Erfolgreich umstrukturieren durch Partizipation
Die einzige Konstante ist Veränderung. Das weiß auch Sophie-Charlotte Gerlach. Sie leitet in Lieferandos Schwestergesellschaft für Logistik ein HR-Team, das rund 10.000 angestellte Fahrer∙innen in Deutschland unterstützt. Wir haben mit ihr über erfolgreiches Change Management gesprochen und warum die Arbeit für sie lange vor der eigentlichen Umstrukturierung beginnt.
Welche Change-Prozesse fanden zuletzt in Deinem Department statt?
Sophie-Charlotte Gerlach: Nachdem wir innerhalb eines Jahres von einer Hand voll Mitarbeitenden zu einer stolzen zweistelligen Teamgröße herangewachsen waren, war klar: Das ist so nicht mehr effizient. Also haben wir ein neues Target Operating Model für die Abteilung entwickelt. Diese verbindet die Vision des Unternehmens so in der Abteilungspraxis, dass diese auch künftigen Veränderungen standhält. Das Ergebnis: Heute haben wir zwei thematisch differenzierte Units, die sich voll und ganz ihren neu definierten Kernaufgaben widmen können.
Wie habt Ihr die anstehenden Veränderungen an die Mitarbeitenden kommuniziert?
Sophie-Charlotte Gerlach: Wir fingen früh an, unser Team für Veränderungen zu sensibilisieren und ein positives Mindset auf allen Ebenen aufzubauen. Dazu gab es einen interaktiven Change Management Workshop. In diesen ging es um die Phasen eines Veränderungsprozesses, dadurch entstehende Chancen und die Fähigkeit zur Resilienz.
Was waren die größten Herausforderungen bei diesem Prozess?
Sophie-Charlotte Gerlach: Abgesehen von der eigentlichen Umstrukturierung steht das Wohlbefinden von Team und Einzelperson im Vordergrund. Uns war wichtig, dass sich jeder abgeholt fühlt und in der Veränderung Chancen sieht – auch wenn er oder sie nicht mehr den gleichen Arbeitsumfang haben wird wie vorher. Mit einer Umfrage haben wir herausgefunden, wer welche Aufgaben als verzichtbar wahrnimmt und welche besonders Spaß machen. Diese Ergebnisse, zusammen mit Einzelgesprächen, machten uns deutlich, welche Abteilung für wen die richtige ist. Zusätzlich entwarfen wir einen persönlichen Karrierebrief für jede∙n Kolleg∙in. Dieser enthielt persönliche, wertschätzende Worte und einen individuellen Ausblick für einen optionalen Erfolgsweg in der neuen Unit. Das sorgte für Motivation. Zum Startschuss haben wir den neuen Schritt in einem Event zelebriert anstatt ihn in Top-Down-Manier zu verkünden. Das hatte eine gute Wirkung.
Wie misst du diesen nachhaltigen Erfolg?
Sophie-Charlotte Gerlach: Mit regelmäßigen Einzelgesprächen, auch nach der Transformation. So erfahren wir mehr über die jeweilige Phase, in der sich Kolleg∙innen gerade befindet, und über das allgemeine Wohlbefinden. Nach Phase Zwei, dem tatsächlichen Start, zeigten unsere vorab definierten Kennzahlen, dass die Performance sich verbesserte. Wir sehen, dass in den kleinen Teams die Zufriedenheit steigt. Die neue Klarheit über Ansprechpartner und das eigene Wirkungsfeld tragen zusätzlich dazu bei.
Hattet ihr explizite Change-Experten, die euch während des Prozesses beratend zur Seite standen?
Sophie-Charlotte Gerlach: Wir haben dafür niemanden von extern geholt, jedoch jegliche Expertise und Erfahrungen eingebracht, die es innerhalb des Unternehmens gab. Change-Management-Ratgeber sind hilfreich und eine gute Basis. Es gilt, das Gelesene dann auf ein neues Level zu bringen. So lässt sich in meinen Augen gewinnbringende Veränderung umsetzen.
Es geht also viel um Bewusstseinsförderung und Partizipation. Wie sehen beide Konzepte im Alltag im Courier HR Department bei Lieferando aus?
Sophie-Charlotte Gerlach: Workshops sind nicht nur für Führungskräfte hilfreich, sondern auch für das gesamte Team. In unserem Fall kombinierten wir diese mit Praxisübungen und einer Wiederholungssession. Am Ende war das Team nicht nur abgeholt, sondern stolz, den Change mit gestaltet zu haben. Generell geben wir die Verantwortung für Projekte gerne auch an Mitarbeitende, die daran wachsen können. Auch das ist Partizipation.
Wie holt ihr in Umbruchsituationen Mitarbeitende ab, die mittel bis weniger zufrieden sind?
Sophie-Charlotte Gerlach: Unzufriedenheit gibt es sicher auch unabhängig von einem Change-Prozess. Die Gründe dafür finden wir in einem individuellen Gespräch heraus. Je nach Thema nutzen wir dafür gerne eine klassische Coaching Session oder den sogenannten „5 Why Ansatz“. Dieser hilft mittels Warum-Fragen, an die eigentliche Ursache zu kommen und stammt aus dem Qualitätsmanagement. Wichtig ist uns, lösungsorientiert zu arbeiten. Wir sind überzeugt, dass es für jede∙n etwas gibt, das Spaß macht und ihn oder sie erfüllt.
Abschließend noch eine generelle Einschätzung deinerseits: Wie oft muss ein Unternehmen sich neu erfinden, um erfolgreich zu bleiben?
Sophie-Charlotte Gerlach: An eine feste Regel glaube ich dafür nicht. Wichtig ist es, vorausschauend den Markt zu beobachten und dann frühzeitig zu handeln. Ich halte es für sinnvoll, mindestens zwei Mal im Jahr die aktuelle Struktur kritisch zu hinterfragen und zu überlegen, ob diese noch effizient, wirtschaftlich und skalierbar ist. Eine prinzipielle Empfehlung ist, aus dem “Feuerlöschmodus” rauszukommen und sich hin zu einem strategischen Quartalsmodell zu bewegen. Über allem sollte eine hochgegriffene Vision stehen. Die Arbeit mit OKR, einem Modell zur Mitarbeiterführung mittels selbst zu formulierender Ziele, ist dabei hilfreich. Übrigens sollten sich auch Führungskräfte stetig weiterentwickeln. Wir können nicht von unseren Mitarbeitenden Agilität verlangen und gleichzeitig davon ausgehen, dass das selbst Gelernte immer gültig ist. Auch das ist für erfolgreiche Transformation essenziell.
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