Dr. Bernd Slaghuis

Dr. Bernd Slaghuis

für Job & Karriere, berufliche Neurorientierung, Bewerbung

5 kluge Antworten, wenn Ihr Chef Sie für dumm verkauft

Bild: 123rf.com | Anton Estrada

"Das müssen Sie nicht verstehen. Entscheidung von oben." Kennen Sie solche Sprüche von Ihrem Chef, mit denen Sie dumm und klein gehalten werden? Mit diesen 5 Antworten können Sie souverän darauf reagieren. 

Sie möchten doch nur verstehen, was die Hintergründe eines Arbeitsauftrags sind oder benötigen dringend eine Entscheidung von oben, doch Ihre Führungskraft bügelt Sie kurz und knapp mit einem Spruch ab, dreht sich um und kehrt zum Tagesgeschäft zurück. Ob aus purer Gewohnheit, akutem Zeitmangel, eigener Überforderung oder der Angst, dass Mitarbeiter zu viel wissen – die Ursachen für solch ein Verhalten von Chefs sind vielfältig. Hier sind fünf Sprüche von Chefs, die ihre Mitarbeiter für dumm verkaufen und meine Tipps, wie Sie gelassen darauf reagieren können:

1| Das müssen Sie nicht verstehen.

Dies ist der Klassiker, mit dem Chefs Mitarbeiter für dumm verkaufen – häufig mit dem Zusatz „Entscheidung von oben“. Wer was warum entschieden hat, warum Aufgaben so und nicht anders abzuarbeiten sind, warum etwas wichtiger als anderes ist – was geht es den kleinen Mitarbeiter an? Diese Antwort eines Chefs ist die schnellste und gleichzeitig machtvollste Abwehr von lästigen Mitarbeiterfragen.

Wie wäre es, wenn Sie das nächste Mal mit einem „Ich möchte es aber gerne verstehen.“ reagieren? Lassen Sie sich nicht abwimmeln und machen Sie Ihrem Chef deutlich, dass es Sie wirklich interessiert und warum es für Sie persönlich oder Ihre Arbeit wichtig ist. Schließlich hat es einen Grund, warum Sie fragen. Und falls Ihr Chef hierfür gerade keine Zeit hat, dann finden Sie einen späteren Zeitpunkt, zu dem Sie beide darüber sprechen können.

2 | Das kann ich nicht entscheiden.

Mit diesem Satz drückt sich Ihr Chef vor seiner Verantwortung und blockt Ihr Anliegen kurz und bündig ab. Für die meisten Ihrer Kollegen dürfte es damit erledigt sein und sie ziehen ohne Lösung von dannen.

Fordern Sie eine Lösung ein, statt sich als Mitarbeiter für dumm verkaufen zu lassen. Die einzig logische Frage in dieser Situation lautet doch „Wer kann es stattdessen entscheiden?“. Machen Sie deutlich, dass es Ihnen wichtig ist und warum Sie in dieser Angelegenheit eine Entscheidung benötigen – von wem auch immer. Wenn Ihre Führungskraft Sie weiter abwimmelt, dann unterbreiten Sie doch von sich aus einen Vorschlag als Lösungsidee, welche Entscheidung Sie in dieser Situation treffen würden und fragen Sie, ob dies so in Ordnung ist.

3 | Wir sitzen hier alle im selben Boot.

Hier haben Sie es mit dem jammernden Chef als armes Opfer zu tun. Ein Chef-Spruch, den wirklich kein Mitarbeiter braucht. Sie erwarten eine Entscheidung oder Handlung und werden stattdessen zum Leidensgenossen erklärt. Es ist nett, dass sich Ihr Chef auf Augenhöhe begibt und mit Ihnen über die miesen Umstände oder dummen Entscheidungen im Management jammert, doch es bringt Sie nicht weiter. Womöglich sitzen Sie tatsächlich mit Ihrem Chef in einem Boot, doch solange es noch Hierarchien und damit Führung in Unternehmen gibt, solange ist auch Ihr Chef der Steuermann (oder die Steuerfrau) im Boot.

