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Dr. Alexandra Hildebrandt

Urlaub als innere Umkehr

Davon war der Philosoph Peter Sloterdijk als junger Mensch immer überzeugt. Erst seit er älter wurde, lässt er den Gedanken zu, dass Urlaub doch sinnvoll ist: „Es könnte sein, dass das laufende Leben das falsche ist, und der Urlaub wäre der Versuch, während einer Zeit von 14 Tagen die ersten Schritte in das wahre Leben zu tun.“ Urlaub sollte seiner Meinung nach mehr sein als die „Erlaubnis, sich zu entfernen“ (darauf wurde das Wort in alter Zeit spezialisiert), sondern etwas, das wieder zu uns hinführt im Sinne einer inneren Umkehr. In einer beschleunigten Welt, die immer komplexer wird und unüberschaubare Wahl- und Entscheidungsfreiheiten bietet, suchen Menschen verstärkt nach dem einfachen Leben. Für einige ist „Slow“ das neue Motto, das dafür steht, es bewusst wahrzunehmen und in seiner Tiefe zu erleben. Neue Wirtschaftsmodelle, die auf nachhaltiges Wachstum setzen, sind damit ebenso verbunden wie gesundheitsorientierte Lebensstile. Der wahre Lebensgenuss liegt nicht in der Ferne, sondern in der Nähe, nicht im Abschalten und Herunterfahren, sondern im Loslassen. Der Begriff „richtiges“ Leben meint auch das analoge Leben, denn in Zukunft wird es vielleicht bald mehr digitale Urlaube geben.

Die Corona-Pandemie spielt einer solchen Entwicklung in die Hände. Ermöglicht wird sie mit virtuellen Realitätsgeräten. Dazu gehört auch die Facebook-Oculus-Maske, mit der man dann überall sein kann. „Vielleicht wird es Virtual Holiday Places geben, wo man sich für eine Woche einchecken kann. Man spart den Flug, das Gepäck geht nicht verloren und die Strände sind immer so leer oder voll wie du willst“, schreibt Andre Wilkens in seinem Buch „Analog ist das neue Bio“. Darin fragt er, ob ein Urlaub ohne Smartphones, Tablets, Computer, Facebook, Twitter, ja vielleicht sogar ohne Kreditkarten möglich ist. Er plädiert für einen Versuch: „Mach Sachen, die man im Urlaub macht, Essen, Trinken, Schwimmen, Lesen, Spielen, Museen besuchen. Das geht alles wunderbar ohne Digital. Sogar Autofahren kann man mit analogen Landkarten.“ Dies regt auch das Nachdenken über unser Verhältnis zu Sein und Zeit an, stellt aber ebenso das Tun im Hier und Jetzt in den Mittelpunkt. Das Zauberwort dafür ist „Entschiedenheit“.

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Alexandra Hildebrandt: Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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