Gehaltserhöhung nach der Probezeit – ja oder nein?
Wenn Du einen neuen Job antrittst, beginnst Du in den meisten Fällen mit einer Probezeit. Viele Arbeitnehmer fragen sich in diesem Zuge, ob sie direkt anschließend die erste Gehaltserhöhung fordern können beziehungsweise sollten. Hier kommt die Antwort.
Die Probezeit darf maximal ein halbes Jahr dauern und ist eine wichtige Orientierungsphase, sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer. In der Probezeit können also beide Seiten prüfen, ob sie die richtige Entscheidung getroffen haben. Dabei kommt es gar nicht so selten vor, dass Du merkst: Du hättest in der Gehaltsverhandlung mehr Geld fordern können oder sollen. Daher stellt sich die Frage, wann eine Gehaltserhöhung nach der Probezeit frühestens möglich ist und in welcher Höhe?
Gehaltsverhandlung nach der Probezeit ist eher die Ausnahme
Dass Du alle ein bis zwei Jahre eine Gehaltserhöhung fordern solltest, weißt Du sicherlich bereits. Vor allem berufliche Veränderungen sind dafür eine hervorragende Möglichkeit und daher ist die Frage nachvollziehbar, ob dies auch für das Ende der Probezeit gilt. Schließlich hast Du bewiesen, dass Du die richtige Wahl warst und der Arbeitgeber möchte Dich langfristig im Unternehmen halten. Viele Berufseinsteiger, aber auch Jobwechsler mit Erfahrung, stellen daher die berechtigte Frage, wann für die erste Gehaltserhöhung der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Fakt ist, dass eine Gehaltsverhandlung direkt nach der Probezeit eher die Ausnahme ist als die Regel. Es ist also nicht üblich und auch nicht automatisch der Fall, dass Du anschließend an die Probezeit eine Gehaltserhöhung bekommst. Nur, dass Du nach der Probezeit übernommen wirst, ist also noch kein ausreichendes Argument für eine Gehaltsanpassung.
Das Gehalt im Einstellungsgespräch „richtig“ verhandeln
Dass eine Gehaltserhöhung nach der Probezeit nicht üblich ist, hat den simplen Grund, dass das Jahresgehalt in der Regel bereits im Einstellungsgespräch ausgehandelt wurde. Daher hinterlässt es einen unprofessionellen Eindruck, wenn Du schon nach wenigen Monaten Deine Meinung änderst und mehr fordert. Schließlich musst Du erst einmal Leistungen erbringen, Erfahrungen sammeln oder Dich fachlich weiterentwickeln, bevor Du für das Unternehmen auch tatsächlich einen höheren Wert hast als noch im Bewerbungsprozess. Nach der Probezeit ist das in aller Regel noch nicht der Fall, schließlich dienen die ersten Monate erst einmal der Einarbeitung sowie eben der Orientierung. Erst nach der Übernahme beginnen die meisten Mitarbeiter damit, eine tatsächliche Wertschöpfung für das Unternehmen zu erbringen und damit auch Argumente für die nächste Gehaltsverhandlung zu sammeln. Wichtiger als eine Gehaltserhöhung direkt nach der Probezeit ist deshalb, von Beginn an im Einstellungsgespräch die richtige Gehaltsforderung zu stellen. In diesem Zuge kannst Du auch vereinbaren, dass das Entgelt nach der Probezeit automatisch steigt – und dies schriftlich im Arbeitsvertrag festhalten. Ein Muss ist das allerdings nicht.
Gehalt (nach-) verhandeln im Übernahmegespräch?
Auch im neuen Job gilt dann die Faustregel, dass Du nach ein bis zwei Jahren mehr Gehalt fordern kannst und solltest. Da nach der Probezeit maximal ein halbes Jahr vergangen ist, liegt auf der Hand, dass der Zeitpunkt noch zu früh ist. Vor allem neue Mitarbeiter und Berufsanfänger warten sogar besser 18 bis 24 Monate, bis sie die erste Gehaltserhöhung fordern, so die allgemeine Empfehlung. Das Übernahmegespräch zum Ende der Probezeit ist somit nicht der richtige Ort für eine Gehaltsverhandlung. Doch es gibt bekanntlich keine Regel ohne Ausnahmen: Solltest Du in der Probezeit tatsächlich gemerkt haben, dass Du deutlich unterbezahlt bist, kann im Übernahmegespräch eine Nachverhandlung stattfinden. Es geht dann weniger um eine Gehaltserhöhung als um eine Gehaltsanpassung. Ebenso kann im Übernahmegespräch das Gehalt verhandelt werden, falls dies im Einstellungsgespräch noch nicht geschehen ist. Manchmal wird nämlich zuerst nur ein Entgelt für die Probezeit vereinbart und dann kommt die eigentliche Gehaltsverhandlung tatsächlich erst zu ihrem Ende.
Argumente: Gehaltsverhandlungen nach der Probezeit richtig führen
Ebenso wie in jeder anderen Gehaltsverhandlung auch, kommt es auf die richtigen Argumente an, wenn Du nach der Probezeit mehr Gehalt willst. Hierbei handelt es sich um eine Gratwanderung, um nicht gierig zu wirken, ohne dafür bereits etwas geleistet zu haben. Ein gutes Argument ist auf der einen Seite natürlich ein konkreter Anspruch auf eine höhere Gehaltsstufe, sofern dieser eben im Arbeitsvertrag vereinbart wurde oder sich aus anderen gültigen Verträgen wie einer Betriebsvereinbarung ergibt. Es ist deshalb sinnvoll, erst einmal zu prüfen, ob ein solcher Anspruch besteht, auf den Du Dich im Übernahmegespräch berufen kannst. Ist dies nicht der Fall, können auf der anderen Seite individuelle Argumente überzeugen. Dazu zählen zum Beispiel folgende Szenarien:
Deine Tätigkeits- oder Verantwortungsbereiche haben sich als gänzlich anders erwiesen im Gegensatz zu den Schilderungen im Bewerbungsprozess. Somit fand die erste Gehaltsverhandlung auf einer falschen Basis statt und Du kannst eventuell nachverhandeln.
Deine Leistungen haben die Erwartungen in der Probezeit weit übertroffen, Du hast große Erfolge verzeichnet oder sogar bereits eine Beförderung bekommen. Auch dann ist eine Gehaltserhöhung nach der Probezeit natürlich angemessen.
Andere Rahmenbedingungen, die eine wichtige Verhandlungsgrundlage für die Gehaltsverhandlung im Einstellungsgespräch waren, haben sich geändert oder im Nachhinein als falsch herausgestellt.
Sei es direkt nach der Probezeit oder wenn noch einige weitere Monate verstrichen sind: Solche Argumente bedeuten gute Chancen auf eine Gehaltserhöhung. Im Optimalfall lässt sich der Mehrwert, den Du für das Unternehmen bringst, sogar konkret in Zahlen bemessen. Wenn dann der Gewinn beziehungsweise die Einsparungen durch Dich größer sind als die Zusatzkosten für eine Lohnerhöhung, wird es für den Arbeitgeber schwierig, diese abzulehnen. Eine Garantie auf eine Gehaltserhöhung gibt es dennoch nicht, sofern diese nicht vertraglich verpflichtend ist, beispielsweise durch einen Tarifvertrag.
Der richtige Zeitpunkt für eine Gehaltserhöhung…
…kann somit direkt nach der Probezeit sein, aber es gibt noch viele weitere Anlässe. Wichtig ist deshalb, dass Du auf gute Argumente achtest und diese nutzt, wann immer sie sich ergeben. So ist beispielsweise eine Gehaltserhöhung bei Beförderung üblich, und zwar völlig unabhängig davon, ob diese während oder nach der Probezeit stattfindet. Spätestens aber, wenn Du rund 24 Monate nach Arbeitsbeginn beim neuen Unternehmen beziehungsweise als Berufsanfänger noch keine Gehaltssteigerung bekommen hast, ist es wichtig, diese mit den richtigen Argumenten einzufordern. Dafür kannst Du ein eigenes Gespräch vereinbaren oder Du nutzt einen ohnehin angesetzten Termin wie eben das Übernahmegespräch oder ein Mitarbeitergespräch.
„No-Gos“ für das Gehaltsgespräch in oder nach der Probezeit
Ein schlechter Zeitpunkt, um mit dem Thema Gehalt anzufangen, ist ein Gespräch „zwischen Tür und Angel“, wenn Dein Vorgesetzter gerade keine Zeit hat. Außerdem solltest Du nicht zu viel Geld fordern, schließlich bist Du noch nicht lange im Unternehmen und hast erst kürzlich – im Einstellungsgespräch oder Übernahmegespräch – eine Gehaltsverhandlung geführt. Auch blamierst Du Dich, wenn Du keine überzeugenden Argumente hast, denn dadurch wirkt Deine Forderung schlichtweg gierig. Zu wenig zu fordern, kann jedoch ebenfalls einen schlechten Eindruck hinterlassen. Immerhin möchtest Du Selbstbewusstsein ausstrahlen. Es gilt also, Fingerspitzengefühl sowie Verhandlungsstärke an den Tag zu legen, wenn Du in oder nach der Probezeit eine Gehaltserhöhung erreichen möchtest – mehr noch als in jeder üblichen Gehaltsverhandlung.
Gehaltsforderung in Prozent: Wie viel mehr kannst Du verlangen?
Nicht zu viel und nicht zu wenig solltest Du also fordern. Der genaue Wert hängt von Deinen Gründen für den Wunsch nach einer Gehaltserhöhung ab. Fühlst Du Dich erheblich unterbezahlt, ist das Ziel der Nachverhandlung natürlich, eine faire Bezahlung für Deine weitere Beschäftigung im Unternehmen zu erreichen. Wurdest Du während der Probezeit befördert, sind größere Gehaltssprünge von rund zehn Prozent möglich. Andernfalls liegen normale Gehaltserhöhungen zumeist zwischen etwa drei und acht Prozent – realistischer sind nach so kurzer Zeit eher nur drei bis fünf Prozent, wenn überhaupt. Zudem musst Du bei Deiner Gehaltsforderung weitere Faktoren wie die wirtschaftliche Lage des Unternehmens berücksichtigen. Auch diesbezüglich sind pauschale Aussagen daher schwierig, aber mit einer Gehaltssteigerung von etwa fünf Prozent hast Du in den meisten Fällen einen guten Ausgangswert für die Gehaltsverhandlung.
Extra-Tipp: Alternativen zur klassischen Gehaltserhöhung
Du weißt nun bereits, weshalb es schwierig sein kann, eine Gehaltserhöhung nach der Probezeit auszuhandeln. Besser stehen Deine Chancen daher, wenn Du auch offen für Alternativen bist. Die Sprache ist von Mitarbeiterbenefits wie Fahrtkostenzuschüsse oder Sachleistungen durch den Arbeitgeber, die sogenannten Lohnnebenleistungen. Sie bedeuten für das Unternehmen oftmals keine oder eine geringere finanzielle Belastung, da viele von ihnen steuerbegünstigt sind. Der Arbeitgeber muss also keine teure Gehaltserhöhung zusagen, kann Dir aber trotzdem entgegenkommen und Deinen Verdienst indirekt steigern. Gerade nach so kurzer Zeit im Unternehmen sind solche Alternativen daher beliebte Kompromisse oder Ergänzungen zu einer niedrigeren Gehaltserhöhung als eigentlich von Dir gewünscht. Daraufhin kannst Du noch einige weitere Monate durch Leistungen überzeugen und weitere Argumente sammeln, um zu einem angemessenen Zeitpunkt eine erneute Gehaltsverhandlung führen. Dann stehen Deine Chancen gut, dass Du zwar vielleicht nicht direkt nach der Probezeit, aber zumindest mittelfristig Dein Gehalt steigern kannst und somit eventuelle Verhandlungsfehler im Einstellungsgespräch wieder wettmachst. Ein bisschen Geduld kann sich also auszahlen, um in eine (noch) bessere Verhandlungsposition zu kommen.
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