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© Getty Images/Hero Images

Wie digitale Innovationen die Pflege verbessern

Der Einwand ist nicht neu und nicht unberechtigt: In der Pflege gibt es zu viel Bürokratie und zu wenig Zeit für die Pflegebedürftigen. Wie kann digitale Technik dazu beitragen, die Dokumentation der Arbeit so zu vereinfachen, dass mehr Zeit für die Menschen bleibt?

Megatrends wie Digitalisierung, Globalisierung und demografischer Wandel verändern unsere Lebens- und Arbeitsweisen. Auf dem Weg zur Arbeitswelt der Zukunft steht auch das Gesundheitswesen vor besonders großen Herausforderungen. Lern- und Experimentierräume ermöglichen es, zu testen, wie innovative Technik, intelligentes Daten-Management und neue Formen der Arbeitsorganisation dabei helfen können, diese Herausforderungen erfolgreich und gemeinsam zu meistern. Vier innovative und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter dem Dach der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) geförderte Lern- und Experimentierräume aus der Gesundheitsbranche stellen wir hier vor.

Sprint-Doku heißt ein Förderprojekt, das versucht, diese Fragen zu beantworten. Ausgangspunkt des Projektes ist eine simple Beobachtung: „Der Mensch spricht drei- bis viermal so schnell, wie er schreiben kann“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Becker, Leiter von Sprint-Doku und des HFH-Studienzentrums Essen. „Durch Spracherkennungssysteme wollen wir das Pflegepersonal von Dokumentationsaufgaben entlasten“, sagt Becker. Dabei setzt das Projekt auf die digitale Dokumentation und die auf Deep Learning und neuronalen Netzen basierende sprecherunabhängige Spracherkennung. Diese soll das Pflegepersonal entlasten und die Arbeitsqualität steigern.

Pflegeberufe sind nicht nur psychisch herausfordernd, sondern oft auch körperlich anstrengend. Viele Pflegende müssen häufig schwere Lasten heben und tragen – das belastet den Rücken. Zu den regelmäßig vorkommenden anstrengenden Tätigkeiten gehört das Umbetten, zum Beispiel aus dem Rollstuhl ins Bett oder umgekehrt. „Wir wollen herausfinden, ob und wie das Pflegepersonal mit Hilfe von Exoskeletten entlastet werden kann“, berichtet Joseph Huber, Leiter des Projekts Expertise 4.0 der BruderhausDiakonie Reutlingen. Die künstlichen Außenskelette, die zum Beispiel von Protesenherstellern angeboten werden, sollen Pflegende dabei unterstützen, dass sie bei ihrer Arbeit gesund bleiben. „Die Problemanalyse haben wir abgeschlossen“, berichtet Huber. „Jetzt sind wir dabei, konkrete Einsatzfälle zu definieren und dafür Lösungen zu finden.“

Welche Technologie kann die Pflege verbessern?

Neue Technologien können nützlich, sollten aber nie Selbstzweck sein. Das ist eine Erkenntnis von Vanessa Kubek, Vorstand im Institut für Technologie und Arbeit Kaiserslautern und Leiterin des INQA-Experimentierraums PFL-EX. „Es nützt ja nichts, wenn zum Beispiel ein Einrichtungsleiter ein autonomes Logistik-Fahrzeug bestellt, von dem die Beschäftigten nicht wissen, wie sie es in ihre Arbeitsabläufe integrieren sollen.“ Bei PFL-EX steht die Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in neue Prozesse im Vordergrund. Welche Technologien zum Einsatz kommen, richtet sich nach den Bedürfnissen des Personals in den drei beteiligten Pflegeeinrichtungen. Das kann eine Anwendung sein, die die Kommunikation zwischen Pflegenden, Ärztinnen und Ärzten verbessert oder Videotechnik, die ärztliche Sprechstunden im ländlichen Raum ermöglicht. „Wir arbeiten dabei nur mit marktreifen Produkten“, sagt Kubek. „Unsere Erfahrung ist, dass noch nicht ausgereifte Hightech, die noch fehleranfällig ist, mehr Frust als Nutzen bringt.“

Digitale Kompetenzen bei der Personalentwicklung mitdenken

Auch in Krankenhäusern hat der digitale Wandel längst Einzug gehalten. So wird neue digitale Technik angeschafft – aber nicht immer gelingt es, die Beschäftigten dafür zu gewinnen, die vorhandene Software oder neue Geräte auch optimal einzusetzen. Der INQA-Experimentierraum DigiKIK untersucht, welche Strukturen, Prozesse und Instrumente Krankenhäuser brauchen, damit digitale Kompetenzen wirklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ankommen. „Uns ist es sehr wichtig, dass wir die Digitalisierung mitarbeiterzentriert gestalten“, sagt Projektleiterin Michaela Evans. So wurde in einem ersten Schritt abgefragt, welchen Bedarf an digitalen Kompetenzen die Mitarbeitenden selbst sehen. „Langfristig sollen digitale Fähigkeiten bei der Personalentwicklung mitgedacht werden“, betont Evans. „Wir wollen herausfinden, welche Kompetenzen das Personal in unseren Betrieben benötigt und welches Wissen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst mitbringen sollten.“

Service-Info: Die INQA-Experimentierräume sind Projekte der im Jahr 2002 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ins Leben gerufenen und sozialpartnerschaftlich getragenen Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA). Mehr über diese und andere Projekte, die sich der Zukunft der Arbeit widmen, erfahren Sie auf dem Webportal www.experimentierraeume.de.

NWX – New Work News schreibt über Alles zur Zukunft der Arbeit

Alles zur Zukunft der Arbeit: Auf dieser News-Seite finden alle New Work-Interessierten multimedialen Content rund um das Thema. Neben Experten-Interviews, Debatten, Studien, Tipps und Best Practices, erwarten die Leser auch Video- und Podcastformate. Und natürlich ein Überblick unserer gesamten New Work Events, die mehrmals im Jahr im gesamten deutschsprachigen Raum stattfinden. Weitere spannende Inhalte zum Thema New Work finden Sie auf: nwx.new-work.se

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