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Nachhaltig in Bewegung: Was macht ein Mobilitätsbeauftragter?

Interview mit Olaf Schulze, Director Energy Management & Real Estate Sustainability Metro Properties.

Mobilität ist für mich zunächst ein offener Begriff, also mehr als nur der Transport und die Bewegung von Personen und Waren von A nach B – unabhängig vom Transportmittel. Mobilität ist für mich maßgeblich eine innere Einstellung: Mobilität des Denkens, Veränderung des Handelns, also ein innerer Wert. Mir war zum Beispiel immer wichtig, für mein Unternehmen und unsere Kunden immer ansprechbar zu sein und sozusagen im Rucksack im Büro den Reisepass und die Utensilien dabei zu haben, um ad hoc mobil zu sein. Mobilität verbinde ich deshalb auch mit „unternehmen“, nämlich etwas zu unternehmen, zu erleben und zu entdecken. Im engeren Sinne ist aber Mobilität der Transport und die Ortsveränderung, und tatsächlich reduziert sich in meiner Wahrnehmung der öffentlichen Diskussion Mobilität vornehmlich auf die Straße mit PKW und LKW.

Ja, denn wenn ich selbst entscheiden kann, aus beruflicher oder familiärer Notwendigkeit oder eben aus Spaß und Freude, mit einem PKW oder anderem Fahrzeug zu fahren, dann ist das auch Freiheit. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich 1990 meinen ersten PKW, für 800 DM einen Trabant und dann, welch Aufstieg, Mitte 1991 einen Opel Ascona für 2.000 DM kaufen konnte, und damit unendlich flexibel und frei war. Dass dabei diese Freiheit limitiert wird von den Bedürfnissen und den finanziellen Möglichkeiten, liegt auf der Hand. Ich habe Benzinpreise von 1 DM, 1 € und auch von 2 €/l erlebt, und es sollte grundsätzlich jedem überlassen bleiben, zu entscheiden, wieviel er für seine Freiheit bereit ist auszugeben. Ich schimpfe deshalb nicht auf die Fahrer von SUVs – solange sie, wie es die StVO fordert, rücksichtsvoll und vernünftig am Straßenverkehr teilnehmen.

Ja, deshalb ist der ÖPNV so extrem wichtig – sozusagen das bezahlbare Angebot der Gesellschaft an Jedermann. Für den Nah- und Fernverkehr muss es schnelle und getaktete Verbindungen der Bahn geben. Und endlich tritt in der ganzen Debatte auch der Klimaschutz in den Vordergrund und wir diskutieren über die Einschränkung von Teilen der individuellen Mobilität, um die Grundrechte nachfolgender Generationen zu schützen. Da halte ich ein Tempolimit keinesfalls für überzogen, sondern für einen vernünftigen Weg mit positiven Auswirkungen auf Klima und Umwelt, Verkehrssicherheit und das eigene Portemonnaie.

Deshalb glaube ich auch an eine diversere Mobilität in der Zukunft, die aber ganz klar reguliert ist in der Hinsicht, dass die Umwelteinwirkungen teurer werden, etwa durch die CO2-Umlage auf fossile Treibstoffe, und dass Elektromobilität und andere alternative Antriebe nicht nur vorhanden sind, sondern eben auch energie- und kosteneffizient sowie unkompliziert sind – und zwar flächendeckend. Am besten wäre es natürlich, wenn wir auch bereit sind, auf individuelle PKW-Mobilität zu verzichten bzw. sie stark einzuschränken – wie das zum Beispiel durch flexible Homeoffice-Lösungen, durch Fahrradverkehr oder Zustellservices, oder besserem ÖPNV gelingen kann.

Ich bin für einen CO2-Preis auf fossile Treibstoffe und die Entkernung des Strompreises, um mit diesen Mitteln alternative Mobilität voranzutreiben. In meinem Unternehmen haben wir 2017 einen internen CO2-Preis von 25 €/Tonne für Investitionsentscheidungen eingeführt, genau der Betrag, der jetzt ab 2021 im BEHG Anwendung findet – und haben diesen bereits 2019 auf 50€/Tonne erhöht, um eine ausreichende Lenkungswirkung zu generieren. Am Ende werden wir als Gesellschaft nur dann gewinnen, wenn Mobilität einerseits ausreichend ermöglicht wird, diese andererseits aber auch kosteneffizient und komfortabel ist.