Nehmen Sie ihn oder sie in die Verantwortung, die sie/er als Ihre Führungskraft hat, indem Sie sagen, wie Sie die belastende Situation wahrnehmen, wie es Ihnen damit geht und was Sie sich wünschen, dass es sich in Zukunft verändert. Fragen Sie Ihre Führungskraft „Was können oder werden Sie dazu beitragen, dass sich etwas verändert?“. Führungskräfte sind mehr als besser bezahlte Mitarbeiter mit Sonderaufgaben, sie haben Mitarbeiterverantwortung. Auch wenn Ihr Chef Ihnen mit dieser Aussage klar machen möchte, dass er sich machtlos fühlt, müssen Sie nicht mit auf diesen Zug aufspringen. Und irgendwann sollten Sie auch entscheiden, ob es noch Ihr „Boot“ ist, in dem Sie sitzen und scheinbar auf offenem Meer ohne Navigation treiben.

4 | Machen Sie sich keine Sorgen.

Haben Sie bei dieser Reaktion Ihrer Führungskraft das Gefühl, sie oder er könnte es nicht ernst meinen, dann lassen Sie sich nicht mit dieser Beschwichtigung abspeisen und fragen Sie nach. Was ist es schließlich für ein Chef (und Mensch), der Ihre Sorgen und Ängste als sein/e Mitarbeiter/in nicht ernst nimmt?

Besprechen Sie mit ihr oder ihm in einem klärenden Gespräch – am besten in Ruhe in einem Termin, was Ihnen durch den Kopf geht, welche Sorgen Sie sich machen und worauf Ihre Ängste beruhen. Schildern Sie Ihre Sicht der Dinge und fragen Sie nach, was Ihr Chef Ihnen hierzu sagen kann. Sicherlich dürfen Führungskräfte nicht immer über alles sprechen, was im Unternehmen geschieht oder auf höherer Ebene hinter verschlossenen Türen beschlossen worden ist, doch Sie haben als Mitarbeiter mehr Klarheit und Ehrlichkeit verdient als ein lapidares „Machen Sie sich mal keine Sorgen!“.

5 | Sie sollen arbeiten, nicht denken.

Zu diesem Chef-Spruch habe ich mal einen eigenen Beitrag hier geschrieben – mit damals unfassbar viel Resonanz von Angestellten, die diesen Satz so oder ähnlich schon zu hören bekommen haben. Wer als Chef eine solche Kultur in sein Team pflanzt, der züchtet Dienst nach Vorschrift leistende Mitarbeiter. Menschen als Arbeitsmaschinen, denen Effizienz und Qualität egal sind. Ein Chef-Spruch, mit dem Sie als Mitarbeiter im wahrsten Sinne des Wortes für dumm verkauft werden, denn Ihre Sichtweisen, Vorschläge und Meinungen interessieren nicht.

Hören auch Sie diesen Satz von Ihrem Chef, dann empfehle ich Ihnen, grundsätzlich darüber nachzudenken, ob Sie in diesem Team und auch bei diesem Arbeitgeber mittelfristig noch eine gute Zukunft haben. Und für den spontanen Moment könnte dies eine Reaktion – mit Lächeln – sein: „Es tut mir leid, dass ich heute mein Gehirn zur Arbeit mitgebracht habe.“ Und falls Sie doch keine Lust haben, ab sofort Dienst nach Vorschrift zu schieben, dann bleiben Sie auch hier am Ball: Erzählen Sie Ihrem Chef oder anderen Kollegen von Ihren Gedanken oder Ideen und warum Sie glauben, dass sie wichtig für das Unternehmen, die Abläufe, Produkte, Kunden oder auch nur für Ihre tägliche Arbeit sind.

Wer sich von Chefs und Kollegen klein machen lässt, der kann als Mensch selbst nicht wachsen.

Sie haben bis hierher vermutlich schon spitz bekommen, dass es mir mit diesem Text weniger darum geht, unfähige Chefs an den Pranger zu stellen – auch wenn ich Ihren Applaus als frustriert Mitarbeitende förmlich hören kann, sondern an Ihr eigenes Verhalten zu appellieren. Es ist Ihre Entscheidung, ob Sie solche für Sie in einer Situation unbefriedigenden Aussagen Ihres Chefs oder anderer Menschen einfach so akzeptieren oder ob Sie Klarheit darüber schaffen, warum es Ihnen wichtig ist, darüber zu sprechen und eine Lösung zu finden.

