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Alles klar: Die Gegenwart ins richtige Licht setzen

Nur in der Transparenz kann sich Klarheit manifestieren, die vom Licht der möglichen Zukunft genährt ist.

Visionäre wie der Tesla-Gründer Elon Musk würden beim Sterben gern denken, „dass die Menschheit noch eine leuchtende Zukunft vor sich hat“. Bis dahin wünscht er sich, dass wir auf der Erde das Problem der erneuerbaren Energien gelöst haben und „erkennbar auf dem Weg sind, eine multiplanetare Spezies mit einer sich selbst erhaltenden Zivilisation auf einem anderen Planeten zu werden.“ Im Kontext der Nachhaltigkeit spielt das Thema Licht und Energie eine wesentliche Rolle. Allerdings beschränkt es sich hier vielfach auf Teilaspekte. Der „nachhaltige“ Blick auf die Welt sollte jedoch auf das Ganze gerichtet sein und auch kulturelle Wurzeln berücksichtigen.

„Es werde Licht.“

Mit diesem Satz beginnt die biblische Schöpfungsgeschichte. Seit der Antike führt die Verbindung von Sehen und Erkenntnis auch zur Lichtmetaphorik. In seinem Buch „Enlightement Now – The Case for Reason, Science, Humanism and Progress“ beschreibt der Harvard Psychologe, Kognitionswissenschaftler und Linguist Steven Pinker, dass es uns Dank der Aufklärung heute besser geht als je zuvor: Ihr würden wir den Fortschritt der letzten 200 Jahre verdanken, weil sie auf klares Denken (das auf Evidenz und Zahlen basiert), Vernunft, Redefreiheit, ausgleichende Gerechtigkeit, den Geist der Wissenschaft und die Suche nach Wahrheiten setzt. Erst wenn sich eine Gesellschaft dieser Ideale bedient, kann sie seiner Meinung nach echten Fortschritt erleben. Er hat allerdings auch viele Feinde, die ihrem Wesen nach antiaufklärerisch sind, die Wissenschaft verachten und sich in Nostalgie und rückwärtsgewandte Romantik flüchten. Vor allem die Romantik kritisierte er.

Zeitgleich plädierte der Marketing- und Businessexperte Tim Leberecht für mehr Business Romantik in der Wirtschaft - die total technisierte Gesellschaft sollte von Novalis und Keats lernen. In der neuen Form der Romantik sieht er auch eine Gegenbewegung zur drohenden Total-Quantifizierung unseres Lebens: „Anstatt neue Messwerte für alte Wahrheiten zu finden, sollte man wieder schätzen lernen, was man nicht messen, nicht quantifizieren kann. Ein großer Wert des Menschen ist eben, dass er unberechenbar bleibt. Eine Kultur aber, die nur noch den Daten vertraut, ist nicht vertrauenswürdig. Eine Gesellschaft, die nur noch funktionsfähig, aber nicht mehr leidensfähig ist, wird schnell eine inhumane Gesellschaft.“ Romantisches Erbe ist seit Jahren auf Zeitschriften, Buchtiteln, CDs und in der Werbung zu finden - vor allem Variationen des Gemäldes „Der Wanderer über dem Nebelmeer", das um 1818 von Caspar David Friedrich gemalt wurde und als Sinnbild der Romantik gilt.

2018 schien das Jahr der Aufklärung gewesen zu sein - u.a. ausgerufen von Steven Pinker, der die Romantik als gefährliches Denken an den Pranger stellte, weil sie den links- und rechtspolitischen Populismus befördere und Aufklärung und Rationalität im gesellschaftlichen Leben unterbinde. Das sollte jedoch nicht einseitig hingenommen werden. Aufklärung bezeichnet allgemein jegliche weltanschauliche Transformation von der Dunkelheit zum Licht oder vom Mythos zum Logos. Als transhistorischer Universalbegriff ist Aufklärung ein Synonym für Entmythisierung und bezeichnet als Übersetzung von lateinisch „serenitas“ das „Durchbrechen der Sonne bei bedecktem Himmel“. Die heute damit assoziierte Bedeutung von „aufhellen“, „klarmachen“ und „aufdecken“ eines bestimmten Sachverhalts verbindet sich damit seit 1720.

Der menschliche Körper wurde im Prozess der Aufklärung allerdings nur zugelassen, soweit er im Einklang mit der Vernunft steht.

Er erschien in diesem Kontext als eine rational steuerbare Maschine! (Das bemerkte Pinker nicht.) Diese Entwicklung führte seit dem 18. Jahrhundert nicht zuletzt zu einer Aufspaltung der Sinne, der eine Vereinseitigung und Einschränkung des Wahrnehmungsfelds auf die sichtbare Welt folgte. Dass wir heute digitale Aufklärung im Sinne transparenter Informationen benötigen und befähigt werden müssen, aktuelle Entwicklungen mitzugestalten, steht außer Frage. Das schließt Romantik jedoch nicht aus, denn auch Dunkles enthält Wahrheit. Eine gut und richtig funktionierende Gesellschaft braucht Aufklärung und Romantik, denn es gibt nicht nur ein Menschenrecht auf Licht, sondern auch auf Schatten.

Weiterführende Informationen:

Tim Leberecht: Business-Romantiker. Von der Sehnsucht nach einem anderen Wirtschaftsleben. Aus dem Amerikanischen von Niklas Hofmann. Droemer Verlag München 2015.

Ashlee Vance: Elon Musk. Tesla, PayPal, SpaceX. Wie Elon Musk die Welt verändert. Die Biografie. FinanzBuch Verlag 2015.

Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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