Ich will Eichhörnchen!
"Regelbrecher sind erfolgreicher als Bewahrer"
Unternehmen sind gezwungen, innovativ und schnell zu sein. Doch dazu muss mitunter die gesamte Organisation umgekrempelt werden. Ein Gespräch über Change Management und Restrukturierung mit Interim Manager und Berater Ulvi Aydin.
Springer Professional: Herr Aydin, was muss in vielen deutschen Unternehmen anders werden?
Kommt darauf an, in welchem Stadium sie sind. Ich als Interim Manager nehme immer eine Unternehmens-Anamnese vor, also: Zahlen, Daten, Fakten anschauen, KPIs, so sie denn vorhanden sind, beleuchten und mit allen relevanten Mitarbeitern sprechen. Und: mit mindesten fünf wichtigen Kunden. Dann ist die Unternehmens-Anamnese komplett. Das Bild steht. In maximal 14 Tagen.
Allerdings beobachte ich in vielen deutschen Unternehmen immer wieder: Eineindeutige Ziele für alle Mitarbeiter fehlen. Leitsätze fehlen bei etwa 75 Prozent aller Unternehmen. Nur wenige Geschäftsführer können die Frage beantworten: Weshalb machen wir, was wir machen? Eine klare Zielbeschreibung für jeden Mitarbeiter fehlt genauso - zu circa 80 Prozent. Sie können das übrigens ganz einfach prüfen. Fragen Sie irgendeinen Mitarbeiter nach seinen Zielen. Fragen Sie als zweites nach den maximal drei Leitsätzen des Unternehmens. Und - drittens - nach den drei wichtigsten KPIs. Sie werden überrascht sein. ...
... Springer Professional: Sozialer Wandel in Unternehmen setzt eine Verhaltens- und Einstellungsveränderung voraus. Haben Führungskräfte überhaupt die nötige Kompetenz, Menschen zu verändern?
Lassen Sie uns Kompetenz definieren. In der Verhaltensforschung wird Kompetenz definiert als die Trinität des Wissens, des Wollens und des Könnens. Wissen: Nahezu durchgängig gegeben. Wollen: Das größte Defizit. Können: Nur dann gegeben, wenn auch das Wollen da ist. Es ist wie mit einem Alkoholkranken. Er weiß, dass es nicht gut ist, so viel zu trinken. Wenn das Wollen zum Aufhören nicht da ist, dann klappt es mit dem Können nie. Zurück zu der Frage: Ja, im Durchschnitt sind es 20 Prozent der Führungskräfte, die diese Kompetenz haben. 80 Prozent haben sie nicht.
Ziel jeder Organisationsentwicklung ist, diese 20 Prozent zu finden und ihnen gezielt die Restrukturierungsaufgaben zu übertragen. Die Auditierung, das Erkennen dieser Multiplikatoren ist eine meiner wichtigsten Aufgaben in Unternehmen mit Restrukturierungswunsch und -bedarf. Ich kann jedem Känguru beibringen, auf einen Baum zu klettern. Lieber ist mir aber ein Eichhörnchen.
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