Die Generation 50/60+ auf Jobsuche – oder: Das skandinavische Beispiel macht Mut
Dass die Jobsuche mit dem Alter schwieriger wird, ist nichts Neues. Dass die Generation 50+ mit Vorurteilen zu kämpfen hat, ist auch bekannt. Die Vorurteile jedoch, die in der Regel mehrfach widerlegt wurden, sind, wenn man den „Spieß“ umdreht, in Wahrheit die Vorteile dieser Generation. Das ist wirklich so, und gern trete ich den Beweis dafür an und benenne Ihnen einige dieser Vor(ur)teile.
Die klaren, unwiderlegbaren Vorteile der Gen. 50+ und die widerlegbaren Nachteile
· „Mangelnde Motivation“
Gerade die hohe Motivation ist eine Eigenschaft, die der Generation 50+ immer wieder zugesprochen wird. Eine mangelnde Motivation konnte in keiner Studie erkannt werden.
· „Geringe Mobilität“
Gerade auch durch die abgeschlossene Familienplanung wird die höhere Mobilität dieser Generation verstärkt zugesprochen.
· „(Zu hohe) psychische Belastung“
Die gute psychische Belastbarkeit wird der Generation 50+ in vielen Umfragen, Studien und Erhebungen bescheinigt.
· „Überforderung bei neuen Situationen“
Der gelassene Umgang mit problematischen Situationen ist eine große Stärke der Generation 50+, weil die Erfahrung und die Vielzahl von er- und durchlebten Prozessen die Person und deren Verhalten stärker, auch entspannter macht.
· „Fehler in den Abläufen“
Auch hier ist genau das Gegenteil der Fall. Die Generation 50+ wird in vielen Artikeln als Menschen mit Weitblick bezeichnet, wodurch sich weniger Fehler im beruflichen Alltag zeigen.
· „Brauchen zu lange, um sich in neue Gebiete einzuarbeiten“
Die Gen. 50+ verfügt über ein enormes Fachwissen und einen reichen Erfahrungsschatz in vielen Situationen des betrieblichen Alltags. Studien haben mehrfach gezeigt, dass diese Eigenschaften eine rasche Aufnahme und Einarbeitung fördern.
Wo man Erfahrung schätzt
Und nun machen wir einen großen Sprung in eine Region, in dem das Alter eines Menschen, der sich auf Jobsuche befindet, anscheinend gar keine Rolle spielt. In Skandinavien, genauer gesagt in Finnland. Hier schätzt man die Erfahrung und akzeptiert das Alter.
Ein ehemaliger Klient von mir hatte seinen Job verloren und machte sich auf die Suche nach einer neuen Aufgabe. Mit immerhin schon 62 Jahren war er nicht gerade der „Benjamin“ unter den Bewerbern. Aber er gab nicht auf und suchte weiter. Es kamen die üblichen Absagen, aber davon ließ er sich nicht beirren. Ab und an schrieben wir uns, und ich habe ihm Mut gemacht, den neuen Job zu finden. Vor einigen Tagen schrieb er mir folgende Nachricht, die ich gern – mit seiner Erlaubnis – eins zu eins wiedergeben möchte, weil ich mich so sehr freue und dies wieder ein tolles Beispiel dafür ist, dass wir noch gebraucht werden und lange nicht zum „alten Eisen“ gehören:
Guten Morgen Herr Hahl,
ich freue mich Ihnen mitteilen zu können, dass es mir nun doch gelungen ist eine neue Anstellung zu finden. Ich werde ab 1. Mai für die Firma … (ein finnisches Startup) als angestellter Sales Mitarbeiter tätig sein.
Nach der unerwarteten Kündigung war ich doch sehr unsicher ob es mir mit nunmehr 62 Jahren gelingen würde noch eine Anstellung zu finden. Aber ich habe nie aufgegeben und hatte nun doch Glück.
Das Alter war für … kein Thema, ausschlaggebend war die langjährige Berufserfahrung und Qualifikation.
Auch dank Ihrer Tipps und Unterstützung bin ich nun hoffentlich doch noch angekommen...ganz herzlichen Dank und ich freue mich, wenn wir weiterhin in Kontakt bleiben :-)
Herzliche Grüße und alles Gute für Sie
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Ach ja und umziehen muss er deshalb nicht, er arbeitet nach wie vor an seinem Heimatort.
Dies ist ein schönes Beispiel dafür, welche Chancen sich für die Kandidat:innen der Generation 50/60+, aber auch für die offenen, interessierten Unternehmen eröffnen, wenn Erfahrung wichtiger geschätzt wird als das Alter.
Meine Empfehlung: Schauen Sie doch einmal auf die skandinavischen Unternehmen und gehen mit deren Vertretern ins Gespräch. Viele dieser Unternehmen haben in Deutschland einen oder mehrere Sitze. Es kann sich lohnen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Bitte bleiben Sie gesund.
Herzlichst
Michael H. Hahl