Ich erlebe im Coaching regelmäßig Arbeitnehmer, die über einen langen Zeitraum von ihren Chefs oder Kollegen klein gehalten worden sind. Menschen, die sich in ihren Jobs seit Jahren langweilen und Dienst nach Vorschrift erledigen, weil sie längst begriffen haben, dass sie keine befriedigenden Antworten auf ihre Fragen erhalten oder ihre Meinung unerwünscht ist. Ich bin immer wieder erschrocken, wie sehr sie mit der Zeit selbst aufgegeben haben, an ihre Stärken zu glauben und so alles das nicht mehr wertschätzen können, was ihr Fachwissen und die meist jahrelange Berufserfahrung wertvoll machen. Eine Abwärtsspirale aus Frust und mangelndem Selbstvertrauen, die es Betroffenen immer schwerer macht, sich aus der belastenden Situation zu befreien, geschweige denn als Bewerber einem neuen Arbeitgeber gegenüber die nötige Stärke zu zeigen.

Haltung bewahren, Klarheit schaffen

Achten Sie bewusst darauf, dass Sie im Job nicht chronisch geschwächt und klein gemacht werden – weder von einem Chef, noch von Kollegen. Akzeptieren Sie das Verhalten anderer nicht, das Sie schwächt, sondern ändern Sie Ihr eigenes Verhalten. Versuchen Sie auch, mehr von dem im Job und Privatleben zu tun, das Ihnen liegt, Freude macht und Kraft gibt. Denn nur dann können Sie eine solche Haltung einnehmen und bewahren, die es Ihnen ermöglicht, so zu reagieren, wie ich es oben beschrieben habe. Manchmal erfordert es etwas Zeit und Übung, also seien Sie nicht zu streng mit sich selbst, wenn Sie beim nächsten Mal nicht sofort die Reaktion Ihrem Chef gegenüber zeigen können, die Sie sich heute wünschen.

Und na klar, auch Chefs sind Menschen und können mal gestresst und genervt sein oder einfach nur einen schlechten Tag haben. Vielleicht ist Ihr Chef gerade in ein wichtiges Thema vertieft und fühlt sich durch Ihre Frage unterbrochen und gestört. Was läge da nicht näher, als Sie mit einer dieser Antworten schnell abzuspeisen? Ich weiß aus Coachings, dass es viele Führungskräfte im Alltag gar nicht bemerken, wenn sie diese oder andere Sprüche zwischen Tür und Angel mal eben so daher sagen. Daher mein Rat: Machen Sie Ihrer Führungskraft in einer solchen Situation bewusst, dass Ihnen eine Antwort so nicht ausreicht und fragen Sie nach, statt sich nur frustriert an Ihren Arbeitsplatz zurückzuziehen.

Und falls Sie als Führungskraft diesen Beitrag lesen, dann achten Sie in Zukunft doch einmal bewusst darauf, wie Sie auf Fragen Ihrer Mitarbeiter reagieren. Ist es die schnelle, vertröstende oder sogar abweisende Antwort, um im stressigen Tagesgeschäft Ruhe zu haben? Oder nehmen Sie die Anliegen Ihrer Mitarbeitenden ernst und schaffen die Klarheit, die Sie in dieser Situation und in Ihrer Rolle schaffen können? Denn wer als Führungskraft seine Mitarbeiter im Team klein hält, der wird selbst nicht wachsen.

Ich wünsche Ihnen viel Klarheit in der Zusammenarbeit! 

Ihr & Euer

Kennen Sie auch solche oder ähnliche Sprüche von Chefs oder Kollegen - und wie gehen Sie damit um? Ich bin gespannt auf Ihre Kommentare. 

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Dieser Beitrag ist zuerst auf meinem Karriere-Blog erschienen.

Wer schreibt hier?

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Karriere- und Business-Coach, Dr. Bernd Slaghuis

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Karriere ist heute mehr als nur "höher, schneller, weiter". Seit 2011 habe ich über 1.800 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf begleitet. Von der Neuorientierung und Bewerbung bis zum Onboarding. Meine Erfahrungen teile ich hier als XING Insider, auf meinem Blog und als SPIEGEL-Kolumnist.
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