Duale Ausbildung: Solides Karrierefundament und Erfolgsfaktor des Mittelstands
Unternehmen sollten ihre Verbindung zu den Universitäten und Fachhochschulen deshalb vertiefen. Aber auch Studierende sollten schon während des Studiums mehr Praxiserfahrung sammeln. „Dies ist eine der größten Schwachstellen der ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge“, sagt der Personalexperte Werner Neumüller. Die Arbeitnehmerüberlassung von hoch qualifizierten Fachkräften, insbesondere Ingenieuren, ist ein wesentliches Geschäftsfeld seiner Unternehmensgruppe mit Sitz in Nürnberg. Viele Absolventen eines Ingenieurstudiengangs träumen von der Karriere bei einem der großen Namen wie Siemens oder BMW. „Wer es aber nicht direkt zu den Konzernen schafft, muss nicht gleich aufgeben“, sagt der Personaldienstleister, der auch Einsteigern hilft, die für sie passenden Stellen zu finden.
Seit dem Wintersemester 2011 bildet seine Unternehmensgruppe duale Studenten der Fachrichtung Dienstleistungs-/Personalmanagement aus. Die Stiftung „Pro DHBW Mosbach“ widmet sich unter anderem der Aktivierung von Abiturienten und Ausbildungsbetrieben, dem Ausbau der Internationalisierung, der Projektunterstützung einzelner Studiengänge, dem Ausbau des Hochschulsportangebots und des Alumni-Netzwerkes sowie Auszeichnungen von Studierenden. Sie wurde gegründet, um die Zukunftsentwicklung der Akademie und des dualen Systems zu fördern und für die Wirtschaft zusätzliche Fachkräfte- und Führungsnachwuchs auszubilden. Als Förderpartner beteiligt sich Neumüller an der Finanzierung von Informationsveranstaltungen und Material für Abiturienten, der Gewinnung von zusätzlichen Ausbildungsbetrieben durch die Akademie sowie an Projekten verschiedener Fachbereiche. Werner Neumüller, Geschäftsführer der Neumüller Ingenieurbüro GmbH, war hier auch als Dozent tätig und referierte zum Thema „Vertriebs- und Kundenmanagement“.
Auch bei der Unternehmensgruppe Krieger + Schramm (K+S) lernen Interessierte durch das dreijährige das Unternehmen von allen Seiten kennen, indem alle Abteilungen und Bereiche durchlaufen werden. Das duale Studium kann hier neben einer klassischen Ausbildung in den Bereichen Bauingenieurwesen, Wohnungs- und Immobilienmanagement, Wirtschaft und Betriebswirtschaft absolviert werden. Beliebt ist hier auch die Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement. In der Berufsschule werden dazu die theoretischen Hintergründe vermittelt (z. B. zu kaufmännischen Abläufen wie Auftragsbearbeitungen, aber auch Finanzbuchhaltung, Kosten- und Leistungsrechnung, Marketing, Vertrieb und Personalthemen). Es besteht aber auch die Möglichkeit, Abteilungen zu wechseln: „In den drei Jahren war ich natürlich sehr interessiert daran auch andere Aufgabenbereiche kennenzulernen. Dabei habe ich gemerkt, dass mir die Arbeit in der Abteilung Organisation + IT mehr Spaß macht als in der Buchhaltung“, sagt eine ehemalige Auszubildende.
Als Praxispartner arbeitet das Unternehmen schon viele Jahre mit der Berufsakademie in Glauchau, mit der Technischen Hochschule Mittelhessen oder der Dualen Hochschule Gera-Eisenach zusammen. Beim dualen Studium übernimmt das Unternehmen die Studiengebühren. Studierende erhalten ein monatliches Gehalt und gegebenenfalls auch eine Unterkunft am Studienstandort. Auch der Druckluftspezialist Mader - eines der erfolgreichen mittelständischen Unternehmen in Baden-Württemberg - bietet ein duales Studium an der DHBW Stuttgart (BWL - Industrie - Industrielles Servicemanagement, B.A.) an. Die individuelle Förderung der Mitarbeitenden hat hier einen hohen Stellenwert. Vor diesem Hintergrund werden alle in ihrem Wunsch nach einem höheren Abschluss unterstützt und die Möglichkeit eines berufsbegleitenden Studiums angeboten. Mit einer optimalen Betreuung durch Ausbilder und Ausbildungsleitung werden die Auszubildenden hier von Anfang an gefördert. Dabei wird großen Wert auf die Übernahme von Verantwortung und die eigenständige Umsetzung von unterschiedlichen Projekten gelegt. Dadurch werden die Integration sowie fachliche, methodische und soziale Kompetenzen gefördert. Auch die Teilnahme an Ausbildungsmessen, die die Auszubildenden gemeinsam organisieren und realisieren oder Projekte im Rahmen der Bildungspartnerschaften gehören dazu.
