Was Employer-Branding mit Nachhaltigkeitsmanagement verbindet
Der Kreation einer Arbeitgebermarke, die im Marketing Employer-Brand genannt wird, ist heute eine entscheidende unternehmensstrategische Maßnahme, bei der Konzepte aus dem Marketing angewandt werden, um ein Unternehmen insgesamt als attraktiven Arbeitgeber darzustellen und von anderen Wettbewerbern im Arbeitsmarkt zu positionieren. Dies unterscheidet sich maßgeblich von HR-Marketing-Aktivitäten, weil es langfristig angelegt ist und sowohl beim Management als auch bei der Marketing- und Kommunikationsabteilung sowie dem Personalbereich wie das Nachhaltigkeitsthema auf der Agenda stehen sollte. Neu ist der Ansatz nicht, denn Unternehmen stehen schon immer vor der Herausforderung, sich als Arbeitgeber entsprechend zu positionieren.
Die Idee der Arbeitgebermarke entstand als Reaktion auf die Verknappung talentierter und qualifizierter Fach- und Führungskräfte. Das Wort erscheint in der englischsprachigen Literatur erstmals 1996 im Fachartikel „The Employer Brand“ von Tim Ambler und Simon Barrow im „Journal of Brand Management“. Employer-Branding stand als unternehmensstrategische Maßnahme für das Arbeitgebermarketing in den vergangenen Jahren zwar häufig im Fokus, doch als Forschungsgebiet im Kontext kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) wurde es oft vernachlässigt.
Deshalb haben bereits im Jahr 2018 das Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW in Leipzig und die Unternehmen kununu & XING E-Recruiting bestehende Erkenntnisse einzelner Teilbereiche zusammengetragen und in einem Gesamtkontext dargestellt. Es wurde untersucht, wie erfolgreiches Employer Branding wirken kann. Das Ergebnis ist der Leitfaden „Schritt für Schritt zum erfolgreichen Employer Branding“, der praktische Empfehlungen zur Ausgestaltung einer authentischen Arbeitgebermarke enthält.
Um Employer-Branding-Konzepte zu erarbeiten, ist wie beim Nachhaltigkeitsmanagement zunächst eine intensive Beschäftigung mit den Stärken und Schwächen sowie den Alleinstellungsmerkmalen des eigenen Unternehmens notwendig. Bei der Analyse des Ist-Zustandes sollte zum Beispiel nach der Fluktuation im Unternehmen, nach Anreizen für Mitarbeitende, nach der Mitarbeiterzufriedenheit etc. gefragt werden. In wirtschaftlichen Krisen gewinnen zum Beispiel Werte wie Arbeitsplatzsicherheit, Kultur und Weiterbildungsmöglichkeiten, die konkrete Karrierechancen im Unternehmen eröffnen, an Bedeutung. „Es muss sicher noch dynamischer über optimierte Aus- und Fortbildungsinhalte diskutiert werden. Zukünftig müssen zusätzlich zu fachlichen Qualifikationen auch persönliche und zwischenmenschliche Fähigkeiten vermittelt werden. Gute Beispiele für derartige Ausbildungsinhalte finden wir in anglizistischen Ländern“, sagt der Personalexperte und Unternehmer Werner Neumüller.
Die Entwicklung der Arbeitgebermarke ist für ihn wie das Nachhaltigkeitsmanagement ein umfassender Prozess, der in einem eindeutigen, einzigartigen und gelebten Arbeitgeberimage münden soll. Auch für Werner Neumüller ist die Bildung der Arbeitgebermarke zugleich eine Verpflichtung zu Nachhaltigkeit, die auf den drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales fußt: „Erfolgreiche Employability hängt neben den Bemühungen der Arbeitgeber und der Sozialsysteme aber unter anderem auch von Soft Skills der Beschäftigten ab. Tatsächliches Fachwissen kann in Schulungen vermittelt werden. Bedingt durch den demografischen Wandel oder durch die zunehmende Industrie 4.0 werden Eigenverantwortlichkeit, Zielorientierung, Flexibilität, Lern- und Teamfähigkeit neben Loyalität der Belegschaft immer wichtiger.“ Schon seit Jahren setzt er sich für ein demografieorientiertes und nachhaltiges Personalmanagement ein.
Bewusstwerden der eigenen Stärken und deren Kommunikation
Nachhaltige Steigerung der Effizienz der Personalrekrutierung sowie die Qualität der Bewerber
Berücksichtigung der Bedürfnisse und Anforderungen der Arbeitnehmer
Differenzierung des Unternehmens vom Wettbewerb
Alleinstellungsmerkmale können in die Employer Value Proposition (EVP) formuliert werden. Die Optimierung der Benefits-Strategie kann ein wirkungsvoller Hebel für die Entwicklung einer effektiven EVP darstellen. Sind die Benefits flexibel wählbar, kann aus einer EVP sogar eine Individual Employee Proposition (IVP) werden. Der Vorteil von Employer-Branding liegt schließlich im langfristig ausgerichteten Handeln, mit der Erwartung, dass ein nachhaltiger Unternehmenserfolg erzielt wird. Entscheidend ist dabei die Herausstellung der Einzigartigkeit des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber und Glaubwürdigkeit, die wie beim Nachhaltigkeitsmanagement das Fundament ist.
Entsteht der Eindruck, dass die Arbeitgebermarke wenig mit dem Unternehmensalltag zu tun hat, sorgt dies bei den Stakeholdern für Frustration. Deshalb ist es wichtig, dass regelmäßig die Stimmung bzw. Zufriedenheit im Unternehmen überprüft wird. Nur so kann herausgefunden werden, ob der eigene hohe Anspruch der Realität gerecht wird. Auch ein angemessenes Gehalt ist ein zentrales Element bei der Beurteilung der Attraktivität eines Arbeitgebers. Allerdings gewinnen auch andere Aspekte wie Klimaschutz, flexible Arbeitszeiten, Möglichkeit zum Homeoffice oder ausgewogene Work-Life-Balance immer mehr an Bedeutung. Die Entwicklung der Arbeitgebermarke sollte trotz der Dringlichkeit deshalb nicht voreilig erfolgen. Folgende Faktoren sind zu berücksichtigen: Passung zum Unternehmen, Ausrichtung an der Unternehmensstrategie, den gelebten Unternehmenswerten sowie dem eigenen Markenverständnis. Der eigentliche Erfolg von Employer-Branding besteht in der Vorbildwirkung der Führungskräfte, die als erste Markenbotschafter vorleben sollten, was sie von ihren Mitarbeitenden erwarten. Das ist wegen der Glaubwürdigkeit und der tatsächlichen Abbildung der Unternehmenswerte unerlässlich. Nur wer seine Philosophie und Werte auch täglich (vor)lebt, kann andere prägen.
Wettbewerbsfaktor statt Luxus: Employer Branding beeinflusst Kaufverhalten
CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag. Berlin Heidelberg 2021.
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag Springer Gabler, Heidelberg, Berlin 2018.