die Frau sei feuchter und schwächer konstruiert als ein Mann und müsse sich daher monatlich reinigen. Plinius der Ältere verbreitete dann im 1. Jhd. nach Chr. in seiner „Naturgeschichte“, dass das Menstruationsblut giftig sei, der Wein sauer, die Feldfrüchte unfruchtbar werden und die Baumfrüchte, unter denen Menstruierende gesessen haben, abfallen. Außerdem beschreibt er – wer kennt ihn nicht? – den bösen Blick blutender Frauen, der Spiegelflächen matt werden lässt, Geräte stumpf und Erz sowie Eisen rostig und überlriechend.
Damit waren die antiken Gelehrten prima Wegbereiter für ein Stigma, das sich über das Mittelalter bis in die Neuzeit zieht. Bei uns wird zwar heute keine Frau während ihrer Regelblutung mehr vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, aber offen drüber geredet wird auch nicht. Deshalb haben Britta Wiebe und Jamin Mahmood 2021 das Startup Vulvani gegründet – einen digitalen Bildungsmarktplatz rund um Menstruation, Zyklusgesundheit und Sexualität.
Vulvani entwickelt aus unangenehmen Themen ein digitales Bildungsprodukt, das in der Benutzung Spaß machen soll. Mithilfe von interaktiven Online-Kursen und einem Online-Magazin können unkompliziert Wissenslücken über den menstruierenden Körper geschlossen werden. Die Mission der Founder ist es, möglichst viele Menschen zu ermutigen, sich intensiv und bewusst mit den eigenen Körpern auseinanderzusetzen, um gemeinsam den Kreislauf der Tabus zu durchbrechen. Und das funktioniert, klar – durch Aufklärung.
Aber wie kommt man darauf, sich diesem Thema so hinzugeben? Auslöser für ihre Leidenschaft am Thema Menstruation war ihre erste Begegnung mit Free Bleeding während eines Auslandsaufenthalts. „Wie konnte es sein, dass ich all diese Jahre nix davon wusste, dass ich mein Periodenblut auch kontrolliert auf der Toilette ablassen kann“, fragt sich Wiebe. Zum ...