Gudrun Happich

Gudrun Happich

für Job & Karriere, Personalwesen, Wirtschaft & Management, Bildungswesen

Karriereplanung: Wenn das Gehalt zur falschen Entscheidung verführt

Adobe Stock/Ralf Geithe
Die eigenen Prioritäten immer im Blick

Mit jeder Sprosse, die wir auf der Karriereleiter erklimmen, häufen sich meist auch die Anfragen von Headhuntern. Das gilt vor allem fürs C-Level und Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, mit denen ich vornehmlich arbeite. Die Headhunter locken – neben spannenden Jobbeschreibungen – häufig mit Geld. Da kann es schon vorkommen, dass wir uns von dem hohen Gehalt, das uns geboten wird, geschmeichelt fühlen. „Das kann ich doch nicht ablehnen“, sagt uns unsere innere Stimme. Aber Achtung: Das Gehalt ist nur eine von zahlreichen Rahmenbedingungen, die es bei der Lebens- und Karriereplanung zu beachten gib. In den seltensten Fällen ist es wirklich entscheidend – und zwar egal, auf welcher Karrierestufe wir uns gerade befinden.

Wann Karriereratgeber unbrauchbar sind

Leider tragen wir aber Überzeugungen mit uns herum, die uns schnell auf einen falschen Karriereweg führen. „Bei dem Gehalt kann man einfach nicht nein sagen“ ist eine davon, „Wer wirklich große Sprünge in Sachen Karriere machen will, muss nach einigen Jahren das Unternehmen wechseln“ eine andere. Solche Ansichten kommen nicht von ungefähr, werden sie in zahlreichen Karriereratgebern doch proklamiert.

Die Kehrseite der gut gemeinten Empfehlungen aus den Karriereratgebern ist jedoch, dass sie in der konkreten Situation oftmals genau den falschen Weg weisen. Im besten Fall sind sie bei der aktuell anstehenden Entscheidung einfach unbrauchbar, weil sie viel zu allgemein sind. Sie helfen uns nicht, unseren individuellen Weg zu finden, bei dem es darum geht, die eigene Karriere im Blick zu halten und gegen vermeintliche Chancen, unpassende Angebote und andere externe Einflüsse zu verteidigen.

Was heißt eigentlich Karriere?

Karriere bedeutet in der gängigen Definition zunächst einmal nur: die persönliche Laufbahn im Berufsleben. Das kann alles oder nichts sein, daher möchte ich den Begriff zuspitzen: Mein Verständnis von Karriere ist, die für sich selbst bestmögliche Rolle und Position (zum richtigen Zeitpunkt) zu finden. Es geht also um persönliche Zufriedenheit und die Entfaltung der eigenen Stärken, nicht um ein Höher, Schneller, Weiter. Der wirtschaftliche Erfolg spielt natürlich trotzdem eine zentrale Rolle – für den Menschen wie für das Unternehmen. Aber eben nicht auf Kosten des Menschen, seiner Gesundheit und Zufriedenheit.

Die häufigsten Karrierefallen

Wer seine Karriere aktiv steuern und somit seine Position finden will, sollte sich bestimmter Karrierefallen, bewusst sein, die aus meiner Erfahrung als Führungskräftecoach für C-Level schnell in eine Negativspirale führen und die eigene Karriere für immer gefährden können:

1. Die Gefahr, sich verleiten zu lassen.

Ein gutes Gehalt, die große Chance, eine höhere Position. Da gibt es kein Halten mehr. Meiner Ansicht nach, ist das wirklich die gefährlichste aller Fallen: Man fühlt sich durch das verlockende Angebot leicht so geschmeichelt, dass man gar nicht auf die Idee kommt, nochmal nachzuprüfen, ob es für einen selbst wirklich der richtige Schritt ist und alle anderen Faktoren, die auch eine Rolle spielen, vergisst.

2. Das Eigeninteresse des Unternehmens unterschätzen.

Wer ein Angebot erhält, darf das dahinterstehende Interesse nicht verkennen. Unternehmen ist natürlich daran gelegen, eine wichtige Position zu besetzen und tun dafür was nötig ist.

3. Dem Druck aus dem Umfeld nachgeben.

Die Erwartungen von Kolleginnen, Freunden oder dem Partner können starken Einfluss ausüben und am Ende auch den Ausschlag geben, dass man das „tolle Angebot“ letztlich annimmt.

Wunschliste erstellen

Für die individuelle Karriereplanung rate ich, einmal alle Rahmenbedingungen aufzulisten, die man sich für seinen Job wünscht und die die eigene berufliche Entwicklung unterstützen. Wichtig dabei: Die aktuelle Situation und die eigenen bisherigen Erfahrungen zu reflektieren. So erkennt man, welche Bedingungen in besonders erfolgreichen Momenten herrschten.

Folgender Fragekatalog dient der Reflektion:

  • Welche Art von Unternehmen soll es sein? (groß, klein, modern, jung, etabliert, inhabergeführt...)
  • Wie soll der Einsatzort sein? (fester Ort, variabler Ort, zu Hause...)
  • Wie sieht die Arbeitsumgebung aus? (Büro, Werkstatt, außer Haus...)
  • Für welche Tätigkeiten erfolgt die Bezahlung?
  • Welche Aufgaben sind damit verbunden?
  • Welche Branche und ihre spezifischen Regeln und Gepflogenheiten gefällt mir?
  • Wie sollten die Arbeitszeiten sein?
  • Wie sollte die Entlohnung sein (regelmäßiges Gehalt, Fixum, Sonderleistungen...)
  • Wer sind die Kollegen und Vorgesetzten?
  • Welcher Führungsstil dominiert?
  • Wie groß soll der Gestaltungsspielraum sein?
  • Wodurch ist das Betriebsklima geprägt?
  • Welche Möglichkeiten der Weiterentwicklung gibt es?
  • Wie viele Hierarchiestufen gibt es? Welche Hierarchiestufe wäre mir lieb?

Karrieresteuerung mit der U-Liste

Nach der Listung der Rahmenbedingungen kommt die entscheidende Frage: Welche Bedingungen von dieser Liste sind existenziell notwendig?

Existenziell klingt gleich nach Überlebenskampf, aber darum geht es am Ende tatsächlich – zumindest für die eigene Karriere. Je höher es geht, desto dünner wird die Luft und desto entscheidender, dass alle Faktoren stimmen. Hierzu ein Beispiel aus der Natur: Die Bougainvillea ist eine Pflanze, die ihre tropische Blütenpracht ursprünglich nur in Südamerika entfaltete. In unseren Breitengraden verkümmert sie, es denn, es wird größte Sorgfalt darauf verwandt, ihr auch hier die notwendigen Lebensbedingungen bereitzustellen. Wenn alle Faktoren stimmen, kann sie ihre volle Blüte erreichen. Fehlt jedoch nur ein einziger, verkümmert sie. Solche Bedingungen existieren auch für die eigene Karriere. Fehlt auch nur einer der Muss-Faktoren, können weder ein tolles Gehalt noch die spannende Aufgabe oder die große Entscheidungsbefugnis dieses Defizit aufwiegen.

Wer die Wunschliste danach bearbeitet, bei dem bleiben in der Regel fünf bis sechs Rahmenbedingungen übrig, die unbedingt erfüllt sein müssen. Das könnte beispielsweise sein:

  1. Ich benötige ausreichende Entscheidungsbefugnisse.
  2. Ich möchte keine Auslandsaufenthalte von mehr als einem Monat.
  3. Ich möchte in Berlin bleiben.

Klarheit bei jeder Karriereentscheidung

Ein hohes Gehalt schafft es übrigens selten von der Wunsch- auf die U-Liste, die ab sofort als persönlicher Wegweiser bei jeder Karriereentscheidung eingesetzt werden kann. Das Prinzip in Kürze: Kommt ein verlockendes Angebot daher, werden die Bedingungen verglichen. Ist auch nur eine nicht erfüllt und auch nicht verhandelbar, steht die Ampel auf Rot – egal wie verlockend ein Teilaspekt daherkommt. Der eine oder andere stellt mit der Liste vielleicht auch fest, dass am aktuellen Arbeitsplatz eine Bedingung nicht erfüllt ist, und, wenn nicht verhandelbar, es Zeit für einen Wechsel ist.

Wer nachlesen möchte, wie die Karrieresteuerung mit der U-Liste konkret aussehen kann und welche völlig neuen Wege sie aufzeigen kann, findet auf dem Leistungsträger-Blog ein Beispiel aus der Praxis: 

Neue Karrierewege: Karriereplanung mit der U-Liste

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Wer schreibt hier?

Gudrun Happich
Gudrun Happich

Coaching für Könner - Führungskräfte-Coaching mit Lösungsgarantie für C-Levels, Galileo . Institut für Human Excellence

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Gudrun Happich ist sei rund 20 Jahren Führungskräfte Coach sowie SparringsPartnerin für Top Manager. Die Diplom-Biologin blickt selbst auf langährige Führungserfahrung zurück u.a.war sie als Geschäftsführerin verantwortlich für mehr als 1000 Mitarbeiter im DACH-Raum. Sie ist Autorin mehrerer Bücher.
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