Während ihrer Demografie-Reise besuchte Angela Merkel 2013 das Unternehmen in Leinfelden-Echterdingen. Im Mittelpunkt ihres Besuchs stand die Ausbildungsstrategie des Unternehmens. "Das Ausbildungsleben endet hier keinesfalls damit, dass man sagt 'Ich habe jetzt einen Berufsabschluss', sondern dann geht vieles weiter. Sehr beeindruckend ist das Engagement, aber auch die Bereitschaft der jungen Leute, Zeit einzusetzen, zum Beispiel abends ein Fernstudium oder ein duales Studium mit Ausbildung zu absolvieren oder Zusatzqualifikationen jeder Art zu erwerben", sagte die Bundeskanzlerin damals. Das Interesse der Studienberechtigten daran ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Dennoch bleibt es dringlich, die duale Ausbildung weiter auszuweiten, denn sie ist eine Basis der Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland – auch vor dem Hintergrund, dass technische Innovationen schnell in die Ausbildung integriert werden können. MINT-Themen müssen bereits in der Grundschule geschlechterübergreifend präsenter werden, zudem brauchen wir mehr Entrepreneurship-Ansätze im Studium und Modelle Training-on-the-Job.
Das duale Ausbildungssystem ist eine attraktive Alternative zum Fachhochschul- bzw. Universitätsstudium.
Es verbindet Theorie und Praxisphasen: Das Erlernte kann gleich in der Praxis angewendet werden.
Es gibt verschiedene Arten des dualen Studiums: ausbildungsintegrierend, praxisintegrierend, berufsintegrierend, berufsbegleitend.
Im Bereich Ingenieurswissenschaften ist die Auswahl für die dual Studierenden mit am größten. Auch Betriebswirtschaftslehre, Finanzen und Management sind besonders beliebte duale Studiengänge.
Für die Zulassung wird die Hochschulzugangsberechtigung (Abitur oder Fachabitur) benötigt. Allerdings kann mit dem Fachabitur grundsätzlich nur an Fachhochschulen und Berufsakademien studiert werden (nicht an Universitäten).
Fast jedes Unternehmen und jede Hochschule hat ihr eigenes Auswahlverfahren (Assessment Center, Tests etc.).
In Deutschland gibt es mittlerweile über 1500 duale Studiengänge. Viele Hochschulen und Akademien bieten diese mit fast identischem Lehrinhalt an, aber unterschiedlichen Bezeichnungen.
Die Zulassungsvoraussetzungen können von Hochschule zu Hochschule variieren.
Die Ausgestaltung des dualen Studiums ist Ländersache: Die Länder steuern den schulischen Teil der Ausbildung, das Bundeswirtschafts- und das Bildungsministerium sind für den betrieblichen Teil zuständig.
Die Hochschulen können nur ihre wissenschaftliche Ausbildung steuern. Für die Praxiserfahrungen, die junge Menschen in Betrieben sammeln, sind die Kammern und die Unternehmen zuständig.
Lehrmittel und Lerninhalte werden nur langsam an aktuelle Entwicklungen angepasst. Innovative Techniken werden in der Lehre häufig erst dann eingeführt, wenn sie zum Branchenstandard gehören.
Durch den starken Praxisbezug während des Studiums kann nach Studienabschluss der berufliche Weg in einer verantwortungsvollen Position fortgesetzt werden.
Unternehmen, die das duale Studium anbieten
Wer suchet, der bindet: Ausbildung im deutschen Mittelstand
Warum wir eine solide Grundlagenbildung brauchen
Wie werden wir morgen arbeiten – und was?
Das Praktikum als Entscheidungshilfe bei der späteren Berufswahl
Friederike Lübke: Wie steht es um den Ingenieurnachwuchs? In: DIE ZEIT, 14.4.2016, S. 70.
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.