Was mich immer wundert: Es gibt mittlerweile wirklich viele Förderprogramme für Ladepunkte, für PKW, für Lastenräder, für die Umstellung der Fuhrparks der Kommunen, aber nicht für Taxis. Diese sind Teil des ÖPNV und machen E-Mobilität für jedermann erlebbar. Dazu sind Taxifahrer nicht nur Fahrprofis, sondern auch Meister der Effizienz, beim Fahrzeug, beim Verbrauch und bei der Streckenführung. Wenn diese den Daumen hoch machen, dann ist Elektromobilität wirklich angekommen. Vor vielen Jahren wurde schon einmal die Umstellung vom Diesel auf Erdgasfahrzeuge bei Taxis gefördert. Das sollte jetzt auch im Bereich alternativer Antriebe passieren.

Ein persönlicher Beitrag ist meine Tätigkeit als Energiemanager der METRO, nämlich sinnvoll, verantwortlich und nachhaltig mit Energie und Emissionen umzugehen und als Manager die Entscheidungen zu treffen und Weichen zu stellen, den CO2-Fußabdruck eines weltweit agierenden Konzerns zu minimieren. Darauf verlassen sich meine Kollegen, Mitstreiter und Vorgesetzten – und ich werde sie nicht enttäuschen! Aber ich bin persönlich auch Lernender. Wir haben noch so viele Möglichkeiten, die nicht genutzt oder erkannt sind. Also möchte ich immer am Ball bleiben! Ich selbst fahre leider viel mit dem PKW, aber es ist ein Plug-In Hybrid. Ich nerve meine Familie, wenn wir zum Parken immer noch die Extrameile fahren, um einen Ladepunkt zu finden. Ich bin überzeugter E-Mobilist, aber kein Träumer! Ich verstehe jeden, der auf mangelnde Ladeinfrastruktur verweist und noch ein paar Jahre warten möchte, um einzusteigen, aber freue mich für jeden, der diesen Schritt wagt und nicht bereut. Ich fahre so oft es geht mit dem Zug, auch ins europäische Ausland. Und für kurze Strecken im Alltag nehme ich das Fahrrad.

Ich bin leidenschaftlicher Radsportler. An manchem Wochenende trete ich gute hundert Kilometer durch meine Heimat Thüringen in die entlegensten Dörfer und freue ich über die Natur und Kultur. Es gibt viele Sachen, an denen man mit dem Auto vorbeifahren würde und man trifft interessante Menschen. Beim Radfahren, egal wie flott, findet Entschleunigung statt. Am Wegesrand habe ich schon so viele nette Leute getroffen, noch schöner ist es, wenn Freunde mit auf Tour kommen und wir tolle Gespräche führen.

Aber mit dem Fahrrad fahre ich auch oft in Düsseldorf ins Büro oder am Wochenende in Erfurt in die Stadt, kurze Wege erledigen. Das einzig Limitierende ist entweder das Wetter oder die Zeit. Übrigens habe ich hier einiges von meinen Kollegen gelernt, denn mindestens drei meiner engsten Mitstreiter kommen mit dem Fahrrad ins Büro. Das schien mir teilweise zu kompliziert mit dem Anzug– aber es geht!

In Bezug auf die Mitarbeiter hat die METRO eine Job-Rad-Regelung, die um Mitarbeiter darin zu unterstützen, das geeignete Rad zu finden, um damit ins Büro zu kommen. Jedes Rad ist ein Auto weniger im Stadtverkehr und in unserem Parkhaus. Für die Fahrräder gibt es eine eigene Parkgarage und Stellplätze, für die E-Bikes auch neun Ladepunkte. Und am Morgen und nach Dienst in die Pedale zu treten ist auch Teil des Gesundheitsmanagements – das darf auch erwähnt sein.

Beobachten lässt sich auch, dass immer mehr unserer Kunden vor allem in den großen Ballungszentren mit dem Lastenrad zum Einkaufen kommen. Das ist derzeit nur eine kleine, aber wachsende Kundengruppe. Ich sehe darin einen wirklichen Trend, denn Lastenräder können viele Kilo transportieren, lassen sich leicht durch die Straßen im Nahverkehr steuern und die Parkplatzsuche entfällt. Eine technische Ladelösung für diese Lastenräder haben wir schon gefunden und werden diese nach Kundenfrequenz und Ladebedarf sicher demnächst schon im Test haben.

Das war 2016 in Dongguan/China, als wir den Greenstore der inzwischen verkauften METRO China in Betrieb genommen haben – 800 kW PV, subkritische Kälteanlage, 100% LED und Tageslichtnutzung, 20 AC/DC Ladepunkte für PKW und ein Ladekarussell für E-Lastenräder und E-Motorräder. 2016! – da haben wir in Deutschland noch Sinn und Zweck der E-Mobilität diskutiert, und andere haben geliefert!

Olaf Schulze, geboren 1963 in Halle/Saale, wohnhaft in Erfurt. Studium Staats- und Rechtswissenschaften Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Seit 2005 bei der METRO, derzeit Director Energy Management & REAL Estate Sustainability METRO Properties Holding GmbH, Düsseldorf.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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