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Leonard Hepermann

See and Change! Interview mit Leonard Hepermann

Leonard Hepermann, geboren 2000 im Ruhrgebiet, machte 2019 sein Abitur und studiert seitdem Sozialwissenschaften in Berlin. Mit den Themen Klimawandel, Demokratie und Europa beschäftigt er sich seit seinem 13. Lebensjahr. Diese Themen diskutierte er mit zahlreichen Protagonisten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Er nahm an zahlreichen nationalen und internationalen Konferenzen zu den Themen Klimaschutz, Europa, Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit teil.

Herr Hepermann, was hat Sie veranlasst, das Buch "See and Change! Warum weniger manchmal mehr und neu denken vielfach besser ist. ...“ zu schreiben?

Das erste Ziel war es, etwas Positives zu den großen gesellschaftlichen Debatten beizutragen, die wir im Moment führen, von der Debatte über die richtigen Lösungen und Maßnahmen für die Klimakrise, über den richtigen Umgang, Miteinander in einer offenen Gesellschaft - bis zur Diskussion über die Zukunft Europas. Ich wollte Visionen entwickeln, wie die Welt aussehen könnte, wenn wir Dinge anders machen als bisher. Gleichzeitig muss man natürlich auch erst einmal eine Bestandsaufnahme machen: Was läuft gerade falsch, und was können wir daran ändern? Für das Buch habe ich mit vielen Changemakern gesprochen, die an ganz verschiedenen Schrauben drehen, auf ganz unterschiedliche Weise Dinge zukunftsfähig machen und zu Vorbildern werden. Ich wollte zeigen, dass jede und jeder etwas ändern kann, auch wenn es vielleicht nur kleine Schritte sind.

Können Sie die wichtigsten Aussagen Ihres Buches zusammenfassen?

Es geht um die zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und die Frage, was jede und jeder einzelne, und was die Gesellschaft als Ganzes zur Lösung dieser Herausforderungen beitragen kann. In „See and Change“ wechseln sich, wie der Name vielleicht schon vermuten lässt, immer zwei Elemente ab: Zunächst eine Bestandsaufnahme, wo stehen wir bei dem Thema aktuell, was läuft schief und was sind die Herausforderungen (See!) und Beispiele von Menschen, die etwas anders machen, die ohne Müll leben, Flüchtlinge aus Seenot retten, sich für eine offene Gesellschaft einsetzen, für eine nachhaltige und möglichst autofreie Stadt kämpfen oder Ideen für ein zukunftsfähiges und bürgernahes Europa entwickeln (Change!).

Ganz zentrale Forderungen sind ein Europa, dass für die Europäerinnen und Europäer da ist, eine Klimapolitik, die mit den in Paris vereinbarten Klimazielen kompatibel ist, und es möglich macht, unsere Lebensgrundlagen zu schützen und eine Gesellschaft, in der Mitbestimmung, Toleranz, Gleichberechtigung und Solidarität die zentralen Werte und Maximen sind. Dieses Buch ist ein Aufruf und eine Einladung zum Mitmachen und Mitdenken.

Wir brauchen in Europa wieder positive und mutmachende Ideen für die Zukunft. Das ist nicht nur Aufgabe der Politik, sondern hier ist jede und jeder einzelne von uns gefragt sich zu beteiligen und eigene Ideen, Visionen und Utopien mit einzubringen.

Wann und wie sind Sie zum Thema Nachhaltigkeit gekommen?

Mit dreizehn Jahren habe ich angefangen, mich mit der Klimakrise und den Folgen zu beschäftigen. Ich habe versucht zu verstehen, was da auf uns zukommt, wenn wir weiter machen wir bisher, wenn wir an unserer Art zu leben nichts ändern. Seitdem versuche ich Ideen zu entwickeln und Visionen zu zeichnen, wie ein nachhaltiges Leben aussehen könnte, dass die planetaren Grenzen achtet und nicht achtlos überschreitet wie bisher. Ich habe dann relativ schnell angefangen, mit allen zu diesem Thema relevanten Akteuren ins Gespräch zu kommen, mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um ein Bild davon zu bekommen, wo wir aktuell stehen, wo die Herausforderungen sind und wie wir bei der Umsetzung der in Paris vereinbarten Klimaziele möglichst an einem Strang ziehen.

Welche Rolle spielen Greta Thunberg und die Fridays-for-Future-Bewegung für Ihr Engagement?

Ich finde es beeindruckend, was für eine grenzübergreifende Bewegung mit Fridays-for-Future entstanden ist, der sich nicht nur junge Menschen angeschlossen haben, sondern hinter der Tausende Wissenschaftler, Eltern, Großeltern stehen. Mit Fridays-for-Future wurde die Klimakrise wahlentscheidend, man muss sich nur an die vergangene Europawahl im Mai 2019 erinnern. Die Bewegung, vor allem das Durchhaltevermögen, immer und immer wieder eine Klimapolitik zu fordern, die diesen Namen auch verdient, und die vor allem eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten sicherstellt, haben auch in der Politik Wirkung gezeigt. Zusätzlich hat es dem Thema Klimaschutz viel Rückenwind beschert, das Thema steht auf der Tagesordnung und auf den Titelseiten und viele setzen sich mit dem Thema auseinander.

Das ist ein ganz wichtiger Effekt, dass wir jungen Menschen die Möglichkeit haben, Trends zu setzen, was einen nachhaltigen und klimafreundlichen Lebensstil betrifft. Insofern war es eine große Unterstützung und viel Rückenwind, bei meinen eigenen Bestrebungen und die Bestätigung, dass es richtig war und ist, an dem Thema dranzubleiben.

Weshalb geht es heute vor allem um unsere Rolle im Naturgeschehen und die Herausforderungen, die mit dem Anthropozän verbunden sind?

Es gibt kaum mehr einen Quadratmeter auf unserer Erde, der keinen menschlichen Fußabdruck trägt. Die Menschheit übernutzt den Planeten und seine natürlichen Ressourcen in einem besorgniserregenden Tempo. Der Weltbiodiversitätsrat warnte 2019 das rund eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind. Wir beeinflussen die Natur um uns herum - und das mit fatalen Folgen für das Leben an Land und im Meer. Damit stellen wir auch unsere eigene Existenz in Frage, schließlich sind auch wir auf einen intakten Planeten angewiesen. Bisher war es unsere Maxime, immer mehr und immer schneller zu wachsen, zu produzieren und zu konsumieren - und das auf Kosten der Natur, des Klimas, der Pflanzen und Tiere. Die Folgen können wir im Anthropozän, im Menschzeitalter, deutlich ablesen, an der Überfischung und Plastikverschmutzung der Meere, der Umwandlung unberührter Landstriche in Monokulturen und Weideflächen, oder der Klimakrise. Der Mensch ist zur bestimmenden Größe im Naturgeschehen geworden.

Wir müssen unseren verschwenderischen Umgang mit den natürlichen Ressourcen, unsere Eingriffe in die Natur und die Gefährdung unserer eigenen Existenz überdenken. Es ist wichtig, dass wir hinterfragen, wie wir mit der Natur umgehen und wir müssen Wirtschafts-, Gesellschafts-, und Handlungsmuster finden, mit denen wir wieder einen Kreislauf herstellen, der Umwelt nur so viel entnehmen wie ökologisch verkraftbar ist und möglichst keinen Müll produzieren, der unserer Umwelt schadet.

Warum haben Sie einen inhabergeführten, mittelständischen Verlag gewählt? Was schätzen Sie besonders?

Es hat mir viel Freude bereitet, dieses Projekt mit dem Verlagshaus Römerweg umzusetzen. Es ist wunderbar, mit Experten zusammenarbeiten, die nicht nur großartige und einfach schöne Bücher machen, sondern die Bücher und Ideen auch mit- und weiterdenken, sich Gedanken darüber machen, wie man noch mehr aus einem Projekt rausholen kann, und das in jedem Schritt des Buchprozesses. Das Buch hat eine erstaunliche Entwicklung hinter sich und diese wäre wahrscheinlich nicht möglich, ohne die vielen wertvollen Hinweise, Anmerkungen und Diskussionen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Hatten Sie als Autor Einfluß auf die nachhaltige Umsetzung Ihres Buches (Cradle to Cradle by Gugler)?

Ich bin sehr dankbar, mit einem Verlag zusammenarbeiten zu dürfen, der von sich aus größten Wert auf nachhaltige und klimafreundliche Bücher setzt. Ich habe dieses Buch geschrieben, um zu zeigen was möglich ist, wenn wir unsere heutigen Wirtschafts- und Handlungsmuster hinterfragen. Das hört natürlich nicht bei der Buchproduktion auf. Deshalb finde ich es großartig, dass mein Buch komplett recyclingfähig ist, weil keine giftigen Farben verwendet werden und alle im Druck entstehenden Co2-Emissionen aus dem Druck kompensiert werden. Es hat natürlich auch mit Glaubwürdigkeit zu tun, dass ein Buch, dass sich die Herausforderung einer Transformation Richtung nachhaltige und klimafreundliche Wirtschaftsweise zum Thema nimmt, in der Produktion dem Planeten keinen Schaden zufügt. Mit dem Cradle to Cradle Zertifikat bekommen die Leserinnen und Leser zusätzliche Sicherheit, dass sie zu einem Buch gegriffen haben, dass der Umwelt nicht schadet und das die inhaltlichen Forderungen auch konsequent weiterdenkt.

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise fallen viele Vortragsmöglichkeiten und Lesungen weg. Was tun Sie, um Ihr wichtiges Anliegen dennoch interessierten Lesern nahezubringen?

Es ist sehr bedauerlich, dass Veranstaltungen und Lesungen zurzeit nicht möglich sind. In normalen Zeiten wären diese Veranstaltungen eine wunderbare Möglichkeit, Leserinnen und Leser zu gewinnen, zu überzeugen und Thesen und Inhalte aus dem Buch zu diskutieren und vielleicht auch weiterzudenken. Das muss jetzt möglichst auf anderen Wegen geschehen. Hier bieten sich natürlich vor allem die sozialen Medien an, mit denen man Leserinnen und Leser erreichen und mit diesen in einen Dialog über die Themen kommen kann. Die Krise bietet, glaube ich, auch für Autorinnen und Autorinnen die Möglichkeit, sich untereinander zu unterstützen und solidarisch zu sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

Weiterführende Literatur:

Leonard Hepermann: See and Change! Warum weniger manchmal mehr und neu denken vielfach besser ist. ... Verlagshaus Römerweg GmbH, Wiesbaden